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Die AfD-Verbot-Debatte wirkt: Die AfD bekommt Angst

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Die AfD-Verbot-Debatte wirkt: Die AfD bekommt Angst

von Thomas Laschyk | Juni 24, 2025 | Analyse

Die AfD glaubt heimlich an den Erfolg eines AfD-Verbots. Über Jahre hat sich die „Alternative für Deutschland“ immer weiter radikalisiert. Extrem viele moderatere Mitglieder kehrten der Partei den Rücken, während extrem rechte Akteure zunehmend den Ton angaben. Die Radikalisierung geschah fast automatisch – denn sie profitierte von der medialen Aufmerksamkeit für immer extremere Positionen. Provokationen wie der völkisch aufgeladene Begriff „Remigration“ wurden bewusst eingesetzt, um Empörung und Normalisierung zugleich zu erreichen. Erfolgreich: Der vielleicht radikalste AfD-Landeschef, Faschist Höcke, wurde zum Gesicht der Radikalisierung, während selbst Parteichefin Alice Weidel auf Parteitagen markige „Remigrations“-Forderungen übernahm. Mäßigung sah lange anders aus. Doch nun mehren sich die Anzeichen, dass genau diese Radikalisierungsstrategie der AfD selbst gefährlich wird – die Partei gerät in Panik und versucht verzweifelt, zurückzurudern. Weil das AfD-Verbot langsam wirklich droht.

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„Remigration“: Skandal um Vertreibungspläne und Proteste 2024

Das erste Mal Gegenwind verspürte die AfD Anfang 2024. Correctiv enthüllte das geheime Treffen bei Potsdam, bei dem AfD-Vertreter zusammen mit Neo-Nazis und anderen Rechtsextremen Pläne zur Massenvertreibungen von Migranten und sogar deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund diskutierten. Unter dem beschönigenden Schlagwort „Remigration“ wurde offenbar nichts weniger als die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland erörtert. Eine Forderung, die die AfD im Nachgang oft und schamlos wiederholte. Die Enthüllung schlug ein wie eine Bombe: In ganz Deutschland löste der „Remigration“-Skandal die größte Protestwelle der Bundesrepublik aus.

Über 4 Millionen auf den Straßen: Die große Demo-Übersicht!

Binnen weniger Tage gingen Hunderttausende auf die Straßen – letztlich waren es über vier Millionen Menschen bei mehr als 1.300 Kundgebungen. Von links bis konservativ, Politiker, Kirchen und Zivilgesellschaft standen gemeinsam gegen die AfD und skandierten „Nazis raus!“ und „Stoppt die AfD!“. Die extreme Rechte hatte die Gesellschaft massiv gegen sich vereint.

Die Folgen für die AfD waren verheerend. War die Partei 2023 in Umfragen noch auf Rekordhöhe (bis zu 23 %), stürzte sie nach dem Protest-Frühjahr 2024 deutlich ab. In bundesweiten Erhebungen fiel die AfD zeitweise auf 16–17 % zurück – weit entfernt von ihren Höchstwerten zuvor. Auch eine Studie hat gezeigt, dass die Massenproteste die AfD direkt geschwächt haben.

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Diese Trendwende ging in der öffentlichen Wahrnehmung fast unter, denn parallel gewann die AfD zwar in ostdeutschen Landtagswahlen Stimmen. Doch klar ist: Die Vertreibungspläne haben der AfD bundesweit geschadet, die Brandmauer gegen die Partei wurde wieder stärker. Die massive Stigmatisierung der AfD als potenzielle Vertreiber-Partei zeigte Wirkung. Kein Wunder, dass die AfD versuchte, mit Litigation-PR und vielen Abmahnungen und Klagen die Deutungshoheit über Potsdam zu bekommen – um so die besprochenen Dinge zu leugnen. Auch Volksverpetzer wurde (natürlich erfolglos) abgemahnt.

