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Belgischer Vorschlag: Sichere Dienste sollen als erste Chatkontrolle einführen

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

Während die EU-Staaten sich weiterhin über die Chatkontrolle streiten, versucht die belgische Ratspräsidentschaft weiter an Details zur geplanten EU-Verordnung zu arbeiten. So sandte sie in den letzten Wochen Vorschläge zu einer Risikoeinstufung für Online-Dienste an die Ratsarbeitsgruppe Strafverfolgung, in der die EU-Mitgliedstaaten zum Thema verhandeln. Wir veröffentlichen die beiden aufeinander aufbauenden Vorschläge aus dem März und dem April.

Bei der Chatkontrolle, wie sie die EU-Kommission vor etwa zwei Jahren vorgeschlagen hat, sollen Anbieter von Kommunikations- und Hostingdiensten auf Anordnung die Inhalte ihrer Nutzenden scannen, um Hinweise auf sexualisierte Gewalt gegen Kinder oder Anbahnungsversuche von Erwachsenen an Minderjährige zu suchen. Ob ein Diensteanbieter eine solche Anordnung bekommt, soll wesentlich vom Risiko abhängen, das von dem entsprechenden Dienst ausgeht.

Das Risiko entscheidet

Doch wie soll dieses Risiko bestimmt werden?

In einem frühen Entwurf der Einstufungskriterien wurde deutlich, dass die belgische Ratspräsidentschaft es als besonderes Risiko einstuft, wenn Dienste verschlüsselte Kommunikation oder eine anonyme Nutzung ermöglichen. Dieser Tenor bleibt in den Folgeversionen des Entwurfs bestehen. In einer Fußnote heißt es dazu:

In dieser Rangliste sind Aktivitäten mit direkter Echtzeitkommunikation (Livestreaming, Messaging) aufgrund ihrer unmittelbaren und potenziell ungefilterten Natur am stärksten gefährdet. Verschlüsselte Nachrichten folgen dicht dahinter, aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und des Missbrauchspotenzials.

Neben dieser Einordnung gibt es jedoch noch weitere vorgeschlagene Kriterien. Darunter sind: Wie viele Menschen nutzen den Dienst? Ist er auch für Kinder zugänglich? Kann ein Hosting-Dienst Inhalte mit Strafverfolgungsbehörden teilen? Können Nutzende Inhalte speichern oder Screenshots erstellen? Hat ein Anbieter klare und leicht auffindbare Regeln und Funktionalitäten, wie er mit potenziellen Missbrauchsinhalten umgeht?

Wer nicht freiwillig scannt, ist ein Risiko

Unter den erwähnten Funktionalitäten sind auch explizit Technologien zum Scannen nach bekannten Missbrauchsdarstellungen erwähnt. Solche Technologien nutzen bereits Anbieter wie Meta. Sie gleichen etwa Bilder auf ihren Plattformen über Hashwerte mit Datenbanken ab, in denen bekannte Missbrauchsdarstellungen gesammelt sind. Das geschieht in der Regel bereits beim Upload eines Bildes, um seine weitere Verbreitung zu verhindern.

Sollte ein Anbieter eine solche Technologie nicht nutzen, gebe das „Anlass zu Bedenken, ob die Plattform in der Lage ist, die Verbreitung von schädlichem Material wirksam einzudämmen“. Das heißt: Wer nicht schon scannt, hat ein höheres Risiko. Und könnte zum Scannen gezwungen werden.

Einen konkreten und umsetzbaren Vorschlag, wie aus den vielen Einzelaspekten ein Gesamtrisiko ermittelt werden soll, gibt es noch nicht. Während sich manche der Kriterien durch Ja-Nein-Fragen einstufen lassen, befinden sich andere eher auf einem Spektrum von Möglichkeiten. Bedenken äußerten auch die Vertretungen der Mitgliedstaaten in einem Treffen der zugehörigen Ratsarbeitsgruppe sowie die EU-Kommission.

Vor den Details müssen grundlegendere Fragen geklärt werden

Während es in den Vorschlägen zur Risikobewertung bereits um konkrete Umsetzungsaspekte der EU-Verordnung geht, stecken die Verhandlungen an einer viel tieferen Stelle fest: Seit zwei Jahren können sich die Mitgliedstaaten nicht einigen.

Zentrale Fragen hierbei sind: Sollen Inhalte anlasslos und massenhaft gescannt werden, ohne dass es gegen die betroffenen Nutzenden je einen Verdacht gab? Soll das auch verschlüsselte Kommunikation und Inhalte betreffen und wie soll das technisch möglich sein, ohne Verschlüsselung zu brechen oder zu umgehen? Wie soll die Altersbestimmung der Nutzenden ablaufen?

Wie eine Einigung aussehen könnte und ob es dazu kommt, ist derzeit nicht absehbar. Die belgische Ratspräsidentschaft ist noch bis Juli am Zug, danach geht der Vorsitz an Ungarn über.

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Author: Anna Biselli

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