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Lobbyismus: Wie chinesische Tech-Konzerne in der EU ihr Image aufpolieren

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

LobbyismusWie chinesische Tech-Konzerne in der EU ihr Image aufpolieren

Die Tech-Riesen aus den USA spielen in Europa in der ersten Lobby-Liga. Nicht ganz auf dem gleichen Level agieren ihre chinesischen Konkurrenten. Auch sie verfolgen mitunter klare politische Ziele. Wie sie dabei vorgehen, untersucht ein aktueller Bericht von Lobbycontrol.


Maximilian Henning – in Demokratiekeine Ergänzungen
Die Werbung von AliExpress war während der EM millionenfach zu sehen. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / MIS

Chinesische Tech-Unternehmen sind in Europa politisch umstritten. TikTok empfiehlt viele extreme Inhalte und trifft immer wieder fragwürdige Moderationsentscheidungen. Huawei steht seit Jahren im Verdacht, ein potenzielles Einfallstor für Manipulationen an der Mobilnetz-Infrastruktur zu sein. Dazu kommen drei Konzerne, die den chinesischen Markt dominieren, aber bei europäischen Kund:innen bislang eher unbekannt sind: Baidu, Alibaba und Tencent.

Sie alle investieren in ihr Image – wie genau, hat der Verein Lobbycontrol in einem heute veröffentlichten Bericht untersucht. Je nach Zielgruppe greifen die Unternehmen demnach auf unterschiedliche Mittel zurück: Huawei und TikTok sind eher an Gesetzen und Regierungsentscheidungen interessiert und setzen deshalb auf Lobbyismus. Die anderen Unternehmen wollen eher ihr öffentliches Image verbessern und sponsern deshalb beispielsweise Sportevents.

Keins der untersuchten Unternehmen äußerte sich gegenüber netzpolitik.org öffentlich zu dem Bericht von Lobbycontrol.

Die Lobbyist:innen

Der Autor des Berichts, Max Bank, hat sich die Angaben der großen Unternehmen in den Brüsseler und Berliner Lobbyregistern angeschaut. Dort müssen Organisationen angeben, wie viel sie für Lobbytätigkeiten ausgeben und wie viele Menschen sie zu diesem Zweck beschäftigen. Huawei beschäftigt demnach in Brüssel insgesamt 11 Vollzeitlobbyist:innen und gibt dafür jährlich zwischen zwei und drei Millionen Euro aus. Zum Vergleich: Bei Google sind es 31 Vollzeitstellen. In Berlin gibt Huawei mit 2,9 Millionen Euro pro Jahr eine ähnlich hohe Geldsumme aus.

Während Huawei in Brüssel und Berlin schon seit mehr als zehn Jahren aktiv ist, hat sich TikTok erst 2019 ins EU-Transparenzregister eingetragen. Im vergangenen Jahr gab das Unternehmen 1,25 Millionen Euro für Lobbytätigkeiten in Brüssel aus und beschäftigte 5 Vollzeitlobbyist:innen. In Deutschland sind es dagegen nur 200.000 Euro, was drei Vollzeitstellen entspricht.

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20 Euro für 20 Jahre

Eindeutige Anliegen

Beide Unternehmen haben ziemlich klare politische Baustellen: TikTok steht durch EU-Digitalgesetze unter Druck, Huawei will seine Mobilfunk-Produkte auf dem europäischen Markt verkaufen dürfen.

„Unsere Demokratie braucht faktenbasierte öffentliche Debatten als Luft zum Atmen. TikTok produziert jedoch allzu oft das Gegenteil: Fake News und Hatespeech“, schreibt Lobbycontrol. Mit zwei großen Digitalgesetzen – dem Digital Services Act und dem Digital Markets Act – hätte die EU aber bereits einen „Riesenschritt“ in die richtige Richtung gemacht, so die NGO. Bei den meisten Treffen zwischen TikTok und der EU-Kommission in den vergangenen Jahren hätten eben diese beiden Gesetze im Fokus gestanden.

