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Olympische Spiele 2024: Frankreich will „intelligente“ Videoüberwachung ausweiten

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.Der Autor ist…
Vor den Olympischen Sommerspielen bereitet die französische Regierung den Boden für mehr Videoüberwachung. Das Parlament verhandelt derzeit über ein neues Gesetz, manche Politiker:innen wollen dabei auch eine automatisierte Gesichtserkennung im öffentlichen Raum durchsetzen. Ob sie eine Mehrheit finden, ist jedoch fraglich.
Unter Beobachtung: Frankreich bereitet sich auf die Olympischen und Paralympischen Spiele im Jahr 2024 vor – unter anderem mit einer Ausweitung von Videoüberwachung. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / USA TODAY NetworkFrankreich will vor den Olympischen und Paralympischen Spielen im Sommer 2024 aufrüsten und das sportliche Großereignis mit „intelligenter“ Videoüberwachung begleiten. Ein zeitlich begrenztes Gesetz soll den Behörden Spielraum eröffnen, um mit dieser Technik experimentieren zu können, berichtet Politico.
Zu sogenannter intelligenter Videoüberwachung zählt etwa automatisierte Gesichtserkennung, aber auch die Erkennung verdächtiger Gegenstände, etwa eines unbeaufsichtigten Koffers in einem Flughafen. Ähnliche Techniken erproben deutsche Behörden am Berliner „Sicherheitsbahnhof“ Südkreuz, eine Ausweitung auf das gesamte Bundesgebiet ist bislang an heftigem Widerstand gescheitert.
Keine biometrische Überwachung
Um das geplante französische Gesetz wird bereits seit einiger Zeit gerungen. Ursprünglich standen Überlegungen im Raum, auch Videoüberwachung mit Gesichtserkennung in Echtzeit zuzulassen. Der Bürgermeister von Nizza bezeichnete die Datenschutzbehörde CNIL als „verstaubt“, weil sie den Einsatz verhindere. Letztlich fehlen der Regierung von Premierministerin Élisabeth Borne aber wohl die notwendigen Stimmen im Parlament, um biometrische Überwachung ins Gesetz zu packen.
Manche Abgeordnete machen sich indes weiterhin für Gesichtserkennung stark, schreibt Politico. Ob sie sich mit ihrer Forderung durchsetzen können, bleibt vorerst offen. Letzte Woche hatte der Senat noch einige verbesserte Transparenzmaßnahmen beschlossen, das Gesetz muss aber noch durch die Nationalversammlung. Im Herbst hatte die Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra noch versichert, der Einsatz von Gesichtserkennung sei „vollkommen und ausdrücklich“ ausgeschlossen.
Biometrische Überwachungssysteme können einzelne Personen im öffentlichen Raum anhand ihrer Gesichtszüge oder ihres Gangs identifizieren. Sie gelten wegen ihres hohen Missbrauchspotenzials und technischer Mängel als invasiv und riskant. In Verbindung mit dem flächendeckenden Einsatz von Überwachungskameras würde die Technologie bedeuten, dass jede Person jederzeit identifiziert und verfolgt werden kann. Entsprechend argwöhnisch beäugen Datenschützer:innen und Grundrechte-Organisationen die regelmäßig wiederkehrenden Anläufe, die Technik flächendeckend oder auch nur testweise auszurollen.
Datenschutzbehörde mahnt zu Vorsicht
Auch die französische Datenschutzbehörde CNIL warnt vor automatisierter Videoüberwachung, selbst wenn sie ohne Gesichtserkennung auskommt. Nur unter bestimmten Umständen sei eine begrenzte Anzahl von Anwendungsmöglichkeiten denkbar, heißt es in einem Leitfaden der Behörde, beispielsweise für das automatisierte Zählen von Fußgängern an einer Straßenkreuzung.
Dem nun geplanten Gesetz hat CNIL inzwischen trotzdem grünes Licht gegeben. Es handle sich um einen in Zeit und Ort begrenzten Testlauf, biometrische Daten würden nicht verarbeitet, und eine Verknüpfung mit anderen Datenquellen sei nicht vorgesehen, so CNIL. Vorsicht sei dennoch angebracht, schreiben die Datenschützer:innen: „Der – auch experimentelle – Einsatz dieser Geräte ist ein Wendepunkt, der dazu beitragen wird, die allgemeine Rolle zu definieren, die diesen Technologien und generell der Künstlichen Intelligenz zugeschrieben wird.“
EU könnte Gesichtserkennung verbieten, wenn sie wollte
Über diese Rolle diskutiert derzeit auch die EU. In ihrem Gesetzesvorschlag zur Regulierung Künstlicher Intelligenz, dem sogenannten AI Act, stuft die EU-Kommission zwar biometrische Systeme als hochriskante Anwendungen ein. Unter bestimmten Auflagen will sie Gesichtserkennung in Echtzeit aber dennoch zulassen. Als Beispiel nennt die Kommission die gezielte Suche nach Opfern von Kriminalität oder die Abwehr drohender Terrorangriffe.
Erst im Dezember konnten sich die EU-Länder auf eine gemeinsame Position einigen und schlossen sich der Kommission weitgehend an. Zugestimmt hatte im Rat auch Deutschland, was zu veritablen Verstimmungen unter den Koalitionspartnern geführt hat. Im Koalitionsvertrag sprach sich die Ampel noch strikt gegen „biometrische Erkennung“ im öffentlichen Bereich aus. In der Vergangenheit stellte sich das EU-Parlament gegen diese Form der Massenüberwachung.
Französischen Datenschützer:innen geht selbst die Testphase, die erst Mitte 2025 zu Ende gehen soll, zu weit. Die Olympischen Spiele seien ein Vorwand, um Maßnahmen durchzusetzen, auf die die Sicherheitsindustrie lange gewartet habe, sagte Bastien Le Querrec von der Digital-NGO La Quadrature du Net zu Politico. Zu befürchten sei, dass einmal eingeführte Systeme später in den Normalbetrieb übergingen, so Le Querrec. Dies sei zuletzt nach den terroristischen Anschlägen im Jahr 2015 passiert, die teils drakonische Gesetzesverschärfungen nach sich zogen – und die nach dem Ende des Notstands nicht widerrufen wurden.

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Author: Tomas Rudl

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