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Das Auswärtige Amt zerstörte Elon Musk auf Twitter – oder?

Es war mal wieder so weit: Elon Musk offenbarte 73 Millionen Menschen seine rechtsextremen Ansichten – und versuchte so Einfluss auf deutsche Politik zu nehmen. Ende September teilte er einen Tweet, in dem gegen NGOs gehetzt wird, die sich der Seenotrettung verpflichtet haben. Der Ersteller des Tweets hofft auf einen Sieg der rechtsextremen AfD in Deutschland. Das Auswärtige Amt konterte diesen Tweet trocken und pointiert. Gut so. Doch wie verhält sich das Auswärtige Amt in der Praxis gegenüber der Seenotrettung? Und wovon möchte Musk eigentlich mit dieser Debatte möglicherweise ablenken? Wir haben noch einmal genauer hingeschaut.

Musk mit rechter Hetze über Seenotrettung – Auswärtiges Amt kontert

So postete ein rechtsradikaler Nutzer ein Video, das deutsche NGOs bei der Seenotrettung auf dem Mittelmeer zeigt. Dazu schreibt der Account, dass Menschenretterorganisationen von der deutschen Regierung gefördert seien. Und endet mit dem Aufruf, die faschistoide AfD zu wählen: „Hoffen wir, dass die AfD die Wahlen gewinnt […].“ Um dieser Message noch mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen als der Account mit seinen 207.000 Followern ohnehin schon hat, teilte Elon Musk den Post mit seinen 158,8 Millionen Abonnent:innen und schreibt dazu: „Ist sich die deutsche Öffentlichkeit dessen bewusst?“ Sein Tweet wurde seither 74,2 Millionen Menschen angezeigt. Musk nimmt mit einem solchen Statement Einfluss auf die deutsche Politik und unterstützt offen Rechtsextreme, dessen ist sich auch das Auswärtige Amt bewusst, das prompt reagiert. Auf seine Frage, ob sich die deutsche Öffentlichkeit dessen bewusst sei, kontert das Auswärtige Amt auf Twitter: „Ja. Und man nennt es Leben retten.“

Screenshot twitter.com

Aber damit nicht genug. Der regelmäßig rechtsradikale Verschwörungsmythen verbreitende Musk konnte das natürlich nicht so stehen lassen und entgegnete mit klassischer rechtsextremer Rhetorik. Es sollte jedem vernünftigen Menschen klar sein, aber: Was Musk da ganz im Nazi-Sprech diffamiert, ist das Retten von Menschenleben. Laut dem Statista Research Department sind seit 2014 bereits über 28.000 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken. Seenotrettung versucht lediglich, diese Zahl nicht ins Unermessliche steigen zu lassen. Musk vergleicht verzweifelte Menschen, die zu zehntausenden sterben, als Bedrohung. Die bösartige Logik von Rechtsextremen.

Das Auswärtige Amt bremst Seenotrettung möglicherweise selbst aus

Der Tweet von Elon Musk und die Seenotrettung ist plötzlich in aller Munde. Doch ist das Auswärtige Amt, das Musk ja so schlagfertig geantwortet hatte, wirklich ein verlässlicher Verbündeter der Seenotretter:innen? Tatsächlich hatte die Ampel-Koalition beschlossen, die zivile Seenotrettung während der Legislaturperiode jährlich mit zwei Millionen Euro zu unterstützen. Dieses Geld stammt aus den Mitteln des Auswärtigen Amt.

Die Lage ist jedoch etwas komplizierter. Denn das Auswärtige Amt hat beschlossen, die finanzielle Förderung aufzuteilen – entgegen der ursprünglichen Entscheidung, das gesamte Geld an das Seenotrettungsbündnis United4Rescue zu geben, welches die Mittel dann weiterverteilt hätte. Diese Entscheidung hätte garantieren können, dass sämtliches Geld für die Rettung von Schiffbrüchigen verwendet wird. Nun soll aber ein Teil des Geldes an Land eingesetzt werden, um aus Seenot gerettete Menschen zu fördern.

