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EU-Parlament: Freiwillige Chatkontrolle soll in die Verlängerung

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

Weil die Verhandlungen zur verpflichtenden Chatkontrolle-Verordnung haken, soll das freiwillige Scannen länger als bisher vorgesehen erlaubt sein. Der federführende Ausschuss des EU-Parlaments hat seine Position beschlossen, nun soll es schnell gehen.

Mehrere Uhren, die kurz vor zwölf zeigen, in schwarz-weiß
Mehrmals befristet ist auch fast dauerhaft. alexandru vicol

Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments hat heute seine Position zur freiwilligen Chatkontrolle beschlossen: Sie soll demnach verlängert werden – aber nicht ewig.

Möglich war die freiwillige Chatkontrolle nur durch eine Ausnahme der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation. Dieses Gesetz schützt private Kommunikation; demnach ist es eigentlich verboten, sie pauschal zu durchsuchen. Doch eine zeitlich begrenzte Sonderregelung aus dem Jahr Jahr 2021 erlaubt es Anbietern wie Microsoft und Meta, Nachrichten ihrer Nutzenden dennoch zu scannen – auf der Suche nach Hinweisen auf Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Diese Regelung würde im August 2024 auslaufen.

Ursprünglich sollte die freiwillige Chatkontrolle durch eine verpflichtende Chatkontrolle abgelöst werden. Doch die Verhandlungen hierzu stocken, der EU-Rat ist sich nicht einig. Bei der verpflichtenden Chatkontrolle sollen Anbieter nicht freiwillig, sondern auf amtliche Anordnung Inhalte scannen müssen. Und mehr noch: Sie können etwa zu Alterskontrollen oder Netzsperren verpflichtet werden.

Durch die Verzögerung soll nun eine Verlängerung der freiwilligen Chatkontrolle her. Die EU-Kommission will zwei Jahre Verlängerung, der Rat drei Jahre, das Parlament bis zum Mai 2025. Die zuständige Berichterstatterin des Ausschusses Birgit Sippel (SPD) sagte vor der Abstimmung, der Änderungsvorschlag ihres Ausschusses stehe im Einklang mit der Parlamentsposition zur verpflichtenden Chatkontrolle. Die Abgeordneten wollen eine deutlich weniger invasive Chatkontrolle als etwa die EU-Kommission. Aber je früher es eine dauerhafte Verordnung gebe, „desto besser“, so Sippel.

Daher fällt auch die vom Parlament vorgeschlagene Dauer der Verlängerung kürzer aus als die der anderen EU-Gremien. Man müsse vermeiden, dass der Rat sich bis zu drei Jahre Zeit nehmen kann, erklärte die Sozialdemokratin in ihrer Ansprache.

EU-Datenschutzbeauftragter: „Keine Formsache“

Zuletzt warnte der Europäische Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiórowski davor, die Verlängerung zur „Formsache“ zu machen. Es gebe keine wirksamen Schutzmaßnahmen gegen die weitreichende Überwachung privater Kommunikation, außerdem sei die Technologie fehleranfällig. Das heißt: Wenn Anbieter automatisch nach sogenannten Missbrauchsmaterialien suchen, werden sie einerseits Unschuldige verdächtigen; andererseits Betroffene übersehen.

Auch der Abgeordnete Patrick Breyer (Piraten) lehnt das freiwillige Scannen ab und nennt es sowohl „unnötig als auch grundrechtswidrig“. Gemeinsam mit einem Betroffenen hatte Breyer außerdem vergangenes Jahr Klage gegen die Maßnahmen eingereicht. Sein Änderungsantrag, die Verlängerung der freiwilligen Chatkontrolle ganz abzulehnen, bekam jedoch keine Mehrheit.

Zwischen den Positionen von Kommission, Parlament und Rat zur freiwilligen Chatkontrolle soll schon bald ein Kompromiss gefunden werden. Die Arbeit an der verpflichtenden Chatkontrolle im Rat geht indes weiter. Im März sei die nächste Abstimmung der Innenminister*innen geplant, schreibt Breyer.


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Author: Anna Biselli

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