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Salzwedel: Nächste Kommune lehnt Fördermittel für Demokratiearbeit ab

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Während Kommunen wie Salzwedel Fördermittel für Demokratieförderung ablehnen, setzt der Landkreis Dachau ein Zeichen und stärkt die Zivilgesellschaft.

Von Timo Reinfrank|

In Salzwedel kommt es zu einem gefährlichen Präzedenzfall bei der Demokratieförderung.

(Quelle: Rainer Kubulek | Pixabay)

Die Stadt Salzwedel in Sachsen-Anhalt hat eine bereits zugesagte Förderung von 700.000 Euro aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ abgelehnt, wie die Volksstimme aus der Stadtratssitzung berichtet. Über acht Jahre hinweg hätten mit den Mitteln Jugendprojekte, lokale Initiativen und Vereine unterstützt werden können – ohne zusätzliche Belastung für den kommunalen Haushalt. Doch eine Mehrheit aus CDU, AfD und der Freien Fraktion verhinderte die Umsetzung. Mit der Begründung, dass die Stadt einen Eigenanteil von 4.500 Euro pro Jahr hätte tragen müssen – eine Summe, die der Bürgermeister Olaf Meining (parteilos) nach eigenen Angaben bereits durch Einsparungen kompensiert hatte. Statt sich klar von der rechtsextremen AfD abzugrenzen, wurde von der Salzwedeler CDU ein Kurs eingeschlagen, der deren Einfluss normalisiert.

Die Ablehnung traf nicht nur die Finanzierung von Jugendbeteiligung, sondern auch die geplante Koordinationsstelle für Demokratieförderung. Hinter der Entscheidung steht offenbar auch eine politische Ablehnung des bundesweit bekanntesten Vereins aus Sachsen-Anhalt „Miteinander e.V.“, der die Projekte begleiten sollte und vor allem der AfD seit Jahren ein Dorn im Auge ist.

Ein gefährlicher Präzedenzfall für weitere Kommunen

Salzwedel ist kein Einzelfall. Bereits im sächsischen Landkreis Bautzen wurden bewilligte Fördermittel in gleicher Höhe zurückgegeben. Generell geraten bundesweit Demokratieförderprogramme unter Druck. Auch in der Stadt Bautzen gab es eine kontroverse Diskussion darüber, ob die „Partnerschaft für Demokratie“ weitergeführt werden sollte. Städte, Gemeinden und Landkreise können im Rahmen von lokalen Partnerschaften für Demokratie Handlungskonzepte zur Förderung von Demokratie und Vielfalt entwickeln und umsetzen. Zur Durchführung konkreter Vorhaben stellt das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ den geförderten Kommunen Gelder für einen Aktions- und Initiativfonds zur Verfügung. Vor allem die AfD und das Bürgerbündnis Bautzen setzten sich für den Ausstieg aus dem Programm ein. Doch anders als im Landkreis entschied sich der Stadtrat von Bautzen im September 2024 mit knapper Mehrheit dafür, das Programm fortzuführen.

Parallel dazu mehren sich politische Signale, die demokratiefördernde Strukturen hinterfragen. Ein Beispiel dafür ist eine umfangreiche Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die der Bundesregierung 551 Fragen zu den Themen politische Neutralität staatlich geförderter Projekte, Gemeinnützigkeitsrecht und Transparenz bei der Mittelvergabe gestellt hat. Dabei geht es auch um Trägerorganisationen von „Demokratie leben!“ und deren politische Haltung. Die Fraktion fordert eine detaillierte Übersicht darüber, welche zivilgesellschaftlichen Akteure gefördert werden, wie deren politische Unabhängigkeit sichergestellt wird und inwieweit sie sich auf Grundlage des Gemeinnützigkeitsrechts ausschließlich mit demokratischen Grundwerten vereinbaren lassen.

Während eine kritische Auseinandersetzung mit Förderstrukturen legitim ist, zeigt sich, dass die öffentliche Diskussion über diese Fragen Auswirkungen auf die Praxis in den Kommunen hat. Die Ablehnung von Fördermitteln durch Städte wie Salzwedel oder Landkreise wie Bautzen kann auch als Folge dieser Debatte betrachtet werden. Kommunalpolitiker*innen stehen zunehmend unter Druck der rechtsextremen AfD, wenn es um die Entscheidung geht, ob sie Fördermittel für Demokratieförderung abrufen oder nicht.

Positives Beispiel: CSU-Landrat übernimmt Vorsitz der Partnerschaft für Demokratie

Dass es auch anders geht, zeigt der Landkreis Dachau. Dort wurde der CSU-Landrat Stefan Löwl vor einem Monat zum Vorsitzenden der Partnerschaft für Demokratie gewählt. Trotz der anhaltenden Diskussionen um die Förderstrukturen betont Löwl, dass die Partnerschaft für Demokratie politisch neutral arbeite und ein wichtiger Bestandteil für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sei.

Auch wenn er Verständnis für Transparenzfragen hat, sieht Löwl die Diskussion um die CDU-Anfrage kritisch. Die umfangreiche Befragung zur Neutralität geförderter Organisationen habe zu Verunsicherung in der Zivilgesellschaft geführt. Dennoch bleibt er bei der Unterstützung der Demokratiearbeit und lässt sich bei der Süddeutschen Zeitung zitieren: „Man nehme es mit der parteipolitischen Neutralität schließlich sehr genau.“

Demokratieförderung ist langfristige Prävention

Es braucht verlässliche Lösungen auf Bundes- und Länderebene, um Kommunen in der Demokratieförderung zu unterstützen. Viele dieser Programme wurden eingeführt, weil vorher in Jugendförderung und Kulturarbeit gekürzt wurde. Wer diese Mittel jetzt streicht, riskiert langfristig höhere gesellschaftliche Kosten.

Das Bundesfamilienministerium sollte es Kommunen mit einer sehr prekären Haushaltssituation ermöglichen, an dem Programm teilzunehmen und die Umsetzung von Partnerschaften für Demokratie ohne staatliche Beteiligung ermöglichen.

Denn wo Präventionsarbeit fehlt, steigt das Risiko von Radikalisierung, Polarisierung und Gewalt – insbesondere in Regionen mit starken rechtsextremen Strukturen. Statt Demokratieförderung auszubremsen, braucht es klare politische Unterstützung und Planungssicherheit. Positivbeispiele wie Dachau zeigen, dass sich Kommunen und Landkreise bewusst für die Demokratiearbeit entscheiden können – auch gegen politischen Druck. Dieses Engagement gilt es zu stärken!

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