Der Ansatz in allen Ehren, schließlich gehören die Menschen auch nach der Seenotrettung unterstützt, aber für die akute Rettung auf dem Mittelmeer bleibt letztlich weniger Geld übrig. Wie United4Rescue so passend formuliert, mit diesem Schritt „kürzt [das Auswärtiges Amt] Gelder für die Seenotrettung“.

Unterstützung der AfD durch Musk nicht weiter verwunderlich – Gleich und gleich gesellt sich gern

Während sich das Auswärtige Amt also letztlich mit falschen Lorbeeren schmückt, zeigt Elon Musk mal wieder, wer er wirklich ist. Genauer: Wohin er politisch möchte. Klar ist, mit seinem Kapital sowie seiner medialen Reichweite hat der Milliardär Macht und Einfluss. Beides nutzt er immer wieder, um einerseits seine rechtsextremen Ansichten zu verbreiten und andererseits in die Politik fremder Länder einzugreifen. Das versuchte er in der Vergangenheit bereits mit der Ukraine und sprang damit auf eine Welle der Desinformation auf, wie der Volksverpetzer berichtete. Zu dieser Desinformation mischen sich regelmäßig antisemitische Aussagen sowie die Unterstützung von rechten und rechtsextremen Accounts, über deren Bestehen auf der Plattform X er schließlich volle Kontrolle hat. Das ist inzwischen so brutal und Nazi, dass viele Juden aus Angst dazu aufrufen, Elon Musk zu boykottieren.

Diese Mischung aus Desinformation, Rechtsextremismus sowie riesiger Reichweite und einer Kontrolle über die Reichweite anderer macht Musk gefährlich. Dass er die rechtsextreme AfD mit seinem Retweet unterstützt, ist zwar nicht weiter verwunderlich, bedenklich ist es dennoch. Möglicherweise hat es wenigstens ein Gutes: Vielleicht sorgt die offene Unterstützung der AfD dafür, dass der Bundesminister für Digitales und Verkehr Volker Wissing (FDP), der noch im Januar ein fröhliches Selfie mit Musk postete, diese Verbindung endlich einmal überdenkt.

Wollte Musk nur ablenken?

Musk könnte mit seinem Tweet schließlich neben der Verbreitung rechter Narrative noch ein weiteres Ziel erfolgreich erreicht haben. Eine Google-Suche nach Musk führt in Deutschland aktuell zu unzähligen Berichten über seine X-Auseinandersetzung mit dem Auswärtigen Amt und seine Einstellung zur Seenotrettung. Eine investigative Recherche des Sterns gerät derweil in den Hintergrund – und das ist vermutlich in Musks Interesse. Denn der Stern zieht nach seiner Recherche im Tesla-Werk in Brandenburg eine alarmierende Bilanz: Dort kommt es offenbar zu auffallend vielen Arbeitsunfällen. Von Verbrennungen und amputierten Gliedmaßen im Tesla-Werk spricht aber nach Musks Tweet zur Seenotrettung kaum jemand. Eine angenehme Ablenkung.

Elon Musk zeigt mit seinem Tweet zur Seenotrettung wieder einmal, wo er politisch steht. Die Rettung von Menschenleben gilt für ihn als etwas Schlechtes und er unterstützt inzwischen offen Rechtsextreme. Bei diesem Weltbild konnte offensichtlich auch die trockene, zutreffende Antwort des Auswärtigen Amts nicht mehr helfen, das zurecht deutlich macht: Es geht um gerettete Menschenleben. Das Auswärtige Amt sollte sich derweil selbst Gedanken machen, wie viele Menschenleben tatsächlich gerettet werden könnten, wenn alle finanziellen Mittel dort ankommen würden, wo sie sollten.

Artikelbild: Frederic Legrand – COMEO

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