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Urteile der Woche (KW 40): AfD mehrfach gescheitert: Jens Maier darf nicht Richter sein, AfD darf beobachtet werden

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen Demokratiefeinde – es gibt auch immer mehr Urteile. Die Abgrenzung, wer „Querdenker“, Rechtsextremist, Antisemit, Reichsbürger oder alles gleichzeitig ist, fiel immer schwieriger. Am Ende wählen die meisten ohnehin die rechtsextreme AfD oder stehen ihr ideologisch zumindest nahe. Die Übergänge verfließen immer weiter. Zugleich haben viele der Verurteilten auch deutliche Schnittmengen mit anderen demokratiegefährdenden Gruppen, sodass wir uns nun entschlossen haben, die „Querdenker“-Urteile umzubenennen. Letzte Woche berichteten wir u.a. darüber, dass der rechtsextreme Sven Liebich eine weitere Haftstrafe vom Gericht erhalten hat:

Jens Maier (AfD) darf nicht mehr als Richter arbeiten

Jetzt ist es rechtskräftig: Der AfD-Politiker Jens Maier wurde in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Bis zu seiner Wahl in den Bundestag war das AfD-Mitglied Jens Maier als Richter am Landgericht Dresden tätig. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag wollte er zurück in den Richterdienst, doch dies wurde ihm untersagt. Man fürchtete auch aufgrund seiner seit 2020 andauernden Beobachtung durch den sächsischen Verfassungsschutz, dass er die notwendige Neutralität und Objektivität für den Richterdienst nicht mehr erfülle. Dadurch wurde ein „schwerer Schaden für das Ansehen der Justiz“ befürchtet.

Maier beleidigte nicht nur einen Sohn von Boris Becker, er verbreitete auch Narrative von einer „Herstellung von Mischvölkern“ und bezeichnete sich selbst auf Twitter als „AfD-Richter„. Unter anderem deswegen betrachtet ihn der sächsische Verfassungsschutz als Rechtsextremisten. Er kam auch in unserem Artikel „10 rechtsextreme Zitate der AfD“ vor.

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Zunächst durfte er 2021 zwischenzeitlich wieder als Richter arbeiten, aber zeitnah stellte das Gericht einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand. Dieser ging durch, jedoch legte Jens Maier dagegen Widerspruch ein, der immer wieder abgelehnt wurde:

Revision verloren – Pensionsansprüche auch?

Nach der jetzigen Revision war der Bundesgerichtshof mit der Urteilsfindung befasst – und kam zu dem Ergebnis, dass die Versetzung in den Ruhestand legitim ist. Maier biete „keine Gewähr dafür, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten werde“. Juristisch für Deutschland tatsächlich so etwas wie ein Novum: es gibt kaum Präzedenzfälle, in denen in Deutschland Richter:innen auf Grundlage des § 31 Deutsches Richtergesetz aus ihrem Amt erhoben wurden. Weiterhin klagt der Rechtsextremist Jens Maier gegen die seit 2020 andauernde Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Aber auch gegen ihn gibt es ein weiteres Verfahren. Eine Disziplinarklage, wodurch er sämtliche Bezüge verlieren würde. Dies schließt spätere Ansprüche auf Pension mit ein. Er würde damit komplett aus dem Richterdienst entfernt werden.

Tim Kellner beleidigte Sawsan Chebli, Nancy Faeser und Annalena Baerbock – Geldstrafe

Tim Kellners Leidenschaft sind Frauen. Zumindest dann, wenn er sie massivst beleidigen kann. Woher die Misogynie kommt, wissen wir nicht. Was wir aber wissen: Tim Kellner ist Wiederholungstäter. Der unehrenhaft aus dem Polizeidienst entlassene „Rocker“, der sich übrigens als „Love Priest“ ausgibt, verbreitet in erster Linie eines: Hass und Abwertung gegenüber Frauen. Des Weiteren werde er zwar bisher nicht vom Verfassungsschutz beobachtet, aber man verfolge seine Aktivitäten im Internet sehr genau. Besonders gerne dann, wenn sie in der Öffentlichkeit stehen. Die SPD-Politikerin Sawsan Chebli war, genauso wie Außenministerin Annalena Baerbock schon mehrfach Opfer seiner Verbalattacken. Dabei nutzt er nicht einfach nur stumpfe Beleidigungen, sondern gerne auch Beleidigungen auf sexueller Grundlage. Wie sich das für einen aufrechten Deutschen, der Angriffe von Schutzsuchenden auf (deutsche) Frauen verurteilt, anscheinend so gehört.

Ich persönlich finde beides verurteilenswert, aber es gibt anscheinend in seiner Realität gute und schlechte Sexisten. Klar ist, dass diese Art der Beleidigungen in erster Linie eins sind: der Versuch auf diese Art und Weise Macht auszuüben. Eine Pilotstudie des Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend beschreibt derartigen Sexismus im Alltag ebenfalls. Auch Bundestagsabgeordnete Emilia Fester und Innenministerin Nancy Faeser wurde von Kellner beleidigt. Da wir diese nur ungerne reproduzieren und den betroffenen Frauen zuschreiben wollen, hier nur eine Auswahl aus seinen geistigen Ergüssen: „aufgedunsene Dampfnudel“, „verlogene Göre“, „F+tze“, „B+tch“ etc.

