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Scheuer: „Ich teile DeSantis’ Analysen“ – wie faschistoid ist Desantis?

Gemeinsam strahlen sie mal in die Kameras, mal schauen sie konzentriert drein – klassische PR-Bilder einer Politiker-Delegation auf Auslandsbesuch. Der frühere Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) war mit CSU-Kollegen in Florida. Mit dabei waren unter anderem der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), und die Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär (CSU). Ebenso in einem der Fotos zu sehen: Armin Petschner-Multari, der Gründer des rechten und CDU-nahen Think-Tanks „The Republic“. Für Ron DeSantis, den autoritären Gouverneur Floridas, hat Scheuer auf Twitter nur lobende Worte übrig: „Die starken strategischen und außenpolitischen Einschätzungen des Gouverneurs heben die transatlantische Zusammenarbeit hervor.“

Scheuer schreibt im Alt-Text zu einem der geposteten Bilder: „Mit Jimmy Patronis haben wir uns über Steuerreform, Entbürokratisierung und intensiv ausgetauscht. Die positive Entwicklung in Florida hängt eng mit der Entfesselung der Wirtschaft, der Versorgungssicherheit bei der Energie und der innovationsfreundlichen Regierungsarbeit zusammen.“ Jimmy Patronis ist der Chief Financial Officer für Ron DeSantis in der GOP Floridas. Welche positive Entwicklung in Florida Scheuer wohl meint? 

Das autoritäre Projekt von Desantis

Ein Blick in Patronis’ Twitter Account zeigt, dass es sich hier um einen Cheerleader von DeSantis’ autoritärem Projekt in Florida handelt. Nachdem Disney Floridas restriktives „Don’t Say Gay“-Gesetz, das die Erwähnung von LGBTQ-Themen und -Menschen an Schulen verbietet (und vor Kurzem auf alle Altersklassen erweitert wurde), öffentlich kritisierte, hatte DeSantis angekündigt, die Firma zu bestrafen – und befindet sich seitdem mit ihr im Clinch. Er drohte, ihr Steuerprivilegien, die sie seit der Ansiedlung ihre Vergnügungsparks in den 70er Jahren genoss, zu entziehen, und drohte mit weiteren Sanktionen. Ein Gouverneur, der eine Firma für Kritik an seiner Gesetzgebung mit allen ihm zur Verfügung stehenden staatlichen Mitteln bestraft – super Sache, findet zumindest Patronis, den die CSU-Delegation traf und von dem Scheuer auf Twitter schwärmt. 

Patronis sagte „Fox News“: „Ob sie nun zwei oder vier Jahre lang mit Ron DeSantis als Gouverneur zu tun haben, Disney sollte rund um die Uhr daran arbeiten, das wiedergutzumachen. Mit diesem Mann will man keinen Streit anfangen.“ Das sollte wohl ein Kompliment sein, offenbart aber ein zweifelhaftes Verständnis vom Rechtsstaat.

So Anti-LGBTQ ist Desantis

Und auch über das „Don’t Say Gay“-Gesetz, das die Erwähnung der Existenz von LGBTQ-Menschen in Schulen und Kindergärten verbietet, hat Patronis nur Gutes zu sagen: „Diese Ideen […] sind organisch. Mamas und Papas wollen diese Maßnahmen“, behauptete er gegenüber dem rechtsextremen Sender „OANN“ – natürlich ohne jeden Beleg für seine Aussagen. Tatsächlich sind die als  „pro-Elternrechte“ verharmlosten Gruppen, die gern von rechten Medien wie „Fox News“ zitiert werden, keine Graswurzel-Bewegungen, sondern rechte politische Organisationen, mit engen Beziehungen – inklusive Finanzierung – zu Institutionen der Religiösen und Politischen Rechten

Florida hat in der letzten Legislaturperiode eine Vielzahl von anti-LGBTQ-Gesetzen verabschiedet. Seitdem ist es Lehrern verboten, Schüler nach dem von ihnen bevorzugten Pronomen zu fragen, oder den Schülern die eigenen Pronomen mitzuteilen, wenn diese nicht mit dem bei der Geburt eingetragenen Geschlecht übereinstimmen. Kurz gesagt: In Florida muss an Schulen jetzt mis-gendert werden. Außerdem hat Florida ein trans-feindliches „Bathroom“-Gesetz verabschiedet, das es zur Ordnungswidrigkeit macht, wenn trans Personen in staatlichen Institutionen die Toilette benutzen, die ihrer Gender-Identität entspricht. 

