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Digitale Spaltung: Armutsbetroffene sind überdurchschnittlich offline

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.Der Autor ist…
Laut einer aktuellen Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes haben Menschen in Armut überdurchschnittlich häufig keinen Zugang zum Internet. Ein Kreislauf der Diskriminierung ist damit geradezu vorprogrammiert.
Nachrichten lassen sich mit Hilfe von Brieftauben verschicken. Digitale Teilhabe sieht aber anders aus. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Fotoagentur NordlichtOb im Beruf, für die Schule oder bei der Wohnungssuche: Wer am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte, braucht Zugang zum Internet.
Doch Millionen von Menschen sind hierzulande von Armut betroffen. Ihnen bleibt digitale Teilhabe häufig verwehrt, etwa weil sie über keinen Internetanschluss verfügen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.
Ein Leben ohne Netz
Unter den rund 14,1 Millionen Menschen, die von Armut betroffen sind, haben 2,8 Millionen Menschen – also rund ein Fünftel von ihnen – keinen eigenen Internetanschluss. Als arm gelten Menschen, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens verfügen.
Knapp ein Drittel dieser Gruppe, also rund 900.000 Menschen, gaben an, aus finanziellen Gründen keinen Zugang zum Netz zu haben. Nicht arme Menschen sind aus zumeist anderen Gründen offline.
„Armutsbetroffene werden massiv in ihrer digitalen Teilhabe eingeschränkt, weil es ihnen am Internetzugang, aber auch an technischen Geräten fehlt“, sagt Greta Schabram, Co-Autorin der Studie und Referentin für Sozialforschung und Statistik beim Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Doch selbst wenn arme Menschen Zugang zum Internet haben, so Schabram, fehle es häufig an Know-how und digitaler Kompetenz. Laut der Studie macht sich rund ein Drittel der Menschen in Deutschland Sorgen, beim technischen Fortschritt nicht mithalten zu können.
Kreislauf der Diskriminierung
Die Wissenskluft verstärkt einen Kreislauf der Diskriminierung. Denn wer im Beruf erfolgreich sein will, muss mit Computer und Smartphone umgehen können. Zwei Drittel aller armutsbetroffenen Menschen nutzen solche Geräte beruflich allerdings nicht.
Damit verwenden sie auch Programme wie Slack oder WhatsApp seltener als nicht-arme Menschen. „Erwerbstätige Armutsbetroffene haben viel weniger die Gelegenheit, über den Beruf digitale Skills aufzubauen“, sagt Schabram.
Wer aber Digitalkompetenzen im Beruf nicht erlernt, der findet sich auch im privaten Leben immer weniger zurecht. Denn sowohl bei der Wohnungs- und Stellensuche, aber auch für die Inanspruchnahme staatlicher Leistungen sind digitale Kompetenzen zunehmend gefragt. Ohne Netzzugang haben arme Menschen häufig nur die Möglichkeit, sich persönlich und vor Ort zu informieren, etwa bei einer Sozialberatungsstelle.
3,34 Euro im Monat für Smartphone und Reparatur
Wie kann es der Politik gelingen, diesen Kreislauf der Diskriminierung zu durchbrechen? Die Autor:innen der Studie sehen eine wichtige Stellschraube im Regelbedarf.
Als Teil des Bürgergeldes – früher Hartz IV – soll der Regelbedarf die notwendigen Kosten für ein menschenwürdiges Existenzminimum decken. Er liegt für Alleinstehende aktuell bei 502 Euro im Monat. Dieser Betrag enthält Aufwendungen für das soziale und kulturelle Leben – und damit auch für die digitale Teilhabe.
Allerdings nur in der Theorie. Denn derzeit sieht der Regelbedarf für den „Kauf und die Reparatur von Festnetz– und Mobiltelefonen sowie anderer Kommunikationsgeräte” gerade einmal 3,34 Euro vor. Für „Datenverarbeitungsgeräte sowie System- und Anwendungssoftware“ sind 3,88 Euro im Monat angesetzt. Für Schabram resultieren diese geringen Beträge aus einer „realitätsfernen Ermittlung der Regelsätze“.
Volldigitalisierung ohne Digital Divide
Laut einer Expertise des Paritätischen zum Bürgergeld müsse ein armutsfester Regelsatz mindestens 725 Euro betragen. Seine digitalen Angebote sollte der Staat Greta Schabram zufolge so konzipieren, dass alle Menschen sie auch nutzen können. Entscheidend sei dafür unter anderem, digitale Kompetenz zu vermitteln, um den Digital Divide zu verkleinern.
Zugleich müssten Sozialarbeiter:innen jenen Betroffenen stärker unter die Arme greifen, denen das Know-how noch fehle. Für diese Gruppe brauche es darüber hinaus weiterhin „nicht-elektronische Angebote“.
Langfristig sind aber digitale Kompetenzen mehr denn je vonnöten. So plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, im kommenden Jahr die elektronische Patientenakte einzuführen. Die Bundesländer arbeiten derweil beharrlich an der „Volldigitalisierung aller Verwaltungsprozesse“. Und der aktuelle Weizenbaum-Report stellt fest, dass sich auch die politische Partizipation mehr und mehr ins Netz verlagert.
Gerade vulnerable Gruppen, die in der Politik eher selten Gehör finden, sollten davon nicht ausgeschlossen sein.

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Author: Jan Lutz

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