Kellner bereits im April 2023 verurteilt

Während er offenbar bereits im April einen Strafbefehl für einen Videoclip gegen Außenministerin Annalena Baerbock erhalten hat, welchen er nicht annehmen wollte, wurden diese Woche gleich mehrere Verfahren verhandelt.

Darunter die oben aufgeführten Beleidigungen, sowie erneut ein Videoclip, in dem Aussagen von Annalena Baerbock bewusst falsch zusammen geschnitten wurden. Es handelte sich bei diesem Prozess um eine Zusammenfassung von drei Verfahren. Kellner selbst berief sich auf „Meinungsfreiheit“ und „Satire“. Am Abend vor der Verurteilung zeigte er sich auf Instagram laut Angaben von WDR siegessicher: „So oder so, ich werde morgen gewinnen!“.

Sieg für die Demokratie – aber nicht für Kellner

Kellner hat sehr verschobene Vorstellungen, so auch von seinem Sieg. Das Gericht sprach ihn nämlich schuldig und verurteilte ihn statt zu den bisherigen 1.500 € aus dem Strafbefehl nun zu 110 Tagessätzen zu je 100 €. Insgesamt 11.000 € für die Beleidigungen gegen Faeser, Chebli und Fester. In seiner Realität gibt es dafür nur eine Erklärung: „Das Urteil muss schon vorher in der Schublade gelegen haben“. Dass er aber genau das Gegenteil von dem lebt, was er als „Love Priest“ immer predigt, scheint ihm nicht in den Sinn zu kommen. Seine Reaktion auf das Urteil im Namen des Volkes ist übrigens ein typisches Narrativ im Querdenkermilieu. Gewinnen sie, haben sie es allen gezeigt und immer schon gewusst, dass sie Recht haben. Verlieren sie, sind „die da oben“ wieder Schuld. Aber nie sie selbst.

AfD darf vom Verfassungsschutz beobachtet werden

Es ist ja nichts Neues, dass wir vermuten, dass die AfD für verfassungswidrig ist und daher derzeit eine Petition gestartet haben, die ein Verbot der AfD prüfen soll: „Prüft ein AfD-Verbot!„. Wir haben bereits genug Hinweise gesammelt, wieso die AfD eigentlich verboten werden könnte:

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt die AfD seit dem Frühjahr 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Die AfD ging daraufhin mit einem Eilantrag dagegen vor, sie wollten verhindern, dass darüber berichtet wird, dass sie als Verdachtsfall geführt werden. Diesen Wunsch hat ihnen das Gericht nicht erfüllt, im März 2022 war klar, dass sie so eingestuft werden dürfen. Die Folgen u.a.:

  • Bei als Verdachtsfall eingestuften Organisationen darf der Verfassungsschutz auch verdeckt Informationen sammeln, indem es Personen observiert oder Informanten anwirbt (nach richterlichem Beschluss).
  • Das BfV darf die Einstufung auch öffentlich mitteilen, um eine politische Auseinandersetzung zu ermöglichen. Quelle: bpb.de

Am 11. Juli 2023 hatte die AfD erneut einen neuen Eilantrag gestellt, um die Prüfung zu unterbinden, auch, da der neue Verfassungsschutzpräsident Haldenwang sich immer wieder kritisch über die AfD äußerte. Er würde politisch agieren und die Kompetenzen seines Amts überschreiben. Spannend, über Hans-Georg Maaßen hatte sich die AfD nie beschwert.

Akten füllen ganzen Raum

 „Die Gerichtsakten umfassen derzeit circa 10.000 Seiten“, so Gerichtssprecherin Dahme, „Hinzu kommen mehrere hundert Beiakten, die im Oberverwaltungsgericht einen ganzen Raum füllen.“ Weiteres Problem für die AfD: jede weitere Radikalisierung schadet der Partei im Berufungsverfahren und macht die Einstufung als Verdachtsfall nachvollziehbarer. Dies ist nun geschehen, Vorfälle gab und gibt es nämlich genug.

Die AfD hatte nun Angst, dass sie als gesichert rechtsextremistische Partei eingestuft werden könnten, zumindest behaupten sie, dass der Verfassungsschutzpräsident sich dahingehend geäußert habe. Dies stimmt nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts Köln jedoch nicht.

„Aus jüngsten Aussagen von Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang ergeben sich demnach keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verfassungsschutz die Partei vom Verdachtsfall zur „gesichert extremistischen Bestrebung“ hochstufen will.“ wie t-online.de berichtet. Gegen den Beschluss ist nun noch Beschwerde beim nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht in Münster möglich.

Artikelbild: Uli Deck/dpa

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