Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.
Die 6. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 15 neue Texte mit insgesamt 79.900 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.
Liebe Leser*innen,
vor mehr als vier Jahren habe ich eine Recherche darüber veröffentlicht, wie auf zwei der weltgrößten Pornoseiten Aufnahmen von Menschen kursieren, die offenbar nie gefilmt werden wollten. Damals war das Phänomen in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt, vor allem nicht im deutschsprachigen Raum. Meine VICE-Kollegin Yannah Alfering und ich dachten uns zeitweise: Kann das wirklich wahr sein? Und wenn ja, wieso gibt es dann so wenige Berichte dazu? Was, wenn alles nur ein riesiger Irrtum ist?
Mehr als 1.500 Tage – und viele weitere Recherchen – später, wissen wir: Das war kein Irrtum. Vielmehr sind wir auf ein Riesenproblem gestoßen. Und jetzt gibt es sogar ein eigenes Gesetz, das Betroffene genau davor schützen soll. In dieser Woche haben sich Vertreter*innen von EU-Parlament, Rat und Kommission auf eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen geeinigt. Und diese Richtlinie enthält (neben vielem anderen) eine ausdrückliche Regelung gegen bildbasierte, sexualisierte Gewalt. So nennt man dieses Phänomen inzwischen, um nicht das unsägliche Wort „Racheporno“ zu verwenden.
Es ist schon ziemlich krass, wenn aus einem Missstand, den man mit als erstes aufdeckt, tatsächlich ein neues Gesetz wird. (Die EU-Organe müssen noch final zustimmen, doch das gilt nach der Trilog-Einigung als Formsache.) Das Thema ist immer größer geworden, zahlreiche internationale Nachrichtenmedien hatten unabhängig voneinander dazu recherchiert. Unsere Recherchen waren nur ein Puzzlestück; vor allem in den USA hatte das Thema heftig Fahrt aufgenommen.
Wir suchen Verstärkung für die Redaktion!
Doch gelöst und abgehakt ist das ganze noch lange nicht. Offenbar wurde das Gesetz bei den Trilog-Verhandlungen verwässert und bei Betroffenen muss erst ein schwerer Schaden vorliegen, bevor es überhaupt greift. Das wäre schon ein ziemlicher Dämpfer. Genauer kann ich das aber erst bewerten, wenn auch der finale Gesetzestext der Einigung vorliegt. Darauf warte ich jetzt gespannt. Und letztlich kann so ein Gesetz auch nur ein Baustein sein, um ein Riesenproblem wie dieses anzugehen.
Dennoch, am Beispiel bildbasierter Gewalt lässt sich sehr gut anschaulich machen, was unsere journalistische Arbeit bedeuten kann. Mit langem Atem und kritischem Blick verfolgen wir Missstände, recherchieren, durchleuchten Gesetze und setzen uns beharrlich für Grundrechte ein. Wenn jemand von euch so etwas auch tun möchte – oder jemanden kennt – dann könnte diese Ausschreibung hier genau das Richtige sein: Wir suchen nämlich Verstärkung in der Redaktion von netzpolitik.org! Bewerbungsfrist ist der 27. Februar.
In der Ausschreibung findet ihr auch unser jüngstes Gruppenfoto. Wir fanden das kreativ, uns etwas auf dem Bild zu verteilen. Der Typ im Strandkorb bin ich. Es wird dann wohl bald Zeit für ein neues Foto, wenn der oder die neue Kolleg*in an Bord ist. Ich bin schon super gespannt, wer es wird!
Euch ein schönes Wochenende
Sebastian
#281 Off The Record: Das wird 2024 wichtig
Wer will dieses Jahr das Internet kaputt machen und welche netzpolitischen Kämpfe sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen? In dieser Podcast-Folge berichten wir, wie wir uns auf das neue Jahr vorbereitet haben, was uns Sorgen macht und worauf wir uns freuen. Von Sebastian Meineck –
Artikel lesen
Öffentliches Geld – Öffentliches Gut!: Wie die EU von Geodaten profitieren kann
Statt Eigentum an Fakten bräuchte es freiere Lizenzen für nicht-personenbezogene Daten. Am Beispiel von Geodaten lässt sich gut nachvollziehen, wie das allen nutzen würde. Von Friederike von Franqué –
Artikel lesen
None Of Your Business: Florierender Datenhandel erhält Gegenwind aus Bayern
Die Datenschutzorganisation None Of Your Business freut sich über einen Etappensieg: Der bayerischen Datenschutzbehörde zufolge habe die Kreditauskunftei CRIF personenbezogene Daten zweckentfremdet und somit die Datenschutz-Grundverordnung verletzt. Der Bescheid könnte ein weiterer Schritt in Richtung Grundsatzurteil sein. Von Tomas Rudl –
Artikel lesen
Spionagetechnologie in Jordanien: Mehr Spionageopfer durch Staatstrojaner Pegasus
