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Urteile der Woche (KW 38): Körperscanner für AfD-Abgeordneten

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen Demokratiefeinde und Extremisten – es gibt auch immer mehr Urteile. Die Abgrenzung, wer „Querdenker“, Rechtsextremist, Antisemit, Reichsbürger oder alles gleichzeitig ist, fällt uns mit dem Wegfall der Covid19-Schutzmaßnahmen immer schwieriger. Am Ende wählen die meisten ohnehin die rechtsextreme AfD oder stehen ihr ideologisch zumindest nahe. Die Übergänge verfließen immer weiter. Zugleich haben viele der Verurteilten auch deutliche Schnittmengen mit anderen demokratiegefährdenden Gruppen, sodass wir uns nun entschlossen haben, die „Querdenker“-Urteile umzubenennen. Ab sofort veröffentlichen wir die „Urteile der Woche“, und zählen darin alle Demokratiefeinde, Desinformationsverbreiter und Wissenschaftsfeinde auf. Letzte Woche berichteten wir u.a. darüber, dass die AfD die Kunstfreiheit einschränken wollte und jemand verurteilt wurde, weil er Markus Söder beleidigte:

AfD-Mitglied und Waffennarr darf nur nach körperlicher Kontrolle den Landtag betreten

Kein Urteil, aber ein „beeindruckendes“ bisheriges Verfahren. Udo Stein ist Abgeordneter und einer von drei stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der AfD im Landtag von Baden-Württemberg und bekennender Waffenfan. Der baden-württembergische Landesverband der AfD wird bereits seit 2022 vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) als rechtsextremer Verdachtsfall eingeschätzt und beobachtet. Udo Stein war schon einmal bei uns Thema, aber in anderer Sache:

Im Juni macht er Schlagzeilen, da bei ihm die Immunität als Landtagsabgeordneter aufgehoben wurde. Anfang Juni fand bereits eine Hausdurchsuchung bei ihm statt, zum damaligen Zeitpunkt galt noch die Immunität und für gewöhnlich darf es dann keine Hausdurchsuchungen geben. Die Zeitung ZVW zitiert den Polizeisprecher, der den Vorgang einordnet: „Es habe eine „begründete Gefahr“ bestanden, zu deren Abwehr man „entsprechende Gegenstände“ beschlagnahmt habe.“ Darunter sollen auch illegale Waffen gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen zahlreicher Punkte gegen Udo Stein. Direkt nach der Hausdurchsuchung befand sich Udo Stein nach Angaben der ZVW in einer Psychiatrie, aus der er Anfang Juli entlassen wurde. Grund? Er soll in einer Stuttgarter Shisha-Bar Gäste mit einer Soft-Air Pistole bedroht haben. Sein Anwalt ist übrigens der CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Reinhard Löffler. Also falls wir an der Stelle noch einmal den Begriff ins Spiel bringen möchten.

Lange Liste von Tatvorwürfen

Nach übereinstimmenden Medienberichten ist die Liste der Vorwürfe lang: Verstoß gegen das Waffengesetz, tätlichem Angriff gegen Vollstreckungsbeamte, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Weiterhin: versuchte Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Amtsanmaßung, Missbrauch von Notrufen, falscher Verdächtigung und Vortäuschen einer Straftat. Ein Ritt durch das Strafgesetzbuch, aber von einem Abgeordneten der dem Wohle des Landes dienen soll. Selbstverständlich gilt derzeit noch die Unschuldsvermutung. Nach seiner Entlassung erhielt er seitens der Polizei jedoch unmittelbar eine Gefährderansprache. Er soll wohl auch eine Waffe in einem Waldstück „verloren“ haben, woraufhin Waldgebiete durchsucht worden sein sollen. Dieses Gewehr konnte dann aber in seinem Jagdhaus entdeckt werden, Udo Stein führte die Polizei persönlich dorthin. Bis auf funktionstüchtige Waffen aus dem Mittelalter habe die Polizei sämtliche Waffen mitgenommen. Dies erklärt sein Verteidiger in einem Interview gegenüber der ZVW. Über den Verbleib zweier weiterer Waffen scheint Unwissen zu herrschen.