Scheuer teilt Desantis Hass auf LGBTQ?

Die Delegation aus CSU-Politikern traf auch DeSantis höchstpersönlich: „Der Termin mit Ron DeSantis war ein echter Höhepunkt dieser Reise. Der Gouverneur hat sich viel Zeit genommen, um mit uns zu sprechen“, sagte Scheuer t-online. Andreas Scheuer hat, zumindest, was ihn selbst betrifft, alle Zweifel ausgeräumt: Seine Unterstützung von DeSantis beruht nicht auf Ahnungslosigkeit, sondern auf ideologischer Übereinstimmung. Bezüglich DeSantis’ anti-LGBTQ-Ansichten, sagt Scheuer im selben Interview: 

„Es gibt aktuelle Fragen, zum Beispiel bezüglich des sogenannten Geschlechterwechselgesetzes der Ampel, die ich sehr kritisch sehe. Auch DeSantis adressiert das in anderem Kontext klar. Er warnt davor und will bestimmte Zeitgeistentwicklungen unterbinden. Ich teile die Analysen von DeSantis. Das mag einige schockieren. Aber dazu stehe ich.“

DeSantis’ Landesregierung hat ein weiteres Gesetz verabschiedet, laut dem Gerichte Eltern, die ihren trans Kindern und Jugendlichen die überlebenswichtige gender affirming-Gesundheitsversorgung ermöglichen, das Sorgerecht entziehen können. Die Organisation „Human Rights Campaign“ nennt den verabschiedeten Gesetzentwurf 254:

„einen extremen, beispiellosen Angriff auf transgender Personen, ihre Gesundheitsversorgung und die Familien und Gesundheitsdienstleister, die sich um sie kümmern. Der Gesetzentwurf sieht ein Verbot der geschlechtsangleichenden Pflege vor, das auch Eltern, die ihre transgender Kinder unterstützen, die elterlichen Rechte entziehen würde.“

Harte Strafen gegen Personal, das schwangerschaftsabbrüche vornimmt

Es ist ein ungeheurer Eingriff derer, die angeblich für „Elternrechte“ (bedeutet: Die „Rechte“ transfeindlicher Eltern, ihrem Kind die Gesundheitsversorgung zu entziehen) kämpfen, in die Rechte von Eltern: Gerichte in Florida dürfen jetzt

 „die Sorgerechtsentscheidung eines anderen Staates für einen jungen Menschen [aufheben], wenn seine Eltern eine altersgerechte, geschlechtsangleichende Gesundheitsversorgung genehmigt haben oder genehmigen könnten.“

Das Gesetz sieht Strafen, wie auch bei zahlreichen Abtreibungsverboten auch für das medizinische Personal vor.  Im Gesetz ist die Rede von 

„strafrechtliche(n) Sanktionen (einschließlich Verbrechensstrafen)” für Gesundheitspersonal vor, das geschlechtsangleichende Gesundheitsversorgung anbietet. Es verbietet außerdem den Einsatz öffentlicher Gelder zu diesem Zweck.”

Damit nicht genug: Ron DeSantis hat präsidiale Ambitionen, auch wenn die Erfolgsaussichten dafür momentan sehr schlecht aussehen. Daher muss er sich als der „Kulturkämpfer“ schlechthin darstellen – sprich, nicht nur die Rechte von LGBTQ Menschen beschneiden, sondern auch die von Frauen und Schwangeren Personen, um bei der MAGA-Basis zu punkten. Daher hat DeSantis gerade erst ein drakonisches Abtreibungsverbot ab der 6. Schwangerschaftswoche, das seine GOP-Mehrheitsfraktion beschlossen hatte, unter Ausschluss der Öffentlichkeit unterschrieben, während Abtreibungsgegner im State Capitol demonstrierten. 