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Verfassungsschutz stuft AfD als rechtsextrem ein

Anfang Mai 2025 folgte der nächste Schlag: Das Bundesamt für Verfassungsschutz erklärte die gesamte AfD nun offiziell zum „gesichert rechtsextremistischen“ Beobachtungsobjekt. Was Beobachter längst vermutet hatten, wurde amtlich bestätigt: Die AfD verfolgt erwiesenermaßen verfassungsfeindliche Bestrebungen. Besonders ausschlaggebend war dabei der völkisch-ethnische Volksbegriff der Partei – die Vorstellung, das „Staatsvolk“ nach Abstammung zu definieren und Menschen aufgrund ihrer Herkunft auszugrenzen. Genau dieses Denken hatte die AfD in den Jahren zuvor befördert. Genau das steckt hinter „Remigration“. Menschenrechte gelten aber für alle. Und Bürger ist, wer Bürger ist. Wer wegen Herkunft, Hautfarbe oder Religion da einen Unterschied macht, verstößt gegen das Grundgesetz. Ohne wenn und aber.

Vor allem brachte die Einstufung ein bislang hypothetisches Szenario in greifbare Nähe: Ein mögliches Verbot der AfD. Tatsächlich entbrannte bereits Ende 2024 – nach dem Remigrationsskandal – eine Debatte um ein AfD-Verbotsverfahren. Die Petition von Volksverpetzer wurde so groß, dass uns die damalige Bundesratspräsidentin zur Übergabe der Petition einlud. Doch es passierte nichts, auch ein entsprechender Antrag im Bundestag kam nicht mehr zur Abstimmung. Doch nun, mit dem neuen Verfassungsschutz-Gutachten, gewinnt die Verbotsdebatte rasant an Fahrt. Die Grüne spricht sich inzwischen dafür aus, auch die SPD will es als offizielle Parteilinie beschließen.

Hunderte Austritte

Die AfD reagierte nach außen empört und gab sich trotzig – von einem „schweren Schlag gegen die Demokratie“ und so weiter war in Pressemitteilungen die Rede. Intern jedoch breitete sich offenbar Nervosität aus. So trat etwa der Bundestagsabgeordnete Sieghard Knodel „angesichts der Einstufung der Partei als gesichert rechtsextrem“ aus Partei und Fraktion aus, um sein privates und berufliches Umfeld zu schützen.

Und er ist nicht der Einzige – Hunderte AfD-Mitglieder haben nach der Hochstufung ihren Austritt erklärt, wie Parteikreise einräumen. Der Schaden für die Partei ist real. Und scheint das Einzige zu sein, was den Aufschwung in Umfragen gestoppt hat, nachdem der rechte Wahlkampf und der kollektive Rechtsruck aller bürgerlichen Parteien die AfD offensichtlich massiv gestärkt hatte.

Interner Mäßigungs-Appell – die AfD wird nervös

Besonders bemerkenswert: Die AfD-Führung selbst rief plötzlich zur Mäßigung auf. In einer internen E-Mail, versandt kurz nach der Verfassungsschutz-Entscheidung, warnte der Bundesvorstand die Parteibasis eindringlich davor, weiterhin mit extremen Parolen zu provozieren. Wörtlich hieß es, die Mitglieder mögen „mit Ihren Äußerungen im verfassungskonformen Bereich“ bleiben und sich von verfassungsfeindlichen Aussagen distanzieren. Polemik und Radikalisierung sollten auf einmal unterlassen werden – ausgerechnet von einer Partei, die bisher von kalkulierten Grenzüberschreitungen lebte. Implizit räumt die AfD damit ein, dass so manche Äußerung bislang eben nicht verfassungskonform war. Die Verbotsdebatte hat der Parteispitze offensichtlich Angst gemacht: Man erkennt nun, dass die eigene Rhetorik zur Verbotsfalle werden könnte.

Der mahnende Ton aus der Parteizentrale ist ein Novum. Offiziell gibt sich die AfD zwar weiterhin als Opfer angeblicher politischer Willkür und schimpft über eine „Instrumentalisierung“ des Verfassungsschutzes. Doch hinter den Kulissen versucht man offenbar hektisch Schadensbegrenzung. Mehrere AfD-Funktionäre hielten plötzlich öffentliche Distanz zu früheren Parolen.

Insbesondere der Begriff „Remigration“ wird zum Problem. Dass das Konzept – insbesondere der, der auch deutsche Staatsbürger betrifft – der AfD zum Verhängnis werden könnte, zeigt ausgerechnet das Urteil im Verfahren um das AfD-nahe, rechtsextreme Magazin Compact: Das Bundesverwaltungsgericht hob zwar ein vom Innenministerium verfügtes Verbot von Compact auf – doch in der Urteilsbegründung stellte der Vorsitzende Richter klar, dass das Konzept der „Remigration“ mit dem Demokratieprinzip und der Menschenwürde unvereinbar ist.

