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Blamage: Weltklimarat zerstört „WELT“-Fake über „Kipppunkte“

Ein WELT Artikel, der Desinformation über die Klimawissenschaft verbreiten wollte, wurde innerhalb weniger Tage vom IPCC, dem Weltklimarat, überführt. Der IPCC gilt als „Goldstandard“ der Klimaforschung. Ihre Sachstandsberichte gelten in der wissenschaftlichen Gemeinschaft als die glaubwürdigste und fundierteste Darstellung des wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Forschungsstandes zum Klima und seinen Veränderungen sowie zu Möglichkeiten des Umgangs mit ihnen. Anders gesagt: Der Stand der Wissenschaft entlarvt, wie unwissenschaftlich regelmäßig Behauptungen in „WELT“-Texten zur Klimakrise wirklich sind.

IPCC Report widerspricht „WELT“: Kipppunkte existieren

Der IPCC Bericht, der am Montag erschienen ist, stellt die Zusammenfassung des menschlichen Wissens zum Klimawandel dar. Beim Weltklimarat treffen sich die besten Wissenschaftler des Planeten und fassen die wissenschaftliche Evidenz zusammen. Es geht also nicht um die „Meinung“ dieser Wissenschaftler, wie ja gern behauptet wird, sondern um das Sammeln von Fakten und Evidenz. Hier spricht die Wissenschaft. Und diese spricht eine klare Sprache: Die Erde hat bei weiter steigender Erwärmung ein hohes Risiko auf irreversible Kipppunkte zuzusteuern, die nicht mehr gestoppt werden können, wenn sie einmal starten. 

Peinlich nur für den „Chefreporter Wissenschaft“ des Axel-Springer-Mediums „WELT“, Axel Bojanowski: der behauptete noch vor wenigen Tagen in einem Artikel tatsächlich, dass es nur „ungenügende Evidenz“ für die Existenz der Kipppunkte gebe. Den angeblichen „Mangel an Evidenz” geben professionelle Klimawandel-Verharmloser wie Bojanowski offenbar gern an, um die Faulheit und Vorurteile vieler „WELT“-Leser zu bedienen, die nichts am Status Quo ändern wollen.

So ist „Wissenschaft“ natürlich besonders angenehm: Erzähl deinem Publikum, was es hören will, und verdiene dabei Geld, egal ob man dabei den Planeten zerstört oder nicht. Vielleicht kein Wunder, dass das halbe Team von „WELT“ im Ressort Wissenschaft gekündigt hat …?

Kipppunkte im IPCC Bericht:

Im Bericht vom Weltklimarat ist nun allerdings ganz klar die Rede von „Tipping-Points”/Kipppunkten, die mit „hoher Sicherheit“ in dafür sensiblen Ökosystemen besonders in der Polarregion auftreten werden. 

„These hazards and cascading risks also trigger tipping points in sensitive ecosystems and in significantly and rapidly changing social-ecological systems impacted by ice melt, permafrost thaw and changing hydrology in polar regions. (High Confidence).”

IPCC

„Diese Gefahren und kaskadierenden Risiken lösen Kipppunkte aus in sensiblen Ökosystem und in signifikant und rapide verändernden sozial-ökologischen System, die von Eisschmelze, Tauen von Permafrost und Veränderungen der Hydrologie von Polarregionen betroffen sind. (Hohe Sicherheit).“

Bojanowski sagt erstmal nichts Falsches, wenn er sagt, dass manche anderen Kipppunkte, zum Beispiel der Amazonas, noch unvollständig verstanden sind. Aber er stellt es eben so dar, als würde man mit dem Sprechen über Kipppunkte hier bewusst übertreiben, um „Panik zu schüren“. Falsche Panikvorwürfe gegen wissenschaftliche Fakten und der Fokus auf „Unsicherheiten“ sind ein typisches Anti-Wissenschaft-Narrativ (Studie, Studie). Dabei sind die Forscher sehr klar in ihrer Sprache über den Wissensstand. Und in der Regel sind sie zu vorsichtig mit ihren Warnungen. Es sind schließlich seriöse Wissenschaftler, keine „WELT“-Autoren.

