Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.
Liebe Leser:innen,
unsere Texte wiederholt zu prüfen, bevor wir sie veröffentlichen, ist für uns Routine. Deshalb läuft in meinem Hinterkopf beim Check manchmal ein kleines, imaginäres Gerichtsverfahren. Eine Inkarnation von Barbara Salesch fragt mich dann: „Aha, da steht: ‚Der Himmel war blau.‘ Wie kommen Sie denn darauf?“ Zu meiner Verteidigung ziehe ich dann die abgehefteten Wetterberichte des Tages hervor.
Einer der einfachsten Fälle, etwas zu überprüfen: Wenn es in einem öffentlichen und zweifelsfrei authentischen Dokument steht. Oder wenn es irgendwer in ein Mikro gesagt hat. Wenn die Sätze dann noch klar und unmissverständlich sind, ist die Sache eigentlich schnell abgehakt.
Aber manchmal beobachte ich mich dabei, wie ich trotzdem zweifle. Wie ich ein Dokument fünf Mal öffne, nochmal nachlese. Dann schaue, was für ein Datum auf dem Dokument steht. Vielleicht bin ich ja um ein paar Jahrzehnte im Raum-Zeit-Kontinuum verrutscht? Oder ich habe irgendeinen Kontext übersehen? Manchmal finde ich mich dann als Teil Morgensternscher Lyrik wieder:
Und er kommt zu dem Ergebnis:
Nur ein Traum war das Erlebnis.
Weil, so schließt er messerscharf,
nicht sein kann, was nicht sein darf.
Diese Woche ging mir das so bei dem Beschluss der Innenministerkonferenz zur Überwachungsgesamtrechnung. Kurz zusammengefasst: Die Innenminister:innen finden die Überwachungsgesamtrechnung doof. Das dahinterliegende Freiheitsverständnis finden sie zu eindimensional. Freiheit und Sicherheit sind ja keine Gegensätze. (Da würde ich sogar mitgehen.) Eine Freiheitskommission finden sie auch doof, ganz grundsätzlich. Es sollen sich nicht noch mehr Leute in die Gesetzgebung reinhängen. Stattdessen fordern sie eine Sicherheitsgesamtrechnung. (Wie war das mit der Eindimensionalität?)
Ich habe die Beschlüsse gelesen, nochmal gelesen, nochmal gelesen und vergeblich eine Satirekennzeichnung gesucht. Weil mir nicht in den Kopf wollte, wie man vermeintlich unironisch erst das angeblich eindimensionale Freiheitsverständnis kritisieren kann, um es dann selbst zu beschwören. Weil ich es verwunderlich finde, wie man etwas so fundamental ablehnen kann, das noch nicht fertig ist, wo wir noch nicht einmal Zwischenergebnisse kennen. Egal, was dabei rauskommt: doof. Wie ein prototypisches Kleinkind mitten in der Trotzphase. Doch all mein Zweifeln änderte nichts an dem, was da schwarz auf weiß stand.
Das ist nicht das erste Mal. Mir ging es öfter so bei der Überprüfung unseres Doku-Podcasts „Systemeinstellungen“, bei dem uns Menschen erzählt haben, wie unvermittelt die Polizei in ihrem Zuhause stand. Ich bin immer wieder ungläubig bei der Berichterstattung über Migrationsthemen, ob etwas wirklich so unmenschlich sein kann. Aber wenn ich dann auch die zehnte kritische Nachfrage meiner inneren Fernsehrichterin beantworten kann, ist das vielleicht ein guter Gradmesser dafür, dass gerade so richtig etwas schiefläuft.
Habt ein gutes Wochenende!
anna
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Author: Anna Biselli