Huawei stellt technische Bausteine für Mobilfunknetze her. Dabei gibt es seit Jahren Bedenken, ob ein chinesischer Hersteller in den Bau kritischer Infrastruktur eingebunden werden sollte. Die Bundesregierung hat vor kurzem entschieden, dass Teile des deutschen Mobilfunknetzes bis 2026 ohne Huawei auskommen müssen. Für das Unternehmen geht es dabei aus betriebswirtschaftlicher Sicht um wichtige Aufträge.

Lobbycontrol kritisiert die lange Frist. „Nach dem russischen Gas könnte der nächste sicherheitspolitische Gau mit der Abhängigkeit von chinesischer Kommunikationsinfrastruktur folgen, in die die Bundesregierung sehenden Auges hineingerannt ist“, warnt der Bericht. „Die Abhängigkeit unserer Demokratien von autokratischen Staaten ist ein Demokratieproblem. Und sie wird mit der jetzigen Entscheidung der Bundesregierung noch einige Jahre fortbestehen.“

Große Werbedeals

Alibaba und Tencent geben zusammen eine Million Euro jährlich in Brüssel sowie 120.000 Euro in Berlin aus. Im Vergleich zu den Zahlen großer US-Unternehmen sind das geradezu Peanuts. Baidu ist in keinem der beiden Lobbyregister eingetragen.

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20 Euro für 20 Jahre

Mitunter fließt das Geld aber auch in andere Richtungen. So waren Alipay und AliExpress – zwei Angebote von Alibaba – in diesem Jahr offizielle Sponsoren der Fußball-EM, wie Lobbycontrol betont. „Das deutet darauf hin, dass Alibaba in naher Zukunft verstärkt auf den europäischen Markt expandieren könnte“, heißt es in dem Bericht.

Unterstützung von Dritten

Neben den eigenen Lobbyist:innen gehen die Unternehmen aber laut Lobbycontrol auch Umwege, und zwar über Agenturen und Anwaltskanzleien. Der Bericht erwähnt drei Agenturen: FTI Consulting, Brunswick und ACENTO. Die ersten beiden agieren international, ACENTO kommt aus Spanien und ist vergleichsweise klein. FTI Consulting arbeitet für TikTok, Brunswick für Alibaba und Tencent. ACENTO ist im Auftrag von Huawei tätig.

Und dann ist da noch eine weitere Organisation, die mit den großen chinesischen Tech-Unternehmen zusammenarbeitet: die Kommunistische Partei Chinas. Die Unternehmen könnten sich darauf verlassen, „dass sie stets die chinesische kommunistische Partei und ihre verlängerten Arme vor Ort an ihrer Seite haben, wenn es um Expansion auf Auslandsmärkten geht“, schreibt Lobbycontrol. Die Grenze zwischen Lobbyismus und Diplomatie sei nicht immer klar zu erkennen.

So etwa bei der chinesischen Botschaft in Brüssel. Der dortige Botschafter verweist laut dem Bericht öfter darauf, dass auch China seine Grenzen für europäische Unternehmen dichtmachen könne, sollte Europa Maßnahmen gegen chinesische Unternehmen beschließen. „Deutlich aggressiver“ tritt der chinesische Botschafter in Berlin auf, der offen mit Gegenmaßnahmen drohte, nachdem die Beschränkungen für Huawei bekannt wurden.

„Insgesamt zeichnet sich eine verstärkte Präsenz und Lobbyarbeit chinesischer Techkonzerne ab, die durch ein weitverzweigtes Netzwerk an Akteuren flankiert werden“, heißt es im Bericht von Lobbycontrol. Noch seien die Aktivitäten der chinesischen Unternehmen nicht mit jenen der US-Riesen zu vergleichen, so die NGO, aber auch sie würden zunehmend aktiver. Zudem würden in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch weitere chinesische Unternehmen in Richtung des europäischen Marktes streben. Damit dürfte dann auch der Lobbyismus in Brüssel und in Berlin weiter zunehmen.

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Author: Maximilian Henning

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