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Die Verbrenner-Fake-Kampagne der CDU geht krasser nach hinten los, als du denkst

Die CDU blamiert sich mit einer Umfrage, die nicht nur gewaltig nach hinten losgeht – sondern auch mit einer Forderung, die schon längst Realität ist gegen ein Verbot, das mal wieder gar nicht existiert. Und gegen ein Gesetz, das ihre eigene Spitzenkandidatin initiiert hatte. Und der wahre Grund, warum sie das macht, ist auch noch ein Reinfall. Der postfaktische Wahlkampf-Fail der CDU, gründlich analysiert.

Vier (!) Ebenen der Desinformation

Die Union hat eine populistische Kampagne für den Wahlkampf für den „Verbrenner“ gestartet. Kurz vor der Europawahl macht sie Stimmung für fossile Motorantriebe. Sie inszeniert sich mal wieder als Opposition gegen Klimaschutz. Sie spricht als vermeintliche Alternative zu der derzeitigen EU-Regelung von einer „technologie-offenen Weiterentwicklung“. Dafür hat die Partei eine Aktionsseite mit einer Online-Umfrage gestartet. Vermutlich in der naiven Hoffnung, so vermeintliche Argumente für ihre Position zu erhalten. Solche Online Umfragen sind bekanntermaßen vollkommen wertlos, da jeder mit ein bisschen technischem Sachverstand dort unbegrenzt oft abstimmen kann, wie ich schon mehrfach erklärt habe. Repräsentativ sind solche Umfragen ohnehin nie.

Die CDU wollte aber unbedingt genau das für diesen PR-Stunt riskieren, hier das für die Union wohl peinliche Ergebnis der Abstimmung (ich hab’s nicht manipuliert!):

Das Ganze ist aber nicht nur aus technischer Sicht ein Flop. Dahinter stecken merkwürdige Desinformations-Argumente der Union. Schauen wir sie uns mal an. 

1. Es gibt kein Verbrenner Verbot

Die ganze Prämisse der Umfrage ist schon falsch. Es gibt nämlich kein „Verbrenner-Verbot“, gegen das die CDU hier eine Stimmung macht, die nach hinten losging. Ab 2035 dürfen keine Autos in der EU neu zugelassen werden, die CO₂ ausstoßen. Das Verbot gilt aber nicht für Gebrauchtwagen. Wer vorher einen alten Verbrenner kauft, kann auch weiter Verbrenner fahren. Es ist außerdem auch „technologie-offen“ und gilt unabhängig von der Antriebsart. Man kann auch nach 2035 einen Verbrenner fahren, wenn der Antrieb klimaneutral ist. Das hatte die FDP extra hinein verhandelt, was die Union jetzt gerade aus reiner Täuschungs-Taktik erneut fordert.

Bis 2050 will die EU klimaneutral sein, da stimmt die Union übrigens auch zu, und das geht nun mal schlicht rein logisch nicht, wenn nach 2035 noch Neuwagen zugelassen werden, die dann jahrelang noch CO₂ herauspusten. Vor dem Bundesverfassungsgericht wurde eben auch entschieden, dass man solche Entscheidungen nicht beliebig in die Zukunft verschieben darf – das würde junge Menschen in ihren Freiheitsrechten verletzten.

Die CDU versucht hier einfach der FDP ihren „Verhandlungs-Erfolg“ zu stehlen und fordert Dinge, die bereits umgesetzt wurden und protestiert gegen Dinge, die nicht existieren. Denn die haben ja bereits in dem Verbrenner-Kompromiss verhandelt, dass auch E-Fuels eine explizit erwähnte Möglichkeit sind, um nach 2035 100 % CO₂-neutral zu werden. Es gibt also bereits jetzt kein Verbrenner-Verbot, sondern Verbrenner mit E-Fuels werden zugelassen. 

E-Fuels sind zwar viel zu teuer für die breite Masse, aber wer es mag, dass das eigene Auto wegen den auch bei E-Fuels existierenden Emissionen in viele europäischen Städte nicht mehr rein darf, für den haben die Verhandler der FDP hier einen Erfolg erzielt.

