Köln | Wird das rund 6 Hektar große „Sündenwäldchen“ – ein wichtiges Trittsteinbiotop zwischen dem FFH-Gebiet Steinheide und dem Hambacher Wald von RWE gerodet? Greenpeace ruft zu Protestaktionen dieses Wochenende und am Dreikönigstag auf.
Greenpeace mit Aktivitäten zum Schutz des Biotopverbundes am Hambacher Forst
Greenpeace schreibt: „Den ‚Sündenwald‘ als Teil eines lebenswichtigen Biotopverbundes zu roden, um Kies für die Verfüllung des Braunkohletagebaus Hambach zu gewinnen, ist ein Umweltverbrechen. Wer den Hambacher Wald erhalten will, darf seine Lebensadern nicht kappen. Der Braunkohlekonzern RWE, die grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubauer beziehungsweise der grüne Umweltminister Oliver Krischer müssen die Vorbereitungen zur Rodung sofort stoppen.“
Greenpeace schreibt, dass es über Hinweise verfüge, dass der „Sündenwald“ kurz vor der Rodung stehe. Nach der Räumung und Zerstörung von Lützerath könnte die Rodung des „Sündenwald“ damit zum zweiten Sündenfall der Grünen nach ihrer Beteiligung an Schwarz-Grün in NRW werden. Greenpeace ruft die Bürger:innen dazu auf, sich an den Protesten zum Erhalt des „Sündenwald“ in der „Manheimer Bucht“ zu beteiligen. Am Sonntag, 5. Januar 2025 ab 12 Uhr gibt es einen Spaziergang in Manheim zum Schutz des „Sündenwäldchens“ und weiterer „ökologischer Trittsteine“. Am Sonntag, 6. Januar 2025 soll es um 6 Uhr ein Dreikönigsfrühstück am „Sündenwäldchen“ geben. Einen Aufruf zu den Demonstrationen finden Interessierte hier: http://naturfuehrung.com/hambacher-forst/
Der Hintergrund
Das sogenannte „Sündenwäldchen“ umfasst eine Fläche von rund 6 Hektar. Es ist ein Wäldchen mit naturnaher Stileichen und Hainbuchen Bestockung. Dort und im Hambacher Forst sind Bechsteinfledermaus und 12 weitere Fledermausarten nach Angabe des Bund für Naturschutz BUND NRW heimisch. Zu finden ist dort auch die Haselmaus, die ebenfalls geschützt ist. Der BUND NRW schreibt zur Bedeutung des Waldstückes: „Neben der naturschutzrechtlichen Sicherung dieser Waldgebiete als Wildnisentwicklungsgebiete gemäß BUND-Vorschlag ist deren Wiedervernetzung von existenzieller Bedeutung. Diese Vernetzung ist zum einen zur Sicherstellung des ökologischen Austauschs notwendig. So nutzt zum Beispiel die Bechsteinfledermaus die Bäume und Sträucher entlang der alten BAB4-Trasse sowie des Manheimer Fließ als Leitlinie, um zwischen Hambacher Forst/Manheimer Bürge und Steinheide zu pendeln. Das etwa 6 Hektar große „Sünden“- oder „Sportplatz“-Wäldchen in Manheim (alt) dient der Bechsteinfledermaus dabei auch als Quartier. Als Teil der ehemalig großräumigen Manheimer Bürge verfügt dieses Waldstück über eine vergleichbar gute Biotopstruktur wie die übrigen Altwälder. Das Waldstück weist etwa eine große Zahl geeigneter Fledermaus-Quartierbäume auf. Zum anderen fungieren die Altwälder mit ihrem hohen Artenreichtum auch als Quellgebiete für die Wiederbesiedlung der Waldstandorte in der übrigen Tagebaufolgelandschaft. Eine effektive Vernetzung über ausreichend dimensionierte Verbindungskorridore ist also essenziell. Es sollte deshalb vorrangiges Ziel sein, die bereits bestehenden Vernetzungsstrukturen zu erhalten und zu erweitern.“
Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen bei der Bildung der aktuellen Landesregierung schrieben die beiden Parteien fest, dass sie die teilweise inselartigen Altwaldbereiche in öffentliches Eigentum überführen und diese wieder vernetzen wollten. Das Papier nannten Wüst und Neubaur damals Zukunftsvertrag. Dort findet sich unter anderem diese Passage: „Die Tagebaue haben zu Eingriffen in Verkehrsinfrastruktur, Wasserhaushalt und Umwelt geführt. Im Zuge der Beendigung der Tagebaue gilt es daher, Umwelt- und Naturschutz zu stärken, die Eingriffe auf das mögliche Minimum zu reduzieren und revierweite Planungen für diese Bereiche voranzutreiben. Dazu zählen ein Reviermobilitätskonzept, ein gesamträumliches Wasserkonzept und die Sicherung eines Ökosystemverbunds. Wir bilden eine in öffentlichem Eigentum stehende großflächige Waldvernetzung im südlichen Teil des Tagebaus Hambach und sichern auch so den dauerhaften Erhalt des Hambacher Waldes.“
Der BUND NRW hat daher eine klare und eindeutige Forderung: „Vorrangiges Ziel muss es deshalb sein, möglichst große Teile der Manheimer Bucht zu erhalten und die dortigen Biotopverbundstrukturen zu ergänzen. Nur eine solche Lösung wird den politischen Vereinbarungen zur großflächigen Waldwiedervernetzung im Süden des Tagebaus Hambach gerecht. Gelingt das nicht, bleiben alle Bekenntnisse zur Waldwiedervernetzung und zum Biotopverbund hohle Versprechen.“
RWE will in der „Manheimer Bucht“ keine Braunkohle mehr fördern, sondern Abbruchmaterial gewinnen um die Sophienhöhe zu gestalten und zu rekultivieren, beziehungsweise die Ufer des geplanten Sees zu stabilisieren. Dazu gab es eine Entscheidung im Braunkohleausschuss der Bezirksregierung Köln, der den Braunkohleplan 2024 genehmigte. Dieser Plan zeigt den Weg auf, wie aus dem Tagebau Hambach ein See wird. Der BUND forderte den Sand und Kies zur Sicherung der Seeböschung komplett aus dem Tagebau zu entnehmen und eben nicht dafür das „Sündenwäldchen“ zu roden und anschließend dort Kies zu baggern. Der Tagebau Hambach soll mit Rheinwasser geflutet werden. Damit das Wasser aber in die rund 350 Meter tiefe Grube strömen kann, muss die Böschung mit Millionen Tonnen Sand und Kies stabilisiert werden.