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Bundestag: Impressumspflicht soll auf den Prüfstand

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

BundestagImpressumspflicht soll auf den Prüfstand

Für den eigenen Blog eine Privatadresse ins Internet schreiben? Die Impressumspflicht ist in ihrer heutigen Form eine Bedrohung für die Meinungsfreiheit. Die Ampelparteien im Bundestag wollen eine Überarbeitung prüfen, verpassen aber die Chance, das Problem schon im Digitale-Dienste-Gesetz anzugehen.


Anna Biselli – in Öffentlichkeitkeine Ergänzungen
Nicht jeder will, dass alle wissen können, wo man wohnt. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Breno Assis

Morgen will der Bundestag das Digitale-Dienste-Gesetz beschließen. Dann wären die nationalen Regelungen zu dem europäischen Digital Services Act mit einem Monat Verspätung auch in Deutschland umgesetzt. Im Windschatten des Gesetzes setzt der federführende Digitalausschuss nun ein Thema auf die Agenda, das schon lange auf der Forderungsliste der digitalen Zivilgesellschaft steht: die Impressumspflicht.

Die meisten Websites in Deutschland müssen ein Impressum haben. Ausnahmen gibt es für vollständig private Websites, aber schon Werbeeinblendungen oder Affiliate-Provisionen machen den privaten Blog impressumspflichtig. Darin soll zum einen der Name der verantwortlichen Person enthalten sein, zum anderen auch eine Postadresse.

Ein Postfach ist dafür nicht ausreichend. Und wer keine Geschäftsadresse hat, muss seine Privatadresse angeben. Damit soll sichergestellt werden, dass die Website-Anbieter erreichbar sind. Doch das wird für Betroffene oft zum Problem: zum Beispiel für die freie Journalistin, die zu Rechtsradikalismus recherchiert und nicht will, dass ihre Wohnadresse leicht im Internet zu finden ist. Oder für den Buchrezensions-Blogger, der auf seiner Seite ab und an Affiliate-Links postet, aber privat Probleme mit Stalkern hat. Oder für Soloselbstständige ohne Büro und Feministinnen, die regelmäßig Hass ausgesetzt sind. Oder, oder, oder.

Kurzum: Die Impressumspflicht in ihrer jetzigen Form ist abschreckend und ein Problem für die freie Meinungsäußerung.

Die Forderung ist nichts Neues

Vor allem die frühere Linksfraktion im Bundestag hatte immer wieder gefordert, die gesetzlichen Regelungen zu ändern. Sie machte auch Vorschläge, wie die Website-Betreiber stattdessen erreichbar sein könnten: Es könnte etwa eine neutrale Instanz als Intermediär geben, bei der sie eine Adresse angeben und die sie im Bedarfsfall zum Beispiel gegenüber Behörden offenbart. Ihre Anträge jedoch wurden – ebenso oft wie sie gestellt wurden – immer wieder abgelehnt.

Die Netzpolitikerin Anke Domscheit-Berg von den Linken im Bundestag kommentiert dazu gegenüber netzpolitik.org: „Seit Jahren haben wir als Linke im Bundestag dafür gekämpft, dass es eine Reform zur Impressumspflicht gibt, im Digitalausschuss alte und neue Digitalminister dazu befragt, Anträge bei Großer Koalition und Ampel gestellt und immer sind wir gegen eine Wand gerannt.“

Nun wollen die Ampelparteien das Problem offenbar selbst noch einmal angehen. In einem Antrag des Digitalausschusses heißt es: Die Impressumspflicht werde „insbesondere von Journalistinnen und Journalisten, aber auch von vulnerablen Gruppen mit Blick auf digitale Gewalt dahingehend kritisiert, dass Betroffene ihre Privatadresse angeben müssen.“ Man brauche nun eine Regel, die diese Personen schütze und „ein ausreichendes Maß an Transparenz und die Erreichbarkeit sicherstellt“.

Domscheit-Berg freut sich darüber, „dass nun zumindest die Absicht erklärt wird, hier nach Lösungen zu suchen, die das Schutzbedürfnis vulnerabler Menschen angemessen berücksichtigen, aber auch bezahlbar sind.“ Sie schlägt vor, dass Interessierte ihre Adresse und Kontaktdaten mit einer Chiffrenummer bei einer öffentlichen Stelle hinterlegen könnten. „Gibt es dann berechtigte Anliegen, wie bei der Zustellung von Gerichtspost, kann sie über ein Postweiterleitungsverfahren an die Wohnadresse weitergeleitet werden.“

Wichtig ist ihr, dass die Kosten für diese Dienstleistung die Kosten für die Briefzustellung nicht überschreiten sollen: „Denn Sicherheit darf nicht vom Geldbeutel abhängen“, so Domscheit-Berg.

Verschoben auf das Gesetz gegen digitale Gewalt

Sofort wird es aber nichts mit der Änderung, zumindest nicht im Zuge des Digitale-Dienste-Gesetzes. Es soll zunächst geprüft werden, was möglich ist. Denn die Impressumspflicht setzt auch EU-Vorgaben um. Die Bundestagsfraktionen wollen daher, dass die Bundesregierung das im Zuge des Gesetzes gegen digitale Gewalt untersucht.

Bis es also konkret wird, dürfte es noch dauern. Eckpunkte für ein Gesetz gegen digitale Gewalt hatte das Bundesjustizministerium zwar bereits im April 2023 vorgelegt, doch danach wurde es still. Kritik an den ersten Punkten gab es von vielen Seiten: Die Definition von digitaler Gewalt darin ist unklar, an manchen Stellen regulieren die Eckpunkte viel mehr als das genannte Phänomen, an anderen wiederum lassen sie Probleme unangetastet.

Die Chance, gleich im Digitale-Dienste-Gesetz einen Aufschlag zur Änderung der Impressumspflicht zu machen, haben die Parteien verpasst. Im Paragrafen zu „Allgemeinen Informationspflichten“ werden die Regelungen aus dem Telemediengesetz auf Online-Diensteanbieter übertragen. Sie sollen weiterhin „Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind“, angeben müssen.

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Author: Anna Biselli

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