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Netzsperren: 17-Jähriger treibt die CUII vor sich her

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

Netzsperren17-Jähriger treibt die CUII vor sich her

In Deutschland entscheidet unter anderem eine private Stelle namens CUII darüber, welche Internetseiten gesperrt werden. Der 17-jährige Schüler Damian schaut ihr auf die Finger und bemängelt regelmäßig fehlende Sorgfalt. Zuletzt fand er heraus: Die CUII hat Seiten sperren lassen, die gar nicht mehr verfügbar waren.


Martin Schwarzbeck – in Öffentlichkeiteine Ergänzung
Damian schaut der CUII auf die Finger (Symbolbild). – Public Domain Midjourney

So langsam wird Damian etwas ungehalten. „Dass Sie Probleme mit dem Monitoring haben, ist ja inzwischen jedem bekannt. Jetzt **sperren** Sie aber sogar noch Seiten, die es gar nicht mehr gibt. Das „K“ in CUII steht wohl für Kompetenz“, das schreibt der 17-jährige Schüler der deutschen Internetsperragentur CUII.

Die Mitglieder der Clearingstelle Urheberrecht im Internet, kurz CUII, sind Internetprovider oder Inhaber von Rechten für beispielsweise Filme oder Musik. Die CUII empfiehlt den in ihr vertretenen Providern regelmäßig, bestimmte „strukturell urberrechtsverletzende“ Seiten zu sperren. Diese DNS-basierten Sperren führen dazu, dass technisch wenig Versierte die Websites nicht mehr besuchen können.

Damian ist Fan der Netzneutralität. Er betreibt cuiiliste.de, eine Website, die zeigt, was die CUII alles sperren lässt. Wenn Seiten in Deutschland gesperrt würden, dann müsse das gut begründet sein, sagt Damian.

Die CUII lässt beschlagnahmte Seiten sperren

Doch was er zuletzt herausgefunden hat, zeugt vom genauen Gegenteil. Die CUII empfahl den in ihr vertretenen Providern am 19. Dezember 2024, die Domains libgen.rocks und library.lol zu sperren. LibGen ist die Abkürzung für die riesige Bibliothek Library Genesis, die viele Millionen Artikel, wissenschaftliche Arbeiten und Bücher anbietet. Beide Seiten waren zum Zeitpunkt der Sperrempfehlung von US-Behörden beschlagnahmt und nicht mehr erreichbar. Dort ist nur noch ein Banner zu sehen, auf dem steht: „Notice. This Website has been shut down.“

Laut CUII-Sperrentscheid vom Mai 2024 waren unter den Domains strukturell urheberrechtsverletzende Inhalte zu erreichen. Laut archive.org verwies aber zumindest library.lol, als die Seite noch online war, lediglich auf alternative Domains aus dem Libgen-Umfeld.

Damian hatte zuvor einen ähnlichen Fall gefunden, serien.sx. Die Domain wurde auf seinen Hinweis hin von den CUII-Mitgliedern wieder entsperrt. Nun fragt er sich, wie es sein kann, dass die CUII immer wieder die gleichen Fehler macht.

Karoline Claaßen, Leiterin der CUII-Geschäftsstelle, schreibt auf netzpolitik.org-Anfrage: „In der Praxis der CUII ist es in mehr als 200 Fällen zur Aufhebung von Sperren gekommen, weil hinreichend sicher war, dass die Domains nicht mehr für das kriminelle Geschäftsmodell genutzt werden. In allen Fällen erfolgte die Aufhebung der DNS-Sperren durch die CUII-Zugangsanbieter unverzüglich und fehlerfrei.“

Prüfung: mangelhaft

Damian bemängelt die mangelnde Prüfung durch die CUII, die offensichtlich nicht mitbekam, dass die zur Sperrung empfohlene Domains libgen.rocks und library.lol gar nicht mehr online waren. Die Seite serien.sx war bis zu Damians Hinweis sogar mehr als zwei Jahre lang zu Unrecht gesperrt.

Die CUII ist eigentlich verpflichtet, regelmäßig zu prüfen, ob die Grundlage eines Sperrbeschlusses noch existiert. Auch die Bundesnetzagentur, die die Sperrempfehlungen der CUII prüfen muss, hat nicht mitbekommen, dass die Domains libgen.rocks und library.lol zum Zeitpunkt der Sperre schon nicht mehr erreichbar waren.

„Vorteile für beide Seiten“

Damian reicht es allmählich, er hat deshalb der CUII seine Unterstützung angeboten. Er schrieb der Sperragentur: „Es fehlt an Transparenz und an einer gründlicheren Überprüfung. Das ist frustrierend, aber vielleicht gibt es eine andere Möglichkeit, die Situation zu verbessern. Anstatt weiter dagegen zu arbeiten, würde ich Ihnen gerne meine Hilfe anbieten, um gemeinsam an einer besseren Lösung zu arbeiten. Ich schlage vor, dass ich gesperrte Domains auf ihre Richtigkeit überprüfe und Ihnen Auffälligkeiten direkt melde, natürlich kostenlos. Das hätte Vorteile für beide Seiten: Sie können weiterhin kein Monitoring machen oder zusätzliche Prüfungen aufbauen. Und in Deutschland wäre die Netzneutralität gestärkt, da weniger Domains willkürlich gesperrt werden – was mein Hauptanliegen ist.“

Eine Antwort bekam er nicht. Doch die Domains, deren Sperrung er bemängelte, wurden – wie in früheren Fällen schon – kurz nach Damians Nachricht an die CUII von den CUII-Mitgliedern wieder entsperrt.

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Author: Martin Schwarzbeck

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