Desantis schränkt massiv viele Freiheiten ein

Die von DeSantis geführten Republikaner in Florida haben außerdem die Freiheit von Universitäten massiv eingeschränkt: Wenn sie sich nicht an die christlich-nationalistische Linie des Gouverneurs halten, drohen der Entzug öffentlicher Gelder und Strafen. Dasselbe gilt für den Geschichtsunterricht an Schulen und Bücher in Schulbibliotheken: DeSantis’ Regierung hat im Kongress Floridas ein Gesetz verabschieden lassen, das zur Folge hatte, dass Bücher, die Rassismus und LGBTQ-Themen beinhalten, auf der verbotenen Liste standen. Getarnt wird das als Kampf gegen „Pornografie“ und „Critical Race Theory“.

Bemerkenswert ist das Treffen der CSU-Delegation aus außenpolitischer Sicht vor allem jetzt, da DeSantis Präsidentschaftswahlkampf – zumindest laut Einschätzung vieler innenpolitischer amerikanischer Experten – vorbei sein soll, noch bevor er begonnen hat. In der Florida GOP wird ungehaltenes Gemurmel lauter, weil er durchs Land reist und sein Buch bewirbt, in dem er verkündet, sein autoritäres Programm für Florida sei eine Blaupause für die ganzen Vereinigten Staaten. Er ist unbeliebt bei Kollegen und seine internationale Tour floppte laut Pressestimmen. In einer Umfrage von Ende April liegt DeSantis bei Republikanischen Vorwahl-Wählern 37 Prozentpunkte hinter Trump. 

Desantis faschistoide Politik

Es scheint, als hätten die zweifelnden Stimmen vieler Experten richtig gelegen: Das Prinzip DeSantis funktioniert in Florida, aber der Mann ist nicht bereit für die nationale Bühne (siehe sein bizarrer Auftritt in Japan). Charisma kann man nicht lernen, und DeSantis gilt als menschlich wenig sympathisch, ganz abgesehen von seiner faschistoiden Politik. 

Was könnte Andreas Scheuer wohl mit den „starken strategischen und außenpolitischen Einschätzungen des Gouverneurs“, die er in seinem Tweet lobt, meinen? Die Kritik von DeSantis an der militärischen Hilfe für die Ukraine? Die zunehmend isolationistische außenpolitische Haltung der Republikaner, inklusive DeSantis? 

Der Besuch der CSU-Delegation muss als Signal verstanden werden – und lässt mehrere parallele Schlüsse zu. Zum einen: Wie auch in der Republikanischen Partei scheint es dort einige zu geben, die von einem Präsidenten DeSantis träumen. Er hat teils extremere Positionen als Trump, setzt diese in Florida auf drakonische Art um und schafft so effektiv einen Bundesstaat nach den Vorstellungen des Weißen, christlichen Nationalismus. Aber er wirkt weniger krass als Trump, die Ausstrahlung, hat weniger Wrestlemania und hat mehr von einem konservativen Think-Tank. Respektabilität statt Gepöbele, bei gleichem oder schlimmerem Inhalt. 

Muss man mit solchen Leuten reden?

Zum anderen: Dass die CSU-Delegation sich ausgerechnet jetzt mit DeSantis trifft, spricht auch dafür, dass ihre Mitglieder recht wenig Ahnung davon haben, wie DeSantis’ Chancen stehen, tatsächlich zum Republikanischen Kandidaten gekürt zu werden: schlecht. 

Umso entlarvender, dass die CSU-Delegation so offen zeigt, mit wem sie sich verbunden fühlt. 

Da hilft dann auch die klassische Verteidigungslinie, in der Diplomatie müsse man halt mit allen sprechen, nicht mehr – vorgebracht, beispielsweise in Reaktion auf den Florida-Besuch durch den Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger. Der twitterte:

„Es gibt in der Tat Positionen v DeSantis, die heftige Kritik verdienen. Andererseits: D hatte riesige Probleme, mit Trump 2016  ins Gespräch zu kommen, weil man versäumt hatte, Kontakte zu ihm bzw. zu seinem Stab aufzubauen. Merke: Diplomatie heißt, insb.auch mit Gegnern zu reden.“ [sic]

Präventive Appeasement-Politik 2023 heißt anscheinend, aus 2016 die Lehre zu ziehen, man hätte nur mehr mit Faschisten plaudern müssen, um besser dazustehen.

