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Studie: Ehe für Alle senkte Suizidrate bei Teenagern in den USA

Es gibt gute Nachrichten! Eine Studie aus den USA deutet auf einen Zusammenhang zwischen der eingeführten „Ehe für Alle“ und einer gesunkenen Suizidrate bei jungen Mitgliedern der LGBTQ+ Community hin! Dass solche positiven Studienergebnisse aber auch schnell von Rechten falsch interpretiert werden können, um Hass zu erzeugen, zeigen wir euch in diesem Artikel.

Disclaimer: Wenn du dich mit Themen wie Suizid oder Tod unwohl fühlst, lies dir diesen Artikel bitte nicht durch. Hilfe in schwierigen Situationen findest du unter https://www.telefonseelsorge.de.

Todesursachen von Heranwachsenden in den Vereinigten Staaten

„Homicide“, also Mord oder Tötung von Menschen, ist bis heute die häufigste Todesursache von Kindern und Jugendlichen in den Vereinigten Staaten. Von den 2020 durch Waffengewalt gestorbenen Heranwachsenden (insgesamt 4.368), waren knapp zwei Drittel Opfer eines Homizids.

Direkt dahinter lag im Jahr 2017 als zweithäufigste Todesursache für Heranwachsende zwischen 15 und 24 Jahren der Suizid. Insgesamt lag die Suizidrate in den USA laut WHO im Jahr 2019 bei 16,1 pro 100.000 Personen. Damit haben die Vereinigten Staaten im Vergleich zu den anderen G7-Staaten übrigens die höchste Suizidrate. Heranwachsende, die beispielsweise zu einer sexuellen Minderheit gehören, sind in den USA sogar noch häufiger suizidgefährdet.

Ergebnisse aus 42 amerikanischen und kanadischen Studien zeigen dazu erschreckendes: Durchschnittlich hat bereits jede zweite der knapp 26.000 befragten Transgender-Personen mindestens einmal in ihrem Leben ernsthaft über einen Suizid nachgedacht. Ein Grund dafür könnte sein, dass Anhänger:innen der LGBTQ+ Community häufiger mit negativen Reaktionen oder sogar Gewalt aufgrund ihrer Sexualität zu kämpfen hatten. 2015 wurden beispielsweise 34 % der befragten LGBTQ+ Schüler:innen schon einmal auf dem Schulgelände gemobbt. 10 % der Befragten wurden sogar schon einmal auf dem Schulgelände mit einer Waffe bedroht oder davon verletzt!

Heranwachsende, die sich als Teil der LGBTQ+ Community sehen, haben es also im Alltag oftmals sehr viel schwerer als Jugendliche, die sich als heterosexuell identifizieren. Deswegen versuchte eine großangelegte Studie zwischen Anfang 1999 und Ende 2015 herauszufinden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Einführung der „Ehe für Alle“ und den Suizidraten von Jugendlichen gibt.

Studienergebnisse: Suizidrate sinkt mit Einführung der Ehe für alle!

In der Studie der American Medial Association wurden Daten aus 16 Jahren von 762.678 Schülerinnen und Schüler aus allen Staaten der USA analysiert. Der Zeitraum bezieht sich dabei auf die 15 Jahre vor der Einführung der „Ehe für Alle“ in 32 Bundesstaaten und dem ersten Jahr (ab dem 01.01.2015) nach der Einführung. Von den teilnehmenden Highschool-Schüler:innen, die sich als heterosexuell identifizierten, berichteten 8,6 % von mindestens einem Suizidversuch in den letzten 12 Monaten. Von den befragten Schüler:innen, die sich als Teil einer sexuellen Minderheit sahen, meldeten sogar 28,5% mindestens einen Suizidversuch im vergangenen Jahr.

Diese Daten stammen aus dem Zeitraum vor der Einführung der „Ehe für Alle“. Nach der Einführung in 32 Bundesstaaten fiel die Suizidrate der in diesen Staaten lebenden Jugendlichen um 7%. Bei LGBTQ+-Schüler:innen fiel sie sogar um 14%! In Staaten, in denen es keine Gesetzesänderung bezüglich gleichgeschlechtlicher Ehe gab, veränderten sich die Suizidraten jedoch nicht. Aufgrund dieser Studienergebnisse kamen die Forscher:innen zu dem Schluss: Die Einführung der „Ehe für Alle“ sorgte nach ihren Erkenntnissen zu einer drastischen Senkung der Suizidrate unter Jugendlichen.

