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Die deutsche Verantwortung für den Hamas-Antisemitismus

„Nie wieder“ ist jetzt. Auch wenn wir uns kollektiv über Jahrzehnte hinweg etwas anderes eingeredet haben – der Antisemitismus kehrt nach Deutschland zurück. Und er war nie weg. Wir sollten uns in unserer historischen Verantwortung uneingeschränkt an die Seite der bedrohten Jüdinnen und Juden stellen. Dabei gilt es, jeden Antisemitismus zu verurteilen, egal welche Nationalität, Hautfarbe oder Religion der Antisemit hat. Und wir sollten uns auch der deutschen Verantwortung von „exportiertem“ Antisemitismus bewusst zu sein.

Die Verbindungen des Antisemitismus zum Nahostkonflikt zeigen sich vor allem im israelbezogenen Antisemitismus. Dieser taucht auch in der Ideologie der islamistischen Terrororganisation Hamas auf, welche mit brutaler Gewalt den Staat Israel auslöschen will. Das Thema ist unfassbar komplex. Im folgenden Artikel wollen wir deswegen einmal die Hintergründe von islamischem Antisemitismus beleuchten – und auch, was Deutschland damit zu tun hat.

Antisemitische Straftaten steigen, werden gewalttätiger – und kommen von Rechts

Antisemitismus ist in Deutschland nach wie vor ein großes Problem und wird immer gewalttätiger. 2022 wurden 2641 antisemitische Straftaten durch die Behörden erfasst, 88 davon waren Gewalttaten. Seit Beginn der Erfassung Anfang der 2000er Jahre wurden in den letzten 4 Jahren mit Abstand die meisten antisemitischen Straftaten aufgezeichnet. Die größte Gefahr für Jüdinnen und Juden geht dabei von Rechtsextremisten aus. 84 % der Straftaten sind laut BMI politisch rechts motivierten Tätern zuzurechnen. Etwa 4 % kommen aus den Kategorien der ausländischen sowie „religiösen“ Ideologie.

Der rechtsextreme Antisemitismus ist auch heutzutage immer noch extrem gefährlich: 2019 versuchte ein Rechtsextremist schwer bewaffnet in eine Synagoge in Halle an der Saale einzudringen, um dort viele Juden umzubringen. Er scheiterte bei dem Versuch und tötete auf seiner Flucht 2 Menschen. Der Attentäter filmte die Tat, äußerte sich im Video massiv judenfeindlich und bezog sich auf antisemitische Verschwörungsmythen. 

Hamas-Terror sorgt auch in Deutschland für steigenden Antisemitismus

Vorab ist es besonders wichtige hervorzuheben, dass der Islam nicht mit dem Islamismus gleichzusetzen ist. “Islamismus” ist die Bezeichnung für sämtliche politischen Auffassungen und Handlungen, die im Namen des Islams eine allein durch Religion legitimierte Errichtung einer Gesellschafts- und Staatsordnung anstreben. Islamismus ist dabei eine extremistische Bewegung, die neben reformorientierten Strömungen oftmals auch gewaltbereit ist. Islamistische Bewegungen, wie die Terrororganisation Hamas sie ist, sind nicht gleichzusetzen mit der Religion des Islams.

Durch das Massaker der Terrororganisation Hamas in Israel vom 7. Oktober starben so viele Jüdinnen und Juden an einem Tag wie nicht mehr seit dem Holocaust. In der aktuellen Situation werden Jüdinnen und Juden wieder vermehrt bedroht. So hat die Terrororganisation z.B. am 13. Oktober weltweit zu antisemitischen Taten aufgerufen.

Folgen hat das auch für die Situation der Juden in Deutschland. In der Nacht zum 18.10. gab es zum Beispiel einen versuchten Brandanschlag mit 2 Molotow-Cocktails auf das jüdische Gemeindezentrum Kahal Adass Jisroel in Berlin-Mitte. 