Mit anderen Worten: Wer „Remigration“ (im Sinne von erzwungener Rückführung auch von Bürgern) propagiert, stellt sich außerhalb der freiheitlichen Verfassung. Im „Remigration“-Konzept des Faschisten Martin Sellner ist das aber ein wesentlicher Bestandteil. Und er war es, der auf Potsdam darüber einen Vortrag hielt. Und er bebekräftigtiesen wichtigen Aspekt auch immer wieder.

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AfD-Hardliner Krah schlägt plötzlich versöhnliche Töne an?

Am deutlichsten zeigt sich der Strategiewechsel am Beispiel von Maximilian Krah. Der AfD-Bundestagsabgeordnete aus Sachsen galt als (noch weiter) Rechtsaußen und überzeugter Vertreter völkischer Ideen. Noch 2023 veröffentlichte Krah ein Buch, in dem er selbst eine harte Linie gegen „Multiethnizität“ und für „Remigration“ vertrat. Darin forderte er eine Politik, die Zuwanderung drastisch reduziert und Migranten zur Assimilation drängt – wer sich nicht „anpasst“, solle das Land wieder verlassen müssen. Und ja, das sollte wohl auch Staatsbürger betreffen. Umso erstaunlicher ist Krahs jüngste Kehrtwende: Plötzlich distanziert er sich von genau diesem verfassungsfeindlichen Aspekt, den mitgeprägt hat.

Unmittelbar nach der Einstufung der AfD als rechtsextremistisch provozierte Krah am 4. Mai eine Debatte, indem er auf Twitter erklärte, eine ethnische Homogenität der Bevölkerung sei „nicht mehr herstellbar“ – der Staat könne die durch Masseneinwanderung entstandenen Veränderungen „nicht rückgängig machen“. Kurz darauf forderte Krah sogar explizit, die ethnische Herkunft dürfe keine Rolle für die Staatsbürgerschaft spielen.

Krah begründete seinen Kurswechsel denn auch rein strategisch: Die völkische Linie berge die Gefahr eines Parteienverbots und verbaut der AfD zugleich alle Koalitionsoptionen.

„Sicher verboten ist es, alle ethnischen Nicht-Deutschen in einen Topf zu werfen und dann, selbst bei Staatsangehörigen, pauschal von ‘Remigration‘ zu reden. Würde sich das festsetzen, wäre das Parteienverbot erfolgversprechend.“

„wäre das Parteienverbot erfolgversprechend.“

Krahs Sinneswandel sorgt in der rechtsnationalen Szene erwartungsgemäß für Aufruhr. Ausgerechnet diejenigen, die die AfD einst durch ihre Radikalisierung groß gemacht haben, fühlen sich nun von Krah verraten. Der prominente Kopf der Identitären Bewegung, Martin Sellner, schimpft offen über Krah: Dieser fordere AfD-Politiker auf, sich öffentlich von Sellner und der „Remigration“ zu distanzieren, aus Angst vor einem Parteiverbot. Sellner wirft Krah vor, längst gemeinsame Positionen zu verleugnen – schließlich habe Krah dieselben Thesen früher selbst vertreten.

Der Richtungsstreit ist entbrannt. Wird die AfD sich das erste Mal nicht radikalisieren? Wie diese Debatte ausgeht, ist offen. Sicher ist aber: Die AfD steckt in einem Dilemma zwischen weiterer Radikalisierung und taktischer Mäßigung – und genau dieses Dilemma wurde durch die Verbotsinitiative ausgelöst. Doch ob die Partei-Basis überhaupt mitspielt, ist zweifelhaft – viele AfD-Funktionäre haben Krahs Warnungen vor dem Verbotsrisiko bislang in den Wind geschlagen. Sie wollen halt die verfassungsfeindlichen Ideen. Weil es Verfassungsfeinde sind. Es wäre naiv, etwas anderes zu glauben.