Erhöhte Wahrscheinlichkeit für massiven Schaden

Das Thema hat es sogar in einen von wenigen „Headline Statements“ des Weltklimarat-Berichts geschafft, die dem Kollektiv aus unterschiedlichen Forschern offenbar besonders wichtig waren. 

Darin wird eben genau die Gefahr von eher seltenen Kipp-Punkten beschrieben: Selbst Ereignisse, deren Wahrscheinlichkeit wir aktuell noch nicht so genau einschätzen, werden definitiv durch den Klimawandel wahrscheinlicher. 

Also: Wir wissen nicht 100 %, wann ein bestimmter Kipppunkt ausgelöst wird. Aber wir wissen, dass bei stärkerer Erwärmung die Wahrscheinlichkeit immer weiter steigt. Bis es zu spät ist. 

Genau das gibt den Forschungsstand zu Kipppunkten wieder: Sie sind viel zu riskant, um „dagegen zu wetten“, wie die Forscher sagen. Wir können nicht einfach nur beten und hoffen, dafür sehen die Fakten zu düster aus. Wenn nur einer der Kipppunkte ausgelöst wird, wäre das katastrophal. Genau das wiederholen die Wissenschaftler, die Bojanowski in seinem Artikel erwähnt, seit Jahren. Doch das erwähnt er nicht. 

Bojanowski will hier so tun, als gäbe es einen ernsthaften Dissens in der Wissenschaft über das Vorhandensein der Kipppunkte, doch das stimmt nicht. Debatten in der Wissenschaft über Details sind ganz normal, aber deutlich ist, dass in großen Teilen Konsens besteht:

Irreversible Änderungen sind wissenschaftlicher Konsens

Und auch an weiteren Stellen im IPCC-Bericht ist von irreversiblen Veränderungen die Rede: 

„Additional warming, e.g., above 1.5 °C during an overshoot period this century, will result in irreversible impacts on certain ecosystems with low resilience, such as polar, mountain, and coastal ecosystems, impacted by ice-sheet, glacier melt, or by accelerating and higher committed sea level rise. (high confidence).”

„Zusätzliche Erwärmung – zum Beispiel über 1.5 Grad während einer „Overshoot”-Periode in diesem Jahrhundert, werden in irreversiblen Effekten auf bestimmte Ökosysteme mit geringer Resilienz resultieren, wie zum Beispiel Polar-, Berg- und Küstenökosystemen, die von Eisschild- und Gletscherschmelze oder von einem höheren Meeresspiegel betroffen sind. (Hohe Sicherheit).“

Und:

„The rise in weather and climate extremes has led to some irreversible impacts as natural and human systems are pushed beyond their ability to adapt. (high confidence).”

„Die Zunahme an Wetter- und Klimaextremen hat (sic!) zu irreversiblen Auswirkungen geführt, da natürliche und menschliche Systeme über ihre Anpassungsfähigkeit hinaus unter Druck stehen. (Hohe Sicherheit).“

Und:

„Climate change has caused substantial damages, and increasingly irreversible losses, in terrestrial, freshwater and coastal and open ocean marine ecosystems. (high confidence) ”

„Klimawandel hat substanzielle Schäden angerichtet, und zuzunehmend irreversiblen Verlusten in terrestrischen, Frischwasser-, Küsten- und Meeres-Ökosystemen geführt. (hohe Sicherheit)”

Was „High Confidence“ konkret bedeutet, erklärt der Weltklimarat hier: Hoche Sicherheit benötigt mindestens „High Agreement“ (Hoher Konsens) oder „Robust Evicence“. Also es gibt viel hochwertige Evidenz oder die vorhandene Evidenz deuten alle in eine Richtung.

So hilft WELT den Klima-Zerstörern

Öl- und Gasfirmen und andere rechte Lobbyorganisationen würden gern noch länger Klimaschutzmaßnahmen verzögern (Studie, Studie). Sie verdienen ja schließlich prächtig am Status quo. Dafür erzählt man gern eine Geschichte von sagenhaften Technologien, die uns bestimmt bald zur Verfügung stehen, und uns dann „ganz einfach“ erlauben, Billionen Tonnen CO₂ einfach wieder aus der Atmosphäre zu entnehmen. Daher könnte man ja auch warten mit den Klimaschutzmaßnahmen und die Emissionen einfach später „rückgängig“ machen. Und müsse jetzt nichts tun. Das ist natürlich völliger Unsinn.