Hausverbot im Landtag, mehrfach verlängert

Nach Bekanntwerden der Vorkommnisse und der Aufhebung der Immunität wurde zunächst bis zum 09.07.2023 ein Hausverbot gegen Stein verhängt. Dieses wurde kurz darauf bis zum Ende der Sommerferien am 24.09.2023 und dann noch einmal bis zum 29.10.2023 verlängert wurde, wie die Tagesschau berichtet. Wohl auch, weil zuvor in seinem Abgeordnetenbüro ein Messer und scharfe Munition gefunden wurde. Seine Büroräume durfte und darf er nach Anmeldung aber betreten, dazu erfolgte bislang immer eine Personenkontrolle um auszuschließen, dass er erneut Waffen mit sich führt. Stein selbst ist jedoch bis zum 16.10.2023 krankgeschrieben worden. Danach soll er künftig nur noch dann Zutritt zu den Landtagsgebäuden erhalten, wenn er sich vorab mittels Metalldetektor/Körperscanner überprüfen lässt, berichtete die BILD. Die Pressestelle selbst erklärte gegenüber t-online, dass man sich generell nicht zu den Sicherheitskonzepten äußere. Sie bestätigten dies nicht, dementierten es aber auch nicht.

Stein bereits früher auffällig – im Bordell

Im Mai 2023 übergab er der Polizei bereits zwei Waffen aus seinem Handschuhfach. Übrigens im Zusammenhang mit einem Einsatz in einem Stuttgarter Bordell wo er sich zunächst als Polizist ausgegeben haben soll. Kurz danach soll er vor einer Sexarbeiterin auf die Knie gefallen sein um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Udo Stein ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Eine Woche später soll es dann zu Streitigkeiten mit seiner Ehefrau und in dessen Folge einem weiteren Polizeieinsatz gekommen sein.

Ob er aufgrund seines offensichtlich psychisch angeschlagenen Zustands überhaupt schuldfähig ist, wird erst ein Prozess beantworten können. Alternativ könnte jedoch auch ein Unterbringungsverfahren nach dem PsychKG drohen, da seine Nähe zu Waffen und die bisherigen Ausraster als stark fremdgefährdend eingeschätzt werden könnten. Somit wäre er für längere Zeit in einer geschlossenen Anstalt untergebracht. Als Voraussetzung der Unterbringung findet sich im baden-württembergischen PsychKG unter §13 Abs. 3 folgender Punkt: „(3) Unterbringungsbedürftig ist, wer infolge einer psychischen Störung nach § 1 Nummer 1 sein Leben oder seine Gesundheit erheblich gefährdet oder eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für Rechtsgüter anderer darstellt, wenn die Gefährdung oder Gefahr nicht auf andere Weise abgewendet werden kann.“

Dies könnte hier durchaus als erfüllt gelten. Aber warten wir das weitere Verfahren erst einmal ab.

Lange Haftstrafe für Anführer – Sturm aufs Kapitol

Ihr erinnert euch noch, als im Januar 2021 plötzlich verkleidete und kostümierte Vollidioten das Kapitol in Washington stürmten, oder? Fünf Menschen starben damals. Ob Donald Trumps Populismus und Fake News Wegbereiter für diese demokratiezersetzende Aktion waren, konnte nicht abschließend gesichert werden, auch wenn die Vermutung naheliegt:

Der Anführer der Gruppe, die sogenannten „Proud Boys“, heißt Enrique Tarrio. Beim eigentlichen Sturm auf das Kapitol war er nicht vor Ort, da er bereits zwei Tage zuvor wegen illegalen Besitzes von Maschinengewehr-Munition festgenommen wurde. Er wurde jetzt aber aufgrund seiner Funktion in der Gruppe dennoch verurteilt. Verurteilt zu 22 Jahren Haft wegen „aufrührerischer Verschwörung“. Weitere ehemalige „Führungskräfte“ erhielten ebenfalls bereits ihre Urteile. So wurde Ethan Nordean zu 18 Jahren, Joseph Biggs zu 17 Jahren und Zachary Rehl zu 15 Jahren verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Tarrio kündigte an das Urteil nicht akzeptieren zu wollen.

Artikelbild: shutterstock/Canva/Collage

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