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Neuer Vorschlag zur Chatkontrolle: Polen will Übergangslösung permanent machen

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

Neuer Vorschlag zur ChatkontrollePolen will Übergangslösung permanent machen

Bei der Chatkontrolle gibt es nun einen neuen Vorschlag, der deutlich von den bisherigen abweicht. Er will die derzeit geltende Übergangsregelung des freiwilligen Scannens permanent machen. Doch auch diese Regelung ist umstritten.


Markus Reuter – in Überwachungeine Ergänzung
Die Chatkontrolle soll weiter private Kommunikation durchleuchten (Symbolbild). – Public Domain generiert mit Midjourney

In Sachen Chatkontrolle könnte Bewegung in die seit Langem stockenden Verhandlungen kommen. Ein neuer Vorschlag der polnischen Ratspräsidentschaft, den das französische Medium Contexte und Politico veröffentlicht haben, publizieren wir an dieser Stelle ohne Paywall.

Kern des neuen Vorschlages ist, dass die geltende Übergangslösung des freiwilligen Scannens permanent werden soll. Weite Teile der Übergangslösung scheinen in den neuen Vorschlag kopiert worden zu sein. Die Artikel 7-11, welche die Scanpflicht beschreiben, finden sich dagegen nicht mehr in dem Text.

Gleichzeitig wird das Scannen im neuen Text als „Prävention“ eingestuft. Diese Einstufung wirft die Frage auf, ob verschlüsselte Dienste überhaupt ausreichende Maßnahmen zur Risikominimierung durchführen können, ohne scannen zu müssen. Der Entwurf enthält zudem das umstrittene Scannen von unbekannten Material sowie Altersverifikationen und Netzsperren. Außerdem enthält der Text eine Evaluationsregelung. Nach dieser könnte die EU-Kommission nach drei Jahren entscheiden, ob es nun technisch und juristisch doch möglich sei, alle Kommunikation – und damit auch verschlüsselte Kommunikation – zu scannen.

Freiwilliges Scannen ist auch umstritten

Elina Eickstädt, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, sagt, dass der Vorschlag mehr Fragen offen lasse als er beantworte. „Auch wenn verpflichtendes Scannen nicht mehr zu finden ist, wird eine juristisch fragwürdige Ausnahmeregelung genutzt, um eine permanente Lösung zu präsentieren. Das Scannen von interpersoneller Kommunikation bleibt weiterhin unvereinbar mit geltendem EU-Recht“, so Eickstädt. Es sei nicht mehr als „wishful thinking“, zu glauben, dass das technisch oder juristisch irgendwann zulässig werden könnte.

Die bisherige freiwillige und temporäre Regelung ist umstritten, denn eigentlich ist es Online-Diensten verboten, die privaten Inhalte ihrer Nutzer:innen zu durchleuchten. Damit sie das trotzdem freiwillig machen und in diesem Fall automatisiert nach Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder suchen können, setzt die EU schon seit Jahren auf eine Ausnahmeregelung von der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation. Kritik daran gibt es unter anderem vom EU-Datenschutzbeauftragten.

Die EU-Kommission hatte 2022 einen ersten Gesetzentwurf zur Chatkontrolle vorgelegt. Die sogenannte CSAM-Verordnung soll Material über sexualisierte Gewalt gegen Kinder aufspüren, indem sie Kommunikations- und Internetdienste per Anordnung verpflichtet, eine Chatkontrolle durchzuführen. Dabei sollen die Kommunikationsinhalte der Nutzer auf solches Material durchsucht und bei Verdacht auf CSAM-Straftatbestände an eine Behörde gesendet werden.

Im Verlauf der Verhandlungen hatte sich das EU-Parlament auf einen Kompromiss geeinigt, der das Scannen von verschlüsselter Kommunikation ausschloss. Im EU-Rat hingegen gab es bislang trotz mehrerer Änderungen am Text keine Einigung. Diese Änderungen schlossen bisher das grundsätzliche Scannen verschlüsselter Kommunikation nicht aus und konnten deshalb die kritischen Länder nicht überzeugen.

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Author: Markus Reuter

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, der installations fachhandel im kölner norden, existiert inzwischen seit über 100 jahren.