In Jordanien sind mehr als dreißig Journalisten, Menschenrechtler und Aktivisten mit dem Pegasus-Staatstrojaner gehackt worden, manche gleich mehrfach. Access Now fordert Sanktionen gegen den Pegasus-Anbieter NSO Group, deren Mitarbeiter und Geschäftspartner. Auch die Staatstrojaner-Kunden sollten zur Rechenschaft gezogen werden. Von Constanze –
Artikel lesen
Menschenrechte: Amnesty kritisiert digitale Technologien zur Migrationskontrolle
Im Umgang mit Menschen auf der Flucht setzen europäische Staaten und die USA immer mehr digitale Techniken ein. Die Entwicklung geht so schnell, dass Menschenrechte auf der Strecke bleiben. Von Markus Reuter –
Artikel lesen
„Große Enttäuschung“: EU will Frauen einheitlich vor Gewalt schützen – außer vor Vergewaltigung
Die EU hat sich auf eine Richtlinie geeinigt, die Frauen besser vor Gewalt bewahren soll, auch im Internet. Bildbasierte Gewalt steht künftig ausdrücklich unter Strafe. Doch an einem Gesetz gegen Vergewaltigung ist die EU gescheitert. Von Sebastian Meineck –
Artikel lesen
Interoperables Europa: Behörden sollen Datenaustausch besser abstimmen
Wenn Behörden in der EU über Staatsgrenzen hinweg Daten tauschen möchten, braucht es teils immer noch Papier und Stift. Das neue Gesetz für ein interoperables Europa soll helfen und Behörden zu mehr Abstimmungen verpflichten. Fachleute kritisieren, dass quelloffene Software dabei zu kurz kommt. Von Maximilian Henning –
Artikel lesen
Süddeutsche Zeitung: Heiligt der Zweck die Überwachung?
Die Süddeutsche Zeitung hat die Kommunikation der eigenen Redaktion analysiert. Bei der drastischen Maßnahme geht es um gleich zwei hohe Güter des Journalismus: den Quellenschutz und das Redaktionsgeheimnis. Ein Kommentar. Von Gastbeitrag, Daniel Moßbrucker –
Artikel lesen
Internet-Kontrolle: Belgien setzt Überwachungs-KI der deutschen Medienaufsicht ein
Auch Medienwächter*innen in Belgien durchforsten das Internet automatisch, unter anderem suchen sie frei zugängliche Pornografie. Dahinter steckt das Online-Werkzeug KIVI, das die deutsche Medienaufsicht in der EU beworben hat. Andere Länder haben bislang nicht angebissen. Von Sebastian Meineck –
Artikel lesen
UN Cybercrime Convention: Kurz vor Schluss sind viele Fragen offen
Bis morgen wollen die Vereinten Nationen einen Vertrag zur Bekämpfung von Cyberkriminalität verhandeln. Doch kurz vor Schluss sind sich die Staaten weiterhin uneinig, worauf sich die Regeln überhaupt beziehen sollen. Auch wohlmeinende IT-Sicherheitsforschung könnte in den Fokus von Ermittlungen geraten. Von Anna Biselli –
Artikel lesen
Interoperabilität: WhatsApp soll bald mit anderen Messengern reden können
Wegen neuer Regeln in der EU muss WhatsApp sich so öffnen, dass die Nutzer:innen auch mit Kontakten auf anderen Messengern kommunizieren können. Nun hat WhatsApp erste Details verraten, wie das gehen soll. Doch grundsätzliche Probleme bleiben. Von Markus Reuter –
Artikel lesen
Gigabit Infrastructure Act: Eine Extrawurst für Deutschland
Mit dem Gigabit Infrastructure Act will die EU den Breitbandausbau beschleunigen und dabei einheitliche Regeln festschreiben, etwa für die Mitnutzung von Leerrohren. Doch im Gesetz fällt eine Ausnahmeregelung auf, die kleinere deutsche Netzbetreiber schützen soll. Von Tomas Rudl –
Artikel lesen
Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes: Ausnahme für Geschäftsgeheimnisse als „Geschenk für Unternehmen“
Das deutsche Datenschutzgesetz soll geändert werden. Ein Teil davon ist gut für Verbraucher:innen, ein anderer öffnet Unternehmen neue Möglichkeiten, zu mauern. Datenschützer fordern, den Passus unbedingt zu streichen. Von Markus Reuter, Ingo Dachwitz –
Artikel lesen
Offener Brief zum EHDS: „Grundrechte der europäischen Patient:innen wahren“
Die EU will die medizinischen Daten von Millionen Bürger:innen zusammenführen. Für diesen Europäischen Gesundheitsdatenraum laufen gerade die finalen Verhandlungen. Bürgerrechtsorganisationen warnen: Patient:innen brauchen mehr Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten und ein umfassendes Widerspruchsrecht. Von Daniel Leisegang –
Artikel lesen
Lücken der KI-Verordnung: Ampel will Verbot biometrischer Echtzeit-Überwachung
Die neue KI-Verordnung soll invasive Überwachung in der EU ermöglichen. Abgeordnete der Regierungsparteien wollen deshalb strengere Regeln für Deutschland, etwa ein Verbot von Emotions- und Gesichtserkennung in Echtzeit. Von Sebastian Meineck –
Artikel lesen
Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.
Zur Quelle wechseln
Zur CC