Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.Der Autor ist…
Jahrelang hat der Spiele-Publisher Valve seine Kund:innen mit Hilfe von Geoblocking daran gehindert, Produkte im Ausland günstiger einzukaufen. Das hat zunächst die EU-Kommission und nun das Gericht der Europäischen Union als Verletzung von EU-Recht gewertet.
Das US-Unternehmen Valve hat Nutzer:innen bestimmter Länder unrechtmäßig ausgesperrt. – CC-BY-NC-ND 2.0 Simon Hurrell„In diesem Land nicht verfügbar“ – das bekamen Nutzer*innen in der Vergangenheit beim Besuch der Spieleplattform Steam des Unternehmens Valve zu sehen, wenn sie Spiele im Internet günstiger kaufen wollten. Diese sind billiger in etlichen Ländern, selbst wenn sie dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehören.
Dass dieses Vorgehen rechtswidrig ist, hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) gestern bestätigt. Am Mittwoch wies das Gericht eine Klage des US-Konzerns gegen eine kartellrechtliche Geldbuße in Höhe von 1,6 Millionen Euro zurück. Die Strafe hatte die EU-Kommission vor rund zwei Jahren gegen das US-Unternehmen verhängt.
Streit wegen Geoblocking
Valve hatte in der Vergangenheit sogenanntes Geoblocking gezielt eingesetzt. Damit wollte das Unternehmen verhindern, dass Kund*innen im Ausland günstiger Spiele einkaufen können. Geoblocking soll sicherstellen, dass Nutzer*innen einer bestimmten geographischen Region nur ausgewählte Inhalte zu sehen bekommen. YouTube nutzt Geoblocking etwa dazu, um lokal unterschiedliche Urheberschutzrechte zu wahren.
Allerdings ist Geoblocking seit 2018 innerhalb der EU weitgehend untersagt. Händler aus der EU müssen seitdem überall in der EU zu gleichen Konditionen Zugang zu Waren und Dienstleistungen gewähren, unabhängig davon, in welchen Mitgliedsland der Union die entsprechende Internetseite aufgerufen wird.
Dies hatten Valve und fünf weitere Spiele-Publisher jedoch ignoriert, was schließlich zur kartellrechtlichen Strafe im Jahr 2021 führte. Die EU-Kommission begründete dies mit Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht, zudem habe Valve nicht mit der Kommission zusammengearbeitet. Valve und die Spiele-Publisher hatten das Geoblocking in Absprache untereinander auf der Steam-Plattform betrieben.
Valve bestreitet die Vorwürfe und betonte gegenüber dem Online-Magazin Eurogamer, sie hätten das Geoblocking für Spieleverkäufe auf Steam im Jahr 2015 eingestellt – bevor dies verboten wurde und die Kommission im Jahr 2017 Untersuchungen gegen das Unternehmen einleitete. Auf bestimmte Regionen begrenzt seien lediglich gewisse Aktivierungsschlüssel gewesen, um damit etwa Lizenzauflagen zu erfüllen. Außerdem habe Valve mit der EU-Kommission kooperiert. Eurogamer zufolge werde das Unternehmen gegen das Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) berufen.
Gericht weist Klage des Unternehmens ab
Die 2021 eingereichte Klage des IT-Unternehmens, den Beschluss der EU-Kommission für nichtig zu erklären, hat der Gerichtshof gestern abgewiesen. Er bestätigte die Sicht der damaligen Wettbewerbshüterin Margrethe Vestager, dass Valve sich mit fünf anderen Spiele-Publishern – andai, Capcom, Focus Home, Koch Media und ZeniMax – mündlich abgesprochen hatte.
Ziel der Vereinbarung sei es gewesen, Geoblocking zu nutzen, um die jeweils eigenen Gewinne zu erhöhen. Insgesamt ging es um rund 100 PC-Videospiele-Titel unterschiedlicher Genres. Zusammengerechnet beläuft sich die Geldbuße für alle verurteilten Unternehmen auf 7,8 Millionen Euro.
Verweise auf das Urheberrecht ließ das Gericht nicht gelten. Dieses sei dazu gedacht, Inhalte gegen Lizenzzahlungen kommerziell zu verwerten. Es garantiere jedoch nicht, eine „höchstmögliche Vergütung“ zu verlangen oder künstliche Preisunterschiede zwischen abgeschotteten nationalen Märkten zu errichten, wie die Pressemitteilung des Gerichts ausführt:
Das in Rede stehende Geoblocking verfolgte [..] nicht das Ziel, die Urheberrechte der Verleger der PC-Videospiele zu schützen, sondern diente dazu, Paralleleinfuhren dieser Videospiele zu unterbinden und das hohe Niveau der von den Verlegern erhobenen Lizenzgebühren und darüber hinaus der von Valve erzielten Margen zu schützen.
Verlierer Valve
Ohnehin dürfte das Geoblocking – jenseits der rechtlichen Dimension – wenig Erfolg gehabt haben. Derartige Blockaden lassen sich beispielsweise mit Hilfe eines Virtual Private Network (VPN) relativ leicht umgehen. VPNs verschleiern den tatsächlichen Standort von Nutzer*innen.
Auf diese Weise kaufen zahlreiche Nutzer*innen Spiele online im Ausland – nicht nur weil diese dort günstiger sind, sondern auch wenn Spiele hierzulande als jugendgefährdend indiziert sind. Steam untersagt dieses Vorgehen offiziell in seinen Richtlinien. Als Folge sperrt oder löscht der Anbieter betroffene Konten, allerdings nur dann, wenn ihm der Verstoß gegen die eigenen Richtlinien auffällt.
Nach dem Gerichtsprozess steht Valve nun als großer Verlierer dar. Die Geldbuße in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro dürfte das milliardenschwere Unternehmen zwar nur verhältnismäßig wenig schmerzen. Doch hat es sich dazu entschieden, seine Preise in der gesamten Eurozone auf die Euro-Währung umstellen und damit vielerorts zu erhöhen. Die Folge: Die Spieler*innen könnten künftig nicht mehr etwa nach Polen ausweichen, um günstiger einzukaufen, sondern nach Großbritannien, Südamerika oder in die Türkei, wo die Spiele noch günstiger angeboten werden.
Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen. Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.
Zur Quelle wechseln
Zur CC-Lizenz für diesen Artikel
Author: Nora Nemitz