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AfD-Bürgermeister versprach gratis Kitas – jetzt werden sie teurer

In diesem Jahr hat die rechtsextreme AfD gleich zwei „Meilensteine“ erreicht. Zunächst wurde im Juni Robert Sesselmann zum Landrat des Landkreises Sonneberg gewählt. Nur eine Woche später gewann Hannes Loth die Wahl zum Bürgermeister von Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt. Das gelang ihm unter anderem mit dem populären Versprechen „gratis Kitas“. Die AfD stellt erstmals einen Landrat und einen Bürgermeister – Parteichef Tino Chrupalla sprach von einer „neuen Normalität“. Doch gewählt werden und sich dann an Wahlversprechen halten, scheinen zwei Paar Schuhe zu sein. Denn jetzt, wo die AfD sich mal wirklich mit Kindergärten und Budgetplanung beschäftigen muss, zeigt sich, was man wirklich bekommt.

AfD-Bürgermeister blamiert sich: Gratis Kitas adé

Die Aufgabe als Bürgermeister scheint tatsächlich nicht so einfach zu sein, wie es sich Hannes Loth von der rechtsextremen AfD erhofft hatte. Geburtstagsgrüße überbringen und sich Bürger:innenbeschwerden über Raser:innen und Falschparker:innen anhören – sicherlich Teil der Jobbeschreibung und laut der Süddeutschen Zeitung auch das, was sich Loth unter seinem neuen Beruf als Bürgermeister von Raguhn-Jeßnitz vorgestellt hat. Doch er ist nun auch verantwortlich für die Stadtkasse. Der kleine Ort in Sachsen-Anhalt ist um über eine Million Euro verschuldet. Und in den nächsten Jahren wird der Schuldenberg wohl eher noch größer. Das ist schon lange bekannt und keine gute Voraussetzung für die Versprechen, die Loth während seines Wahlkampfes abgegeben hatte. Er versprach vollmundig Streichung der Kita-Gebühren ab dem ersten Kind. Oder hat er einfach Dinge versprochen, ohne zu wissen, ob er sie liefern kann?

Mit der Aussicht auf gratis Kitas und dem Verzicht auf die Erhöhung der Hundesteuer warb Loth, während er Erbsensuppe an Wahlhelfende verteilte, weil die Stadtverwaltung kein Geld für freiwillige Verpflegung übrighatte. Nun jedoch muss er seinen Wähler:innen, die ihn wegen dieser Versprechen zum Bürgermeister gemacht hatten, kleinlaut beibringen, dass er sie von Anfang an belogen hat. Der Bau der neuen Kindertagesstätte wird mehr kosten, als ursprünglich angenommen und er wird die Kita-Gebühren um stolze 60 Prozent erhöhen. So ziemlich das Gegenteil seiner Wahlversprechen, was für seine Wähler:innen sehr enttäuschend sein dürfte. Nicht das erste Mal, dass er eines sagt und was anderes tut: Er wetterte gegen Corona-Tests – und verdiente privat nebenbei gut Geld damit.

Auch AfD-Landrat Sesselmann in der Realität angekommen

Auch der neue AfD-Landrat im thüringischen Sonneberg, Robert Sesselmann, hat sich in seinen ersten 100 Tagen im Amt nicht unbedingt beliebt gemacht. Der Landkreis ist ebenfalls auf strengem Sparkurs, sodass der Landrat versucht, an allen Ecken und Enden zu sparen. Ausgerechnet das vom Bund finanzierte Projekt „Demokratie leben“, welches mit rund 250.000 Euro im Jahr gefördert wird, wollte Sesselmann wegen der 35.000 Euro Eigenmittel aus dem Topf des Landkreises streichen. Dabei hat er anscheinend nicht bedacht, dass er diese Entscheidung ohne die Zustimmung des Kreistages überhaupt nicht hätte treffen dürfen.

Und dann lernte Sesselmann eine wichtige Lektion: Im Wahlkampf und auf Social Media die demokratischen Prozesse verächtlich zu machen, ist vielleicht ein Weg, billig Beliebtheit zu generieren. Doch in der Realität kann man nicht einfach machen, was einem gerade gefällt und das Blaue vom Himmel versprechen. Nach starkem Protest des Jugendhilfeausschusses unterschrieb Sesselmann den Förderantrag schließlich doch. Ein peinliches, doch sehr entlarvendes Manöver.

Keine Partei für „das Volk“

Die Beispiele zeigen nur mal wieder auf, dass die AfD keineswegs bürger:innennahe Lösungen sucht, sondern nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Hannes Loth war in seinem Wahlkampf durchaus bewusst, wie leer die Stadtkasse von Raguhn-Jeßnitz ist und dass er Wahlversprechen wie gratis Kitas auf keinen Fall umsetzen konnte. Die Wähler:innen, die durch diese Versprechen geködert wurden, dürften sich nun betrogen fühlen.

Schon im September haben wir analysiert, dass die Partei stark gegen die Interessen ihrer eigenen Wählerschaft arbeitet. Besonders Arbeitnehmer und sozial Benachteiligte springen auf die (teilweise sehr ausgeklügelten) Wahlversprechungen an, die sich ja meist direkt an diese Zielgruppen richten. Realistisch betrachtet arbeitet die Partei jedoch genau auf die Ausgrenzung dieser Gruppen zu. Hier könnt ihr nochmal nachlesen, wie diese Eliten-Partei Arme gegeneinander ausspielt, um Reichen zu helfen:

Fazit: AfD-Wähler:innen schaden nur sich selbst

Die AfD hat sich immer sehr wohlgefühlt in der Rolle der Anti-Systempartei. Sie konnten den Wähler:innen das Blaue vom Himmel versprechen, ohne diese Versprechen je halten zu müssen. Nun muss die rechtsextreme Partei erstmals liefern. Und es zeigt sich, was wir und viele andere schon seit Jahren sagen: Die AfD hat keinerlei politische Kompetenz. Wer ernsthaft glaubt, die AfD zu wählen sei „Protest“, der sollte jetzt mal nach Sonneberg und Raguhn-Jeßnitz schauen. Teurere statt gratis Kitas, überall werden Gelder gekürzt, vor allem Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen leiden darunter. Und dabei fleißig Geld verdienen – mit Diäten oder mit Firmen für Corona-Tests, gegen die man wettert.

Das einzige, womit die AfD ihre Wähler:innen nicht belügt, sind ihre rechtsextremen Einstellungen. Nur hilft es am Ende des Tages auch nichts, wenn wir überall das Gendern verboten haben, alle Flüchtlinge abgeschoben sind und wir nur noch Schokoladenweihnachtsmänner essen, aber dafür den Kita-Platz nicht mehr bezahlen können und keine Rente bekommen. Oder Arbeitssuchenden zu unentlohnter Zwangsarbeit verpflichten. Surprise: Rechtsextreme Parteien wählen, ist nicht so clever. Wenn man keine der großen Parteien wählen will, gibt es auch andere Optionen als Rechtsextreme.

Artikelbild: Sebastian Willnow/dpa

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