Die CDU will hier also etwas durchsetzen, das bereits durchgesetzt ist. Und protestiert gegen etwas, das nicht existiert. Postfaktischer Wahlkampf.

2. Das Gesetz geht auf Initiative von der CDU-Spitzenkandidatin zurück

Wir haben also etabliert, dass es kein Verbrenner-Verbot gibt, sondern nur ein Verbot von Neuwagen ab 2035, die mit fossilen Kraftstoffen fahren. Verbrenner mit E-Fuels darf es geben. In ihrem Text schreibt die CDU: „Das von SPD, Grünen und Linken im Europäischen Parlament beschlossene Verbrenner-Verbot muss zurückgenommen werden.“ 

Die CDU will offenbar darüber hinwegtäuschen, dass das Aus für fossile Antriebe auf eine Initiative von Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) zurückgeht. Ihrer eigenen Spitzenkandidatin für die Wahl. Der ganze Gesetzentwurf, gegen den die Union jetzt aus rein wahltaktischen Gründen wettert, geht auf ihre eigene Kandidatin zurück, die das 2021 gefordert hatte.

Von der Leyen sagte wörtlich: „Wir werden dennoch einen zeitlichen Rahmen vorgeben, bis zu dem alle Autos emissionsfrei sein müssen. Sonst fehlt Planungssicherheit und wir werden die Klimaneutralität bis 2050 nicht erreichen.“

Das Gesetz wurde im Europäischen Parlament auch von den meisten Liberalen (RENEW Fraktion) und auch einigen Konservativen unterstützt. Die deutschen Abgeordenten von FDP und CDU stimmten zwar dagegen. Aber das Gesetz hatte auch dank Stimmen aus der europäischen Fraktion der CDU eine komfortable Mehrheit. Hier könnt ihr sehen, wer wie abgestimmt hat.

Tatsächlich ist die Union auch eine der wenigen Konservativen in Europa, die sich nicht zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bekennen. Andere europäische Konservative sind mehrheitlich dafür. Das ist also nicht mal eine typische konservative Position. 

3. E-Fuels sind teuer und werden Nische bleiben

Übrigens: Es stimmt zwar, dass es kein Verbrenner-Verbot gibt, die Ausnahme für E-Fuels wird sich für die meisten ohnehin nicht rentieren. Deshalb ist diese Forderung für „Technologieoffenheit“ nicht nur sinnlos, weil sie bereits existiert, sondern auch, weil kaum jemand etwas davon haben wird.

E-Fuels sind teuer. Sie kosten pro Liter gut 2 € vor Steuern (!). Das ist dreimal so teuer wie Benzin. Für reiche Sammler von Antiquitäten mit veralteter Antriebstechnik wie dem Porsche 911 kann das Sinn machen, für die breite Masse ist es viel zu teuer. Daher muss Finanzminister Lindner auch mit gigantischen Subventionen dein Steuergeld in E-Fuels verbrennen, um zumindest die Illusion von E-Fuels aufrechtzuerhalten. Auch wieder aus reinen PR-Gründen, um sich als Anti-Verbrenner-Verbot zu inszenieren, auch wenn das niemandem etwas bringt. Im Gegenteil, dieses unaufrichtige Hin- und her von Parteien von FDP und Union verunsichert die Autohersteller und schadet der Wirtschaft.

„Wir befinden uns in einer kritischen Situation“, kritisiert ein Auto-Experte laut Merkur. „Einige Hersteller und Zulieferer hätten sich auf das Verbrenner-Aus vorbereitet und bereits größere Investitionen getätigt. Deshalb seien alle Entwicklungen schlecht, welche die Sicherheit diesbezüglich wieder ein Stück weit infrage stellen.“ Unternehmen können nicht planen, wenn die Politik dauernd schwankt in ihren Entscheidungen. Mit der Atomkraft war es übrigens genau das gleiche.

So viel zu der Behauptung der CDU, sie würden damit „das Auto“ oder Deutschland als „Autoland“ sichern. Große europäische Hersteller wie Fiat, VW, oder Volvo sind bald zu 100 % auf E-Autos umgestellt. Denn E-Fuels rentieren sich nicht.