Mit einem AfD-Verbot-Verfahren kann die Demokratie nur gewinnen

Es ist ein starkes Indiz dafür, dass die Verbotsdebatte Wirkung zeigt. Erstmals in ihrer Geschichte scheint die Partei ernsthaft Angst vor staatlichen Konsequenzen zu haben. Öffentlich versucht sie zwar noch den Spagat – mal weiter radikale Töne für die eigene Klientel, mal betont gemäßigte Worte für die Gerichte. Doch die Tatsache, dass ausgerechnet ein Hardliner wie Krah die Notbremse ziehen will, spricht Bände. Die AfD glaubt offenkundig selbst an die Möglichkeit eines erfolgreichen AfD-Verbots, sonst hätte sie keinen Anlass, ihren Kurs zu ändern. Zumindest ein Teil der Parteispitze möchte das Risiko minimieren, vom Bundesverfassungsgericht verboten zu werden. Die Demokratie hat die AfD somit in die Defensive gedrängt.

Politisch hat die Debatte um ein Verbot der AfD an Dynamik gewonnen – und der öffentliche Druck sollte nicht nachlassen. Inzwischen befürwortet eine Mehrheit der Deutschen ein Verbotsverfahren gegen die AfD, aktuellen Umfragen zufolge sprechen sich 53 % dafür aus, nur 38 % sind dagegen. Besonders groß ist die Zustimmung bei Anhängern der demokratischen Parteien: Unter Grünen-Wählern unterstützen über 80 % ein Verbot, bei SPD-Wählern fast 80 %, bei der Linken über 70 %. Selbst unter Unionsanhängern ist eine klare Mehrheit dafür. Die Spitzen von SPD, Grünen, Linken und auch Teile der CDU/CSU haben sich offen gezeigt, ein Verbotsverfahren zu prüfen.

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Das AfD-Verbot kann die AfD endlich zügeln

Diese breite Front ist bemerkenswert – noch vor wenigen Jahren galt ein Parteienverbot als nahezu ausgeschlossen. Jetzt aber sehen viele Demokraten angesichts der erwiesenen Verfassungsfeindlichkeit der AfD keinen anderen Weg mehr, um die freiheitliche Ordnung zu schützen. Dabei ist ein Verfahren unabhängig vom Ausgang her ein Erfolg:

Entweder kommt es zum letzten Mittel eines Parteiverbots oder die AfD ist gezwungen, sich grundlegend zu mäßigen und die Faschisten aus der Partei zu werfen. Letzteres ist schwer vorstellbar, aber es ist ja auch egal: In beiden Fällen gewinnt die Demokratie. Entweder wird eine extremistische Partei ganz aus dem Verkehr gezogen – oder sie wird zumindest gezwungen, ihre gefährlichsten Forderungen aufzugeben.

Dise Entwicklungen zeigen, dass konsequenter Druck wirkt: Unter öffentlicher Ächtung und der Aussicht auf ein Verbotsverfahren muss die AfD selbst von ihren radikalsten Positionen abrücken. Dieser Erfolg darf jetzt nicht verspielt werden. Die Verbotsdebatte muss weitergeführt werden, bis eindeutig geklärt ist, ob die AfD mit unserer Verfassung noch vereinbar ist. Allein die Debatte darüber wirkt schon. Und Teile der Union wollen diese Debatte unterdrücken. Es ist längst keine radikale Forderung mehr. Sondern es zeichnet sich ab, dass es genau der Weg ist, der Erfolg verspricht.

Die Mehrheit der Gesellschaft steht hinter dieser Entschlossenheit, vor der die AfD immer noch Angst hat. Und allein die Furcht vor dem Verbot zeigt bei den Rechtsextremisten Wirkung. Was könnte erst passieren, wenn Bundesrat, Bundesregierung oder Bundestag das Verfahren einleitet? In der Union brodelt die Debatte bereits. Prominente CDCDU-Politiker wie Wüst oder Günther sind offen oder dafür. Die Frage an die Konservativen lautet: Wenn die AfD selbst glaubt, dass ein AfD-Verbot erfolgreich sein könntet, warum ihr nicht? Die Stimmung kippt gerade. Und das macht den Faschisten Angst.

Artikelbild: Michael Kappeler/dpa. Teile des Artikels wurden mit maschineller Hilfe ausformuliert. Wie Volksverpetzer KI verwendet.

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