Der Bundesverband Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) hat allein zwischen dem 07. Oktober und 15. Oktober 2023 202 antisemitische Vorfälle mit Bezug zu den Terrorangriffen auf Israel erfassen können. 6 dieser Vorfälle wurden als Angriffe eingestuft. Eine aktuell gehaltene Chronik der antisemitischen Vorfälle seit 2002 findet ihr bei der Amadeu Antonio Stiftung.

Die von der RIAS dokumentierten Vorfälle sind, wie sie selbst schreiben, nur ein Ausschnitt der stattgefundenen Taten. Doch schon dieser Ausschnitt macht deutlich, wie gefährdet Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland aktuell sind.

Antisemitismus ist exportiert

Aber egal, ob Antisemitismus von Rechtsextremen oder Islamisten ausgeht, die Konsequenzen für Jüdinnen und Juden sind die Gleichen – eine Gefahr für ihr Leben. In der Diskussion macht es wenig Sinn, diese beiden Formen des Antisemitismus zu trennen oder für bekannte rassistische Narrative zu missbrauchen. Denn was weniger bekannt ist: Sie sind zwei Seiten der gleichen Medaille und haben den gleichen Ursprung.

Der Antisemitismus, wie ihn heute auch die Hamas innehat und verbreitet, hat starke Einflüsse aus der NS-Zeit und ist aus Deutschland gewissermaßen „exportiert“. Buchstäblich. Dazu ein wenig historischer Hintergrund:

Der Begriff “islamischer Antisemitismus” beschreibt dabei weder den Islam, noch pauschal Muslime, sondern viel mehr eine spezielle Form des Antisemitismus, der Juden verachtende Vorstellungen aus dem Islam und judenfeindliche Elemente des christlichen Weltbildes vereint. So wurden in der Religionsgeschichte des Islams die Juden eher als schwach angesehen. Sie wurden vom Prophet Mohammed in Medina getötet, vertrieben und galten als Menschen zweiter Klasse. Sie durften aber auf islamischem Gebiet leben und es gibt sogar pro-jüdische Aussagen im Koran.

Bei den Christen hingegen tötete nicht der Prophet die Juden, sondern die Juden den Propheten. Sie galten deshalb als “das Böse”. Auf Basis des Christentums gedieh die Propaganda der “jüdischen Weltverschwörung” nun auch in der arabischen Region.

Hass – Ein Exportschlager der Nazis

Erst im 20. Jahrhundert schwappte der europäische Hass auf Juden, wie wir ihn heute kennen, in den nahen Osten. Die Nazis exportierten damals den Judenhass nach Palästina, was unter dem britischen Mandat stand.

Aufgrund des Aufstiegs der Nationalsozialisten in Deutschland gab es 1936 eine massive Einwanderungswelle von Jüdinnen und Juden in das palästinensische Gebiet, die zu Unruhen in der Bevölkerung führte. Die Briten wollten daraufhin im Rahmen der Peel-Kommission 1937 Palästina teilen. Die Nazis, besessen von antisemitischen Verschwörungsmythen, sahen ihre Chance, die arabische Bevölkerung gegen die Teilung und den geplanten jüdischen Teilstaat zu mobilisieren. Im Zuge dessen versprach Adolf Hitler Amin el-Husseini, dem Mufti von Jerusalem, die Shoah zu gegebener Zeit auch auf die etwa 700.000 dort lebenden Juden auszuweiten. Um das umzusetzen, wollte er die arabische Bevölkerung gegen Juden aufhetzen. Den europäischen Antisemitismus eins zu eins zu übernehmen, funktionierte aber nicht. Die Vorstellungen von jüdischen Menschen waren zu konträr. Die Nazis verwoben daraufhin in der Ausführung ihrer Absichten die Vorstellungen miteinander.

Der islamische Antisemitismus

Unterstützt von el-Husseini erschien nach einer propagandistischen Ansprache voller Hetze gegen Juden ein Pamphlet, das in der arabisch-islamischen Welt vielfach verbreitet wurde. Diese Schrift bediente sowohl die Herabwürdigungen aus dem Koran, als auch Elemente des europäischen Antisemitismus, der sich, in seiner Verschwörungserzählung, auf Juden als das systemische “Böse” verschwurbelte. Die Folgen der Taten der Nazis waren hier eine neue Art des Antisemitismus, der Muslime glauben lassen sollte, dass das jüdische Volk sie seit Mohammends Zeiten vernichten wolle. Zusätzlich zu solchen Schriften gab es auch noch einen Radiosender, der von Deutschland aus Propaganda in die muslimische Welt übertrug. 

Die Nazis nutzten also die durchaus bereits vorhandene Abneigung und den lokalen Konflikt in Palästina, gemischt mit europäischen antisemitischen Verschwörungsmythen, um das Bild vom Juden in der muslimischen Welt zu verändern. Das Resultat war der islamische Antisemitismus, der gefährlich und konspirativ den Juden unterstellte, die Muslime vernichten zu wollen. 

Beispiele der Nachkriegszeit

Eine Entnazifizierung, auch wenn sich darüber streiten lässt, wie effektiv sie hierzulande war, gab es im arabischen Raum nicht. Nach 1945 blieb es die einzige Region weltweit, in der man auf die Zusammenarbeit mit den Nazis mit Stolz zurückblickte. Die bereits 1928 gegründete Muslimbruderschaft profitierte durch finanzielle und ideologische Unterstützung direkt von Nazi-Deutschland. Ein regionaler Ableger dieser ist die 1987 gegründete Terrororganisation Hamas, unter deren Kontrolle der Gazastreifen heute steht. Als einflussreichste Massenbewegung beging die Bruderschaft, 6 Monate nach dem Krieg, im November 1945 antijüdischen Pogrome in Ägypten. Die Muslimbruderschaft versuchte zudem 1948 durch eine militärische Invasion gemeinsam mit arabischen Armeen aus verschiedenen Staaten die Gründung Israels, die zuvor von den Vereinten Nationen im November 1947 beschlossen worden war, gewaltvoll rückgängig zu machen.

Ende der 50er Jahre wurde von einem Mitglied der Muslimbruderschaft ein religiöses Essay mit islamischem Antisemitismus verfasst. Geschwafelt wird auch hier von einem erbitterten Krieg, der nur mit der Vernichtung einer der beiden Seiten enden kann.

Bis heute gibt es Beispiele für antisemitische Propaganda und Taten. Es gibt aber auch im Gegensatz dazu arabische Politiker und Journalisten, die sich vom islamischen Antisemitismus distanzieren und Israel als Staat unterstützen. 

Die Terrororganisation Hamas und ihr Verschwörungsmythos

Die Hamas, die sich als palästinensischer Teil eben der “Muslimbruderschaft”, die von den Nazis finanziert und ideologisch geprägt wurde, 1987 gegründet hat, beruft sich auf die selben Verschwörungsmythen und auf die islamische Form von Antisemitismus, den die Nazis in die arabische Welt exportiert haben. 

Die Charta der Hamas, das eigens verfasste politische Selbstverständnis, beruft sich auf die antisemitische Fälschung der “Protokolle der Weisen von Zion”. Die verschwörungsideologische Fälschung, die bereits in den 1920er Jahren enttarnt wurde, die den Nazis als Rechtfertigung für den Holocaust diente und die Existenz einer weltweiten jüdischen Verschwörung fantasierte.

Getarnter Antisemitismus

Antisemitismus hat viele Formen. Manche davon tarnen sich als vermeintliche Kritik oder verstecken sich hinter Chiffren. Oft geht es dabei um den jüdischen Staat Israel oder “die Zionisten”. Letzteres wird universell eingesetzt, wenn Verschwörungsideologien bzw. Antisemiten “die Juden” sagen wollen. Es gibt den Zionismus, das an sich ist noch keine Verschwörung oder Antisemitismus. Das Wort leitet sich vom Berg Zion ab, dem Tempelberg in Jerusalem. Die zionistische Bewegung möchte für Jüdinnen und Juden dort einen sicheren Ort zum Leben schaffen. 1948 wurde dann der Staat Israel gegründet. Nicht alle Jüdinnen und Juden leben in Israel und nicht jeder Mensch, der in Israel lebt, ist jüdischen Glaubens. Der Begriff “Zionisten” wird vor allem dann Teil von Antisemitismus, wenn er die fiktiven Juden aus antisemitischen Verschwörungsmythen meint. 

Diese versteckte Art von Judenhass wird als israelbezogener Antisemitismus eingeordnet, dabei wird der jüdische Staat zu einer Projektionsfläche für jegliche gesellschaftliche Probleme. Wichtig hierbei ist die Unterscheidung zwischen legitimer Kritik an der Regierung Israels, die sich in ihrer Form wesentlich präziser äußert und einzelne Taten verurteilt, beispielsweise die aktuelle Kritik an der Abriegelung des Gaza Streifens, während israelbezogener Antisemitismus sich oftmals in der Verallgemeinerung wiederfindet und Israel als solches dämonisiert.

Strafbare Palästina Parole 

Letztendlich ist jede Form des Antisemitismus nichts anderes als eine tödliche Gefahr für Juden. So spricht auch die derzeit häufig zu hörende, israelfeindliche Parole “From the River to the Sea, Palestine will be free” Israel und den Juden das Existenzrecht ab, weil, laut Parole, das Gebiet “vom Fluss” (Jordan) “bis zum Meer” (Mittelmeer) von den Juden und dem Staat Israel befreit werden sollte. Sie könnte demnächst auch unter Volksverhetzung fallen, das jedenfalls wird gerade von der Staatsanwaltschaft geprüft. Solche Äußerungen werden auch gerne mal verharmlosend als pro-palästinensisch bezeichnet. Das sind sie nicht. Sie sind inhärent antisemitisch.

Antisemiten in Deutschland sind Deutsche

Bei all dem möchte ich daran erinnern, dass es sich hier stets um extremistische Minderheiten handelt, insbesondere unter Muslimen. Muslime in Deutschland unterstützen Juden und solidarisieren sich mit ihnen. Rassisten und Menschen, die rassistische Narrative nutzen, um Spaltung zu verursachen, instrumentalisieren diese komplexe Situation derzeit massiv für ihre eigenen politischen Zwecke, da es eine einfachere und angenehmere Erklärung bietet als die Realität. Es ist wichtig, sich nicht durch undifferenzierten Hass spalten zu lassen. Hier der Support von Muslimen für Juden und Israel:

Am 13.10. hieß es in der Freitagspredigt der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) , die in fast 1.000 deutschen Moscheegemeinden verlesen wurde, “Als Muslime verurteilen wir alle terroristischen Handlungen, unabhängig davon, von wem sie ausgehen und gegen wen sie gerichtet sind.”

Auch die türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) warnte vor der Manipulation der Hamas, “Bleiben Sie besonnen! Halten Sie sich von der Manipulation der Hamas fern, diese schadet den Muslimen in aller Welt!”

“Great Reset” und “Globalisten”

84 % der antisemitischen Taten in 2022 in Deutschland sind laut Behörden der politisch rechts motivierten Kriminalität zuzuordnen. Die Mitte-Studie 2022/23 zeigt, dass 21 % der in Deutschland lebenden Personen antisemitische Aussagen nicht ablehnen. Auch antisemitische Verschwörungsmythen sind in Deutschland sehr geläufig. Pandemie-Leugner, “alternative Medien”, Klimaleugner, Rassisten, sie alle nutzen allzu oft Antisemitismus, um ihre Fantasien auszuschmücken. 

Vor kurzem stand Hubert Aiwanger, der stellvertretende Ministerpräsident Bayerns, mit einem zutiefst antisemitischen Pamphlet aus seiner Jugend in der Kritik. Hans-Georg Maaßen, der nach wie vor Teil der CDU ist, nutzt antisemitisch codierte Begriffe und spricht vom “Great Reset”, von “Globalisten” (eine bekannte Dog Whistle für Juden) und dass diese die “gewöhnlichen Menschen”, was auch immer das sein mag, verachten (mehr dazu hier). 

In unserem Artikel, in dem wir 25 Zitate des Faschisten Höcke aufarbeiten und einordnen, schreibt Höcke von der “Zinsknechtschaft”. Die “Brechung der Zinsknechtschaft” war ein zentraler Slogan der NSDAP, die damit eine “Herrschaft der Juden” meinte. Er redet ebenfalls von “Globalisten” und vom antisemitischen Dog Whistle der “Eliten”. Wer Antisemitismus einseitig als etwas “Fremdes” darstellt, leugnet den heimischen Antisemitismus. Und hilft keinem einzigen Juden.

Die andere Seite des Hasses

In diesem großen, komplexen Konflikt um Israel und Palästina gibt es auch noch eine andere Seite des Hasses. Wenn Antisemitismus als Feigenblatt benutzt wird, um antimuslimischen Rassismus zu schüren, dann wird sich die Spirale des Hasses weiter drehen. Wir, jeder einzelne von uns, sind in der Verantwortung, das nicht zuzulassen. 

Antisemitismus ist Antisemitismus. Egal ob rechtsextremer Antisemitismus oder islamischer. Sie sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Nur islamischen Antisemitismus anzusprechen, um rechtsextremen zu relativieren oder zu leugnen, um weiter Rassismus zu schüren, hilft keinem Juden. Das Problem als “fremd” zu markieren und sich hier aus der Verantwortung zu ziehen, hat ganz besonders mit dem deutschen geschichtlichen Hintergrund einen ganz bitteren Geschmack, denn auch dieser Antisemitismus wurde von uns “exportiert”.

Politische Diskurse

Besonders Politiker sollten und müssen aufpassen, wie sie etwas formulieren. So hat Bundesjustizminister Marco Buschmann folgendes auf X geschrieben:

Antisemitismus wird im Land des Holocaust als etwas Fremdes dargestellt. In diesem verzerrten Weltbild können Deutschen keine Antisemiten sein. Das ist absurd, vor allem vor unserer nationalsozialistischen Vergangenheit und dem realen Judenhass deutscher Rechtsextremisten. Die Deutschen sind historisch dafür mitverantwortlich, dass es diesen Antisemitismus in seiner heutigen Form überhaupt gibt, auch den islamischen. Unsere Verantwortung ist auch die Aufarbeitung und Aufklärung dieser Nazi-Propaganda und ihrer Folgen. Antisemitismus als fremd darzustellen trägt nicht zur Aufklärung bei, sondern dämonisiert die anderen, in dem Fall eben, Muslime.

Im schlimmsten Fall trägt das gesetzte Bild zur rassistischen Verallgemeinerung der Muslimen und damit zum Rassismus bei und schürt ein weiteres Mal antimuslimischen Rassismus. Das ist eines demokratischen Politikers nicht würdig und muss besser gehen. Es verstärkt auch versehentlich eine Verzerrung der Realität.

23 Imame aus Berlin, darunter der Imame der größte arabische Moscheegemeinde in Berlin-Neukölln erklärten schriftlich “Mord, Hass und Gewalt dürfen niemals geduldet oder gar bejubelt werden. Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Opfern und Angehörigen der Terrorakte und der Vergeltungsschläge.” Die Gemeinden solidarisieren sich mit den Betroffenen vor Ort, mit Menschen in Israel und Palästina.

Ein Moscheebesucher der Dar-Assalam-Moschee sagt im Gespräch mit der TAZ: “Nur weil ich in Gaza Familie habe, sind die israelischen Toten nicht weniger wert.

Auch Muslime sind akut Zielscheibe von Straftaten

Am Wochenende des 14./15.10.2023 wurde eine Moschee in Bochum mit Hakenkreuzen und Davidsternen beschmiert. In der Jalousie der Moschee gab es Brandlöcher. Wir alle und besonders Personen des öffentlichen Lebens dürfen kein Öl ins Feuer des Hasses gießen.

Ich habe noch einen zweiten, kritisierenswerten Social Media Beitrag vom Bundesjustizministerium. Auf dem Instagram Account wurde am 12. Oktober ein Beitrag mit weiß unterlegtem Text auf einem dunkelblauen Hintergrund gepostet. “Antisemiten dürfen keinen deutschen Pass bekommen.” ist dort zu lesen, das “keinen” ist unterstrichen. Auch das stellt das Problem als fremd dar und unterschlägt mindestens implizit den Antisemitismus der Deutschen heute und auch als Exportschlagers der Nazis. Als ob Antisemitismus verschwindet, wenn keine deutschen Pässe mehr vergeben werden. Offensichtlich merkt die Social Media Abteilung des Bundesjustizministeriums diesen problematischen Subtext nicht. Im Beitragstext wird dann noch Werbung gemacht für das neue Staatsangehörigkeitsrecht. 

Zu ändern, unter welchen Bedingungen Menschen, deutsche Staatsbürger werden dürfen, löst kein einziges Problem und negiert die deutsche Verantwortung in diesem Konflikt und den deutschen Einfluss auf den islamischen Antisemitismus.

Der Einfluss von antimuslimischem Rassismus auf Antisemitismus 

Und das mit Abstand makaberste daran ist, dass letztendlich auch wieder Juden darunter leiden, wenn mal wieder das Problem des Antisemitismus einseitig betrachtet wird.

Islamistische Terrororganisationen, wie die Hamas, nutzen gezielt Diskriminierungserfahrungen, um Menschen zu manipulieren und für ihre Bestrebungen zu rekrutieren. Mit der Ausgrenzung von Menschen und dem Schüren von antimuslimischen Rassismus, wie, wenn auch ungewollt, es die oben genannten Posts getan haben, nähren wir den Boden für islamistischen Terror und damit auch wieder für Antisemitismus.

Haben wir wirklich aus der NS-Zeit gelernt?

Absolut nichts rechtfertigt den Terror und die Gewalt der Hamas. Diese Taten sind grausam und durch nichts zu entschuldigen. Wer diese Taten einseitig unter den Tisch fallen lässt, verharmlost oder gar verherrlicht, ist deutlich zu kritisieren. Das haben wir beispielsweise bei Greta Thunberg gemacht, die Organisationen bewarb, die die Morde der Hamas relativierten und bejubelten. Bei diesen Themen ist es wichtig, jeden Antisemitismus zu erkennen und zu benennen. 

Es ist furchtbar, dass auch in Deutschland Jüdinnen und Juden wieder Angst haben vor die Tür zu gehen. Wir müssen diese Menschen vor Antisemiten schützen. Wir müssen sie vor allen Antisemiten schützen. Und da ist es nicht hilfreich, wenn Rechte den Antisemitismus von Rechtsextremisten leugnen und Linke den von Muslimen. Am Ende ist das nichts als Heuchelei und hilft Jüdinnen und Juden kein bisschen. Es ist wichtig, dass wir erkennen, dass jede Form des Antisemitismus die gleichen schrecklichen Folgen hat. Und rassistische Debatten über die jeweilige Hautfarbe der Antisemiten, ein effektives Bekämpfen und einen effektiven Schutz der Jüdinnen und Juden im Weg stehen. Es ist eine weitere Scheindebatte, die von den tatsächlichen Ursachen ablenkt.

Im Netz lese ich immer wieder “Nie wieder ist jetzt”. Doch scheinen wir nichts gelernt zu haben. An den Geschehnissen in Israel können wir persönlich nichts ändern. Wir können uns solidarisieren mit der Zivilbevölkerung und das müssen wir auch, doch auch das bleibt ein Lippenbekenntnis, wenn wir nicht endlich das Ausmaß der Taten unserer Vorfahren anerkennen. Wenn wir nicht endlich die rassistische Linse abnehmen und Verantwortung übernehmen für jeden Menschen, der hier leben möchte, unabhängig von Religion oder Herkunft. Da sind wir als Gesellschaft gefragt und besonders die Politik.

Artikelbild: Anas-Mohammed

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