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Bauernproteste: Andrea Röpke über die Wutbauern – „Trecker wirken wie Panzer“

Belltower.News

Die bundesweiten Bauernproteste starten erneut und könnten sich weiter radikalisieren. Wir sprachen mit der Fachjournalistin Andrea Röpke über autoritäres Denken unter Landwirt*innen, das Problem mit den Bauernverbänden und über die Gefahr, die von den Wutbauern ausgeht. 

Von Kira Ayyadi|

Die Bauernproteste forderten das Ampel-Aus und den Beibehalt der Agrardieselsubvention. Jetzt sind sie wieder da: wie von Beginn, mit Unterstützung aus der rechtsextremen Szene.

(Quelle: picture alliance / SZ Photo | Leonhard Simon)

Die Landwirt*innen haben nach der Ernte weniger auf dem Feld zu tun und somit wieder mehr Zeit für Protest. Die Zeit der Bauernproteste könnte wieder beginnen. An der größten deutschen Bauerndemo vergangenes Jahr, am 15. Januar, nahmen nach Polizeiangaben rund 8.500 Demonstrant*innen teil. Eigentlich verhältnismäßig wenige Teilnehmer*innen; dennoch fanden ihre Forderungen Einzug in den öffentlichen Diskurs und in die Politik. Das ist problematisch, da sich die Bauernschaft zunehmend radikalisiert und zunehmend rechtsextreme Narrative auf die Straße bringt. Wir sprachen mit der Rechtsextremismus-Expertin Andrea Röpke über die Radikalisierung der Wutbauern.

Belltower.News: Was macht die Bauernproteste so problematisch?
Andrea Röpke: Vorrangig scheint es bei den Bauernprotesten seit 2023 nicht mehr um fachliche Kritik an der staatlichen Politik zu gehen, sondern darum, eine starke regierungsfeindliche Protestlobby aufzubauen, die sich radikalisiert, auch gewaltbereit auftritt und sich mit rechten Protestströmungen vereint. Die weniger radikalen Verbände stellen sich dem nicht eindeutig genug entgegen.

Wurden die Proteste von Rechtsextremen vereinnahmt, oder waren sie von Beginn an mit dabei und haben sie maßgeblich mit gesteuert?
Das ist nicht so einfach zu beantworten. Landwirt*innen galten über Jahrzehnte – ebenso wie der Deutsche Bauernverband – als erzkonservativ und CDU-treu. Lange führten adelige Großgrundbesitzer den Verband an, das war Usus. Mit dem Aufkommen kritischer ökologischer Interessengruppen und dann der Gründung von „Land schafft Verbindung“ zerfiel das straffe Konstrukt. Verbindungen zur AfD oder zur völkischen Szene gab es ohnehin, die Freien Wähler von Aiwanger umwarben dann Wortführer von „Land schafft Verbindung“ wie Anthony Lee oder Christian Lohmeyer.

Wie haben sich dann Teile der Landwirt*innen radikalisiert?
Die landwirtschaftliche Protestszene radikalisierte sich vor allem durch rechte Wortführer in den eigenen Reihen. Für die russlandfreundliche, destruktive rechtsextreme Szene wurde die mächtige Bauernlobby dann so richtig interessant als das hysterische, breite gesellschaftliche Bashing der Grünen begann und sie über Telegram-Kanäle wie „Landvolk schafft Verbindung“ massiv Krisenstimmung schürten. Inzwischen verstärkt sich der Eindruck, dass vor allem die übrig gebliebenen Industrie-Landwirt*innen die CDU hinter sich lassen könnten und in Richtung AfD rücken.

Wie weit verbreitet ist rechtsextremes und antidemokratisches Denken in der Landwirtschaft?
Das ist eine spannende Frage. Ich denke bei denen, die seit 2023 bei den Protesten mitmachen, ist es sehr weit verbreitet. Wer Galgen mit zu einer Demonstration nimmt, ist radikal und nicht friedlich! Interessanter aber ist, wann rückten erzkonservative, reaktionäre Denkmuster noch weiter nach rechts?

Sind Menschen aus der Landwirtschaft besonders anfällig für antidemokratisches und autoritäres Denken?
Die deutsche Landwirtschaft ist es nicht gewohnt, kritisiert zu werden, sie denkt national, statt europäisch und solidarisch. Gerade die konservativen Verbände schüren die Feindbilder gegen Naturschutz und Klimakrise und sorgen somit dafür, dass sich auch intern radikalisiert wird. Es gibt natürlich auch kleinere Interessenverbände, die politisch dagegen steuern und sich gegen rechts positionieren.

Welche Gefahr geht von den radikalisierten Bäuer*innen aus?
Die Wut der Bäuer*innen, auch wenn sie populistisch und nicht fachlich ist, kommt an. Landwirt*innen, auch wenn sie Industrieunternehmer*innen sind, sind den Deutschen immer noch näher als bunte, global denkende „Klimakleber“, die Änderungen fordern. In der Politik traut sich kaum jemand, die Wutbauern nach den Gewaltaktionen zu Jahresbeginn massiv in die Schranken zu verweisen. Die Polizei lässt Blockaden zu, macht sich oft sogar gemein mit dem Traktorterror, der an manchen Stellen entbrannt ist. Das macht sie noch stärker, die Akzeptanz könnte wachsen, extrem rechte Strateg*innen haben sich längst eingeschaltet. „Compact“ hatte den landwirtschaftlichen Widerstand auf dem Cover, „Auf1“ fehlt bei keiner Aktion. Die AfD redet den Bäuer*innen nach dem Mund. Trecker wirken wie Panzer, auf vielfältige Weise. Es könnte zur Triebfeder einer noch aggressiveren, breiteren Straßenprotestbewegung werden! Landwirt*innen, die das nicht wollen, sollten sich bemerkbar machen und zur Sachlichkeit zurückkehren! Ansonsten ist Warnung angesagt.

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