Die größte aktuell existierende Anlage zur CO₂-Entfernung aus der Luft kann gerade einmal pro Jahr die Emissionen von 400 Deutschen aus der Luft entfernen. Was komplett irre klingt, ist tatsächlich die Position der EU und auch Deutschlands, deren Klima-Pläne alle irgendwie „Negativ-Emissionen“ für die zweite Hälfte des Jahrhunderts vorsehen – mit Technologien, die es im benötigten Umfang noch gar nicht gibt. Also: Nicht jetzt die Katastrophe verhindern (und Profite von gewissen Konzernen bedrohen), weil vielleicht alles auf magische Weise gelöst wird.

Für diese Erzählung ist die wissenschaftliche Evidenz der Kipppunkte natürlich eine massive Bedrohung. Danach ist es bereits immens gefährlich, die Temperaturgrenzen selbst nur temporär zu überschreiten, selbst wenn die „aus der Luft gegriffenen“ Technologien uns doch irgendwie retten könnten. Das könnte erklären, warum Bojanowski sich so vehement für diese nachweislich falsche Darstellung einsetzt. Aber vielleicht gehört das auch dazu, wenn man u.a. auch bekannte, bezahlte Klimawandelleugner retweetet …

… oder Grafiken, in denen die globale Erwärmung als „Falschmeldung“ bezeichnet wird.

Wenn mal der Stand der Wissenschaft zum Beispiel zu Kipppunkten in der „WELT“ zu finden ist, dann dank der dpa Meldung.

WELT ist ein Desinformations-Medium

Viele Menschen gehen davon aus, dass die Zeitung „WELT“ ja gedruckt erscheint und eine Redaktion hat, kann es doch eigentlich nicht passieren, dass sie derartig unwissenschaftliche Desinformation verbreitet. Doch das Axel-Springer-Blatt radikalisiert sich offenbar aktuell in atemberaubendem Tempo. Eben wurde beispielsweise der Schreiber Tim Röhn zum Chef eines Investigativressorts. Röhn, der regelmäßig Desinformation verbreitet und der sich schon von einem Gericht bescheinigen durfte, dass man gewisse Berichte von ihm als „Fake News“ bezeichnen darf:

Zuvor hatten bereits zahlreiche gute Journalisten im Ressort „Wissenschaft“ gekündigt: 

Möglicherweise ein sinnvoller Schritt, wenn man nicht mit Desinformation und Beiträgen in Verbindung gebracht werden, die dem Konsens der Wissenschaft widersprechen. Oder anderen WELT-Autoren, die anscheinend direkt den Klimawandel (und die Pandemie) leugnen:

Desinformation über den Klimawandel erscheint auch regelmäßig:

Und bis heute ist ein Artikel auf „WELT“ online, der eiskalt seine Leserschaft dreist belügt und den Klimawandel leugnet. Er wird noch regelmäßig geteilt.

Die „WELT“ hat schon etliche, schlichte Falschinformationen über COVID-19 veröffentlicht:

An dieser Taktik wird sich wohl auch so schnell nichts ändern, für die WELT ist Desinformation eben mittlerweile ein gutes Geschäftsmodell:

Auch wenig verwunderlich, dass „WELT“ das Lieblingsmedium der rechtsextremen AfD ist:

WELT blamiert sich erneut

Eigentlich ist hier alles gesagt: Die WELT verabschiedet sich immer weiter von einem faktenbasierten Diskurs und zerstört ihren guten Ruf. Vielleicht bekommt man dafür ab und zu mal Applaus auf Telegram und viele Klicks. Aber in der Mitte der Gesellschaft wird immer klarer, dass die „WELT“ keine seriöse Quelle, sondern ein Desinformations-Medium ist. Gerade bei Wissenschaftsthemen werden nicht Fakten wiedergegeben, sondern Propaganda für Partikularinteressen verbreitet. Der Weltklimarat, der die Verschwörungserzählung des „Chefreporter Wissenschaft“ direkt widerspricht, zeigt das wieder einmal sehr deutlich.

Artikelbild: Screenshot welt.de/shutterstock.com

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Beijing archives the argus report.