Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.
Recht auf Internet: Mindestversorgung mit Internet soll sich verbessern
Das Recht auf Internet hat sich zwar noch nicht weitflächig durchgesetzt. Jetzt sollen aber die Mindestbandbreiten angehoben werden, um mehr Menschen digitale Teilhabe zu ermöglichen. Als Basis dient ein Prüfbericht der Bundesnetzagentur, den wir veröffentlichen.
Jede:r Bürger:in in Deutschland hat den Anspruch auf einen Internetanschluss zu Hause. Doch gerade in abgelegenen Gebieten sind die Verbindungen schlecht. Geht es nach der Ampelmehrheit im Digitalausschuss, soll die Mindestbandbreite beim „Recht auf Internet“ nun erhöht werden: von 10 MBit/s auf 15 MBit/s im Download und von 1,7 MBit/s auf 5 MBit/s im Upload.
Damit schließen sich die Abgeordneten der Sicht der Bundesregierung sowie der Bundesnetzagentur an. Die entsprechenden Anträge soll der Digitalausschuss am Mittwoch billigen und damit den Weg für die Erhöhung freimachen.
Darüber berichtet hatte zuerst die Deutsche Presse-Agentur am Wochenende. Wir veröffentlichen die Dokumente nun in Volltext, einschließlich des Prüfberichts der Bundesnetzagentur zur sogenannten TK-Mindestversorgungsverordnung (TKMV).
Der lange erwartete Bericht der Regulierungsbehörde bildet die Grundlage für die geplante Erhöhung, die TKMV steckt wiederum den Rahmen für den Rechtsanspruch im Detail ab. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat sein Einvernehmen zum Ergebnis des Prüfberichts bereits erteilt.
Nun auch Mehrpersonenhaushalte berücksichtigt
Die Evaluation habe ergeben, dass die Erhöhung der Werte für den Internetzugangsdienst „angemessen“ und sogar „erforderlich“ ist, heißt es im Bericht. Denn erstmals wurde dabei auch die „Lebenswirklichkeit und die Nutzererfahrung bei der Verwendung der Dienste“ berücksichtigt.
Dazu zählen insbesondere Mehrpersonenhaushalte, wo sich mehrere Nutzer:innen die Bandbreite teilen müssen. Darauf hingewirkt hatten unter anderem Verbraucherschützer:innen, der Deutsche Landkreistag, der Bundesrat und nicht zuletzt der Digitalausschuss.
„Mit der Mindestversorgung schaffen wir Klarheit darüber, was jedem Haushalt an Internetversorgung zustehen muss“, sagt Johannes Schätzl, Berichterstatter der SPD. Zur gesellschaftlichen Teilhabe gehöre die digitale Teilhabe klar dazu. „Deshalb müssen alle Haushalte, auch mit mehreren Personen, ein Recht darauf haben, am digitalen Leben und Arbeiten teilhaben zu können“, sagt Schätzl.
Mindestversorgung als Sicherheitsnetz
Allerdings soll der Anspruch auf Internet weiterhin nur die letzte Haltelinie darstellen, wie der Prüfbericht klarstellt: „Das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten soll aufgrund der europäischen Vorgaben als Sicherheitsnetz dienen und die Erbringung der Dienste im Rahmen der Grundversorgung daher nur als Ultima Ratio in Frage kommen.“ Würden die Werte zu hoch liegen, könnte dies den flächendeckenden privatwirtschaftlichen und geförderten Ausbau beeinträchtigen, so die Sorge.
Vor solchen Verdrängungseffekten hatte die Breitbandindustrie gewarnt, was der Regulierungsbehörde zufolge jedoch nicht eingetreten ist. „Der Bundesnetzagentur sind keine Fälle bekannt, in denen aufgrund der Grundversorgung die Nachfrage nach einer Förderung zum Ausbleiben des Projekts geführt hätte“. Auch von einem Hemmnis für den privatwirtschaftlichen Ausbau sei nicht auszugehen, heißt es im Bericht.
Wenige Anträge, aber langwieriger Prozess
Als unbegründet hatte sich auch die Angst vor einer Antragsflut erwiesen. Mit rund 300.000 betroffenen Haushalten hat die Bundesnetzagentur im Vorfeld gerechnet, bislang eingegangen sind jedoch nur einige hundert Anträge. In ein paar Dutzend Fällen hat die Regulierungsbehörde tatsächlich eine Unterversorgung festgestellt.
Zur Versorgung eines Haushaltes hat sie bisher aber nur einen einzigen Netzbetreiber verpflichtet. Es soll sich um das Unternehmen SpaceX handeln, das das Satellitennetzwerk Starlink betreibt. SpaceX soll einen Neubau in Niedersachsen mit einem Anschluss ausstatten, wie jüngst eine Recherche von netzpolitik.org herausgefunden hat.
Die moderate Erhöhung der Mindestbandbreiten werde die Anzahl potenziell unterversorgter Adressen nicht explodieren lassen, schätzt nun der Prüfbericht. Vielmehr könnte sie sich beim verbesserten Upload bemerkbar machen: „Bei einer Erhöhung im Upload von 1,7 auf 5 Mbit/s steigt die Anzahl der potenziell unterversorgten Adressen bereits um ca. 13 % (2,54 auf 2,86 Mio.)“, heißt es.
Allerdings wurden hierbei bloß leitungsgebundene Anschlüsse einbezogen, die Mindestversorgung lässt sich auch über Mobilfunk oder Satellitenverbindungen herstellen. Am Wert für die Latenz soll im Übrigen nicht gerüttelt werden, weiterhin sollen 150 Millisekunden als maximal zumutbarer Wert gelten.
Nachweis soll einfacher werden
Verbesserungen soll es zudem beim Antragsprozess geben, der sich in der Praxis als umständlich und langwierig herausgestellt hat. „Wir haben uns dafür stark gemacht, dass die Unterversorgung innerhalb weniger Monate festgestellt werden kann“, sagen die grünen Berichterstatter:innen Tabea Rößner und Maik Außendorf in einer gemeinsamen Stellungnahme. „Weil auch der Prozess der Messung sehr aufwendig ist, wollen wir die Bundesnetzagentur auffordern, das Messtool zu vereinfachen beziehungsweise zu automatisieren.“
Auch der FDP-Berichterstatter Maximilian Funke-Kaiser wünscht sich ein schnelleres Verfahren. „Mit dem Entschließungsantrag stellen wir nun sicher, dass die Meldung einer Unterversorgung bei der Bundesnetzagentur bürokratieärmer und nutzerfreundlicher wird“, so der Bundestagsabgeordnete. „Das ist ein weiterer Schritt hin zu einem modernen Staat.“
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Author: Tomas Rudl