„Beziehungen mit Faschisten pflegen.“

Auf Kritik hin verharmlost Ischinger den Trip dann als „Bildungsreise“ der CSU:  „Wer glaubt, es könne für D strategisch sinnvoll sein, sich auf US Seite nur die rauszupicken, mit denen man „kann“, der hat von unseren (selbstverschuldeten) politisch-militärischen Abhängigkeiten von US nichts verstanden.“ Die militärische Abhängigkeit von den USA wird jedoch durch Kritik nicht infrage gestellt – es ist die Spitze des Zynismus, zu behaupten, die CSU-Delegation arbeite für die deutsche nationale Sicherheit auf der Weltbühne, während ignoriert wird, was sich abzeichnet: Eine deutsche Partei, die deutlich signalisiert, dass sie den despotischsten GOP-Gouverneur der Vereinigten Staaten und seine menschenfeindliche Agenda gutheißt. Die Journalistin Nadia Zaboura fasst die von Ischinger vertretene Politik auf Twitter folgendermaßen zusammen: 

„Beziehungen mit Faschisten pflegen. Man nennt es auch „Realpolitik„, wissentlich ausgeführt auf dem Rücken aller Menschen, denen sie das Menschsein absprechen, die sie marginalisieren, verfolgen, unter Strafen stellen.“

Angesichts der zunehmenden Vernetzung der internationalen Rechten – erst vor ein paar Tagen erneut auf CPAC in Budapest zu beobachten, geladen war u.a. Hans-Georg Maaßen – ist es der Gipfel der Naivität (oder Ignoranz), die Zeichen der Zeit nicht erkennen zu wollen oder zu bestreiten.

CSU ist voll auf den „Kulturkampf“-Zug der Republikaner aufgesprungen

Verwunderlich ist der DeSantis-Besuch tatsächlich nicht: Dass Kriminalisierungserzählungen, Tabuisierung und moralische Panik bei der CSU derzeit hoch im Kurs stehen, ist seit längerem klar – die CSU ist voll auf den „Kulturkampf“-Zug der Republikaner aufgesprungen. Die Münchner CSU versuchte jüngst, die Lesung einer Drag Queen für Kinder in der Stadtbibliothek München verbieten zu lassen – CSU-Generalsekretär Martin Huber behauptete, dabei handle es sich um „woke Frühsexualisierung“ – eins zu eins von DeSantis und Co übernommenes rechtes Kampfvokabular (auch die Münchner SPD und AfD machten gegen die Lesung Stimmung).

Markus Söder verbreitete bei Markus Lanz Lügenmärchen zum Essen in bayerischen Kitas (durch linken Zwang sei dort Fleisch verboten). DeSantis setzt in Florida die Polizei für die Durchsetzung seiner eigenen politischen Agenda ein, schüchtert Menschen an der Wahlurne ein und hat ein Gesetz unterzeichnet, das Menschen, die Demonstranten mit dem Auto umfahren, straffrei lässt. Getarnt ist das Ganze als „Anti-Riot“-Gesetz, dabei dient es der Kriminalisierung von unliebsamen Demonstrierenden. In München mussten Klimaaktivisten nach Protestaktionen ins Gefängnis. Markus Söder forderte für Klimaaktivisten der letzten Generation: 

„Strafen, die wirksam sind, keine leichten Geldstrafen, sondern beispielsweise einen Arrest, oder eine entsprechende Haftstrafe, wenn es um besonders schwere Fälle geht.“ 

Schon vor einigen Jahren ordnete Söder an, dass in jeder bayerischen Behörde ein Kreuz hängen müsse. In Texas haben Republikaner im Senat gerade übrigens (verfassungswidrig) per Gesetz beschlossen, dass an jeder Schule die Zehn Gebote aufgehängt werden müssen und ein verpflichtendes Bibellesen und Beten verordnet wird. Man kann sich ausmalen, was ihre Freunde aus der Schwesterpartei CSU davon halten dürften.

Artikelbild: Peter Kneffel/dpa (Scheuer)/Screenshot https://twitter.com/andreasscheuer/status/1654360251888484352

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