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Neues aus dem Fernsehrat (101): Rundfunkräte dieser Welt, digitalisiert euch!

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.Der Autor ist…
Im ZDF-Fernsehrat ist seit 2016 „das Internet“ vertreten. Doch wie sieht es in den Aufsichtsgremien der anderen öffentlich-rechtlichen Sender aus – und wer sitzt dort eigentlich für digitale Themen mit am Tisch?
Die Ampel für mehr Digitales in den Rundfunkräten steht auf grün. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Ralph PetersDer saarländische Landtag berät aktuell eine Änderung des Saarländischen Mediengesetzes. Neben einer Reihe an Strukturveränderungen beim Saarländischen Rundfunk (SR) ist darin auch eine Reform des Rundfunkrats vorgesehen. Dieser soll staatsferner und kleiner werden – und erstmalig auch eine Vertretung für den Bereich „digitale Gesellschaft und Digitalwirtschaft“ bekommen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland befindet sich mitten im digitalen Transformationsprozess, in dem schon Unmögliches möglich geworden ist – etwa das gemeinsame Streaming-Netzwerk von ARD und ZDF. Der Fokus vom linearen Angebot verschiebt sich zunehmend auf das Digitale, Verbreitungswege verschränken sich.
So können die Sender bisher eher schlecht erreichte Zielgruppen wie jüngere Menschen besser bedienen und auch bei ihnen das dringend benötigte Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärken. Dass beim SR ab jetzt eine dezidierte Digitalperspektive bei der Aufsicht des Senders mitwirken soll, ist also überfällig.
Denn genau das ist die Aufgabe der Rundfunkräte, in denen neben Vertreter:innen der politischer Institutionen – die sogenannte „Staatsbank“ – vor allem Vertreter:innen verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen sitzen. Wer diese entsenden darf, regelt meist das Landesgesetz, bei den Nominierungen sind die Entsendeorganisationen dann unabhängig.
Vertreter:innen von Gewerkschaften, Religionen, Verbraucherschützer:innen, Wissenschaftler:innen, Familien-, Umwelt- und Jugendverbände – sie sollen die Interessen der Allgemeinheit gegenüber den Sendern vertreten und die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Dass letzteres leider nur unzureichend gelingt, haben letztes Jahr die Neuen Deutschen Medienmacher in einer lesenswerten Studie aufgearbeitet. Rundfunkräte sind an keine Weisungen ihrer entsendenden Verbände gebunden, aber bringen natürlich unterschiedliche fachliche und gesellschaftliche Perspektiven ein.
Drei Rundfunkräte mit Digitalperspektive am Tisch
Angesichts der Bedeutung der laufenden digitalen Transformation im Öffentlich-Rechtlichen überrascht es, dass bisher nur drei der 12 Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Digitalperspektive in ihren Reihen haben. Dezidierte „Digitalposten“ haben aktuell nur der ZDF-Fernsehrat (sogar doppelt, einmal „Digitalisierung“ und einmal „Internet“), der Hörfunkrat des Deutschlandradios und der WDR-Rundfunkrat. Der Rundfunkrat des SR käme also bald in diesen allzu illustren Kreis hinzu.
Eine Übersicht der Digitalvertretungen in den Aufsichtsgremien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten in Deutschland sieht so aus:

Digitalposten: ZDF (jeweils für Digitales und Internet), WDR, Deutschlandradio
Kein Digitalposten: BR, HR, MDR, NDR, Radio Bremen, RBB, SR (geplant), SWR, DW

Von wem kommt die Digitalperspektive?
Eine Digitalperspektive auf den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk sollte mehr sein als technischer Sachverstand. Es braucht eine breite Perspektive auf gesellschaftliches Kommunikations- und Informationsverhalten in einer digitalisierten Öffentlichkeit – gerade, weil die Themen nun in alle strategischen Fragen der Sender hineinragen.
Ziel sollte sein, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als öffentliches, staatsfernes, nicht-profitorientiertes und gebührenfinanziertes Medienangebot nicht einfach nur den neuen technologischen Rahmenbedingungen anzupassen, sondern vielmehr sein Potenzial als „medialen Grundversorger“ in einer digitalen Welt zu heben. Damit würde er auch weiterhin einen wichtigen Beitrag für breiten demokratischen Diskurs und Verständigung in unserer Gesellschaft leisten.
Digitale Zivilgesellschaft kommt zu kurz
In der Realität hat „Digitales“ in den öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien allerdings einen anderen Schwerpunkt: Für fast alle Rundfunkräte liegt das Entsenderecht für Digitalposten bei Verbänden der Digitalwirtschaft. eco e. V. und BITKOM entsenden entweder gemeinsam (WDR) oder unabhängig voneinander (Deutschlandradio und „Digitales“ beim ZDF). Folgerichtig sitzen dann auch Branchenvertreter:innen in den Rundfunkräten und die drei Digitalisierungsposten bei WDR, Deutschlandfunk und ZDF sind aktuell durch Regulierungchefs und -zuständige von Vodafone, Telekom und Instagram besetzt.
Einzige Ausnahme ist bisher der Posten für „Internet“ beim ZDF: Nur hier liegt das Entsenderecht gemeinsam bei digitaler Zivilgesellschaft und Digitalwirtschaft. Die Verbände eco e.V. und medianet Berlin-Brandenburg, D64 und CCC dürfen diesen Posten gemeinsam alle vier Jahre besetzen.
Das Land Berlin, über das der Posten Internet laut ZDF-Staatsvertrag abgewickelt wird, hat mit diesem seit 2016 bestehenden Mechanismus also viel Weitsicht bewiesen, indem die digitale Zivilgesellschaft mit eingebunden wird. Das zeigt sich auch im Ergebnis: Beide bisherigen Besetzungen (Leonard Dobusch von 2016 bis 2022 und seither ich) bringen eine (zivil)gesellschaftliche Perspektive auf Digitalisierung mit.
Im Saarland ist diese breitere Perspektive auf Digitalisierung eigentlich schon in der Überschrift des entsendenden Themengebiets „digitale Gesellschaft und Digitalwirtschaft“ angelegt – bleibt abzuwarten, ob der Entsendemechanismus dies auch beides widerspiegeln wird.
Es gibt also zwei Erkenntnisse: Erstens, mehr Rundfunkräte in Deutschland sollten eine Digitalperspektive mit an Bord haben, um die Transformation der Sender und ihren gesellschaftlichen Auftrag auch aus dieser Perspektive zu begleiten. Das Saarland geht hier für den Saarländischen Rundfunk gerade einen richtigen Schritt.Die anderen Rundfunkanstalten sollten in den anstehenden Reformprozessen mehr Rundfunkräte für Digitales bekommen.
Und zweitens liegt der Teufel im Detail, denn die Entsendemechanismen entscheiden darüber, wer am Ende für Digitales mit am Tisch sitzt. Es braucht die Perspektive der digitale Zivilgesellschaft, denn Digitalisierung ist mehr als Wirtschaft.

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Author: Laura-Kristine Krause

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