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Kameraüberwachung in Köln: Showdown vor dem Verwaltungsgericht
Vor dem Kölner Verwaltungsgericht wird über die polizeiliche Videoüberwachung der Stadt verhandelt. Eine Initiative kämpft seit Jahren dagegen. Sie will, dass die Überwachung untersagt wird.
Seit Jahren protestiert in Köln die Initiative Kameras stoppen gegen die polizeiliche Videoüberwachung in der Stadt. Vor dem Verwaltungsgericht haben nun zwei mit der Initiative verbundene Überwachungsgegner:innen Klagen eingereicht, die das Gericht ab Donnerstagmorgen mündlich verhandelt. Ein Urteil wird nach Aussage von Beteiligten aber nicht am selben Tag erwartet.
Die Kläger:innen sehen ihre Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und sowie die Achtung des Privatlebens durch die Überwachung beeinträchtigt. Neben den persönlichen Grundrechten bestehe aber auch eine Gefahr für die Gesellschaft. Es geht ihnen um die Frage, wie frei diese sich unter der Bedingung von staatlicher Überwachung noch entfalten könne, schreiben die Kläger:innen auf der Webseite der Initiative.
„Niemand kann sich mehr unbeobachtet bewegen“
„Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Videoüberwachung immer weiter ausgebaut wird und die technischen Möglichkeiten bei der Auswertung erweitert werden. Wenn dort kein Riegel vorgeschoben wird, haben wir in sehr naher Zukunft eine flächendeckende Videoüberwachung. Niemand kann sich dann mehr unbeobachtet bewegen“, sagt Calvin Baus, Sprecher des Chaos Computer Clubs, der seit Jahren mit dem Fall befasst ist.
Verhandelt werden nun vor dem Verwaltungsgericht insgesamt acht Klagen. All diese Klagen wenden sich gegen die polizeiliche Videoüberwachung in Köln, aufgeteilt in die Bereiche Dom/Hauptbahnhof, Ringe, Breslauer Platz, Ebertplatz, Neumarkt, Wiener Platz und Kalk/Humboldt-Gremberg. Eine Klage richtet sich konkret gegen die Beobachtung einer antirassistischen Demonstration am 18. Januar 2020 durch die polizeiliche Videoanlage am Kölner Neumarkt.
Ziel ist die komplette Untersagung der Überwachung
Der Hauptantrag der Kläger zielt auf die komplette Untersagung der polizeilichen Videoüberwachung an den sieben Standorten. Sollten die Kläger:innen damit nicht erfolgreich sein, haben sie mehrere Hilfsanträge gestellt, um die Überwachung zumindest stark einzuschränken. Diese Hilfsanträge zielen darauf ab, die Kameraüberwachung zum Beispiel auf weniger Fläche zu begrenzen oder die Speicherung zu untersagen.
Die beiden Kläger:innen sind laut der Presseerklärung von der Überwachung selbst betroffen. Ein Kläger wohnt linksrheinisch, in dem Teil der Stadt, der am meisten kameraüberwacht ist: „Beim Einkaufen, in der Freizeit und im Beruf muss er sich täglich in Bereiche der polizeilichen Videoüberwachung begeben. Somit ist sein Bild und sein Verhalten ständig auf den Servern der Polizei gespeichert“, heißt es in der Mitteilung von „Kameras stoppen“.
Die andere Klägerin wohnt direkt in einem videoüberwachten Bereich. „Sie kann das Haus nicht verlassen oder betreten, ohne dass sie dabei beobachtet und ihr Bild auf den Servern der Polizei gespeichert wird“, schreibt die Initiative. Die Klägerin berichtet von einem Gefühl totaler Überwachung. Deshalb hatte sie sich der Initiative angeschlossen.
„Viele Verfehlungen“
Für Calvin Baus vom Chaos Computer Club ist klar: „Die letzten sechs Jahre haben gezeigt, dass es in Köln viele Verfehlungen beim Umgang mit Demos, Wohnungen und Ladengeschäften gab.“ Bisher seien nur im begrenzten Umfang Verbesserungen erkennbar, daher könne man nicht davon ausgehen, dass diese Technologie in dem Umfang verantwortungsvoll im Sinne der Grundrechte eingesetzt werde.
Baus warnt auch davor, wie die Überwachung in Zukunft genutzt werden könne, denn sie sei „der Traum für die Rechtsaußen-Parteien und auch für die Populisten bei den Polizeigewerkschaftlern, die einen Überwachungsstaat schlüsselfertig ausbauen“.
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Author: Markus Reuter