„Ehe für alle“ trägt zur Entstigmatisierung bei

Natürlich muss man diese positiven Ergebnisse aber auch in einen gewissen Kontext setzen. Denn erstmal könnte man meinen, dass eine Erweiterung der Heiratsmöglichkeiten keine direkten Auswirkungen auf Jugendliche hat. Die haben in dem Alter nämlich wohl eher andere Dinge als eine Hochzeit im Kopf! Trotzdem ist der Zusammenhang zwischen der Einführung der „Ehe für Alle“ und einer Senkung der Suizidrate von Teenagern nachvollziehbar.

Die „Ehe für Alle“ ist schließlich nicht nur etwas Positives für betroffene Paare, sondern sorgt auch für eine allgemeine Entstigmatisierung von Mitgliedern der LGBTQ+ Community. Jugendliche können durch eine solche Gesetzesänderung offener mit ihrer Sexualität umgehen. Sie bemerken, dass das Geschlecht ihres Partners/ihrer Partnerin vor dem Gesetz keine Rolle mehr spielt und sie lieben und heiraten dürfen, wen sie möchten. Und das wiederum kann auch die gefallenen Suizidraten erklären. Die Studie zeigt also, dass eine queer-freundliche Landespolitik zum Wohlbefinden von Anhänger:innen der LGBTQ+ Community beiträgt und Stigmatisierung reduzieren kann.

Rechter YouTuber macht aus guten Neuigkeiten Hass und Desinformation

Leider werden positive Studienergebnisse wie diese oftmals falsch interpretiert. Es scheint, als würde die gute Nachricht, dass tolerante Politik zum Wohlergehen von queeren Jugendlichen beiträgt, nicht allen gut bekommen. Eine ähnliche Studie – in der es um die Suizidraten von trans Personen ging – wurde nämlich kurz nach ihrer Veröffentlichung bereits von einem rechten YouTuber missinterpretiert. Anschließend verbreitete er diese Falschinformationen sogar auf TikTok, wo das Video aber mittlerweile nicht mehr verfügbar ist.

Er las die Studienergebnisse wohl bewusst fälschlicherweise so, als seien die Suizidgedanken von trans Personen nach ihrer Transition gestiegen. Dabei geht das überhaupt nicht aus der Studie hervor! Damit erweckte er perfide den Eindruck, eine Transition könne zu Suizidgedanken führen. Stattdessen ist es meistens der gesellschaftliche Druck auf trans Personen, der Suizidgedanken hervorruft. Mit seinen Falschinformationen wollte der Influencer – wie Rechte es gern tun – Hass gegen queere Menschen und besonders Transpersonen schüren.

Deswegen hier noch mal ein Appell an euch: Solltet ihr in Zukunft über von Influencer:innen präsentierte Studien stolpern, dann macht euch bitte immer die Mühe, selbst einmal in die Studie zu schauen. Viele Menschen beschäftigen sich nämlich nur oberflächlich mit Studienergebnissen und tragen diese dann eher falsch weiter. Ein wichtiges Indiz für eine seriöse und glaubhafte Aussage ist es immer, wenn eine Quelle angegeben wird. Nur so können Falschinformationen aufgedeckt werden! Auch wir vom Volksverpetzer sagen nicht, dass ihr uns einfach blind glauben sollt. Schaut in die Studien, die wir euch in jedem Artikel verlinken, hört den Wissenschaftler:innen und Expert:innen zu!

Sinkende Suizidrate zeigt: Ein offener Diskurs hilft!

Egal ob es also um die Suizidraten von queeren Jugendlichen oder trans Personen geht: Nicht heteronormative Gesellschaftsgruppen leiden bis heute deutlich unter Stigmatisierung und Diskriminierung. Dabei hat doch die oben vorgestellte Studie gezeigt, dass sich eine Entstigmatisierung von queeren Personen (durch die Einführung der „Ehe für Alle“) positiv auf die mentale Gesundheit von Jugendlichen auswirkt!

Dass ein offener Diskurs hilft, hat übrigens auch ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien herausgefunden. In einer Studie zeigten die Forscher:innen, dass öffentliche Berichte über das erfolgreiche Überwinden einer Krise (in der auch Suizidalität ein Thema ist), dazu beitragen können, Suizide bei den Rezipient:innen zu verhindern. Wir als Gesellschaft müssen also dafür sorgen, dass die Stigmen rund ums Queer-Sein endlich aus den Köpfen verschwinden, damit sich jede:r so ausleben kann, wie er:sie es möchte. Denn es rettet buchstäblich Menschenleben.

Wie lebensgefährlich antifeministische Politik sein kann, berichteten wir bereits im Januar. Mehr zu diesen tragischen Konsequenzen der restriktiven US-Abtreibungsgesetze findet ihr hier:

US-Gesetze gegen Abtreibung sind lebensgefährlich – kaum jemand redet mehr darüber!