E-Autos fünfmal effizienter als E-Fuels

Wofür steht nochmal das E in „E-Fuels“? Ach ja für „Electro“, also Benzin, das aus Strom erzeugt wird. Durch die vielen Umwandlungsprozesse braucht das aber VIEL MEHR Strom, als den Strom einfach direkt in den Akku zu laden. Allein die Abwärme der Motoren ist viel größer bei „Verbrennern“ (deswegen heißen sie so). Daher sind sie nicht nur viel teurerer, sie haben auch eine wesentlich schlechtere CO₂ Bilanz als E-Autos. 

Der direkte Vergleich zeigt, wie schlecht E-Fuel-Autos funktionieren: Mit derselben Menge an Strom kann man entweder 100 km im E-Auto fahren. Oder man macht aus dem Strom E-Fuels, verbrennt das E-Fuel, um damit Zylinder zu bewegen, und fährt dann mit der Bewegungsenergie 20 km weit. Oder anders gesagt: E-Fuels sind 5-mal so teuer, als den Strom einfach direkt zu laden. 

4. Selbst der wahre Grund für die CDU-Kampagne ist ein Reinfall

Die CDU macht leider mal wieder völlig unehrlichen Wahlkampf. Man macht sinnlose Stimmung gegen ein Gesetz, das die eigene Spitzenkandidatin mit auf den Weg gebracht hat, gegen ein Verbot, das nicht mal existiert und für eine Forderung, die schon längst Realität ist, aber die nicht einmal irgendwem etwas bringt. Das ist Wahlkampf, der von vorne bis hinten unehrlich ist, das ist purer, kontraproduktiver Populismus, auf den möglichst viele Menschen hereinfallen sollen.

Denn: Die Union will mit ihrer Kampagne vermutlich nicht wirklich etwas ändern. Wie gesagt: Es ist bereits alles Realität, was die Union fordert. Sie will ja auch die Klimaneutralität. Und das ist der Weg, da hinzukommen. Da sie Sachen fordert, die es bereits gibt, gibt sie ja buchstäblich zu, dass sie das auch für den richtigen Weg hält. Die Union möchte sich als rechte Opposition inszenieren, ohne irgendetwas zu verändern.

Es geht vielmehr darum, den Rechten noch ein paar Argumente zu nehmen, die zu Recht darauf hinweisen, damit diese eher CDU statt AfD wählen. Ob dafür Desinformation aber der richtige Weg ist, darf stark bezweifelt werden. Studien zeigen, dass das keine Wähler zurückholt, aber die Forderungen der Rechten stärkt. Mit dieser Verbrenner-Kampagne versagt die Union also wirklich auf allen Ebenen.

Studie: CDU-Annäherung stärkt die AfD, Merz-Strategie gescheitert

Es ist schade, weil gerade u.a. die CDU sich auf einen Kodex für faire Wahlkämpfe geeinigt hat, in dem unter anderem von Desinformation abgesehen werden soll. Die Union scheint sich direkt nicht daran halten zu wollen. Schade.

Mehr Fun E-Auto-Fakten!

Hier noch ein paar mehr Fakten über E-Autos, damit ihr noch mehr lernt und weniger auf populistische Desinformationskampagnen hereinfallt:

Die Preise für Akkus sind nach einer kurzen Pause wieder drastisch im Fallen. Bloomberg berichtet von Reduktionen um 15 % – in nur einem einzigen Jahr. Die EU hat strenge Werte für das Recycling von E-Auto Batterien erlassen, was wiederum perspektivisch die Abhängigkeit von China senken wird. Bereits mit heutigen Verfahren ist es möglich, 95 % der Materialien zu recyclen. 

Rechnet man die geringeren Betriebskosten bei E-Autos rein, sind sie heute bereits wirtschaftlich kompetitiv zu fossilen Antrieben. In den nächsten Jahren werden die Spritkosten sowieso drastisch durch den Emissionshandel steigen – den übrigens ebenfalls CDU und FDP unterstützen. 

Ab 2027 sind E-Autos dann sogar in der Herstellung billiger als Fossile. Und wir reden hier über ein Aus von fossilen Motoren bis erst 2035. Wer wird in 11 Jahren noch Verbrenner wollen?

Artikelbild: Screenshot https://aktion.cdu.de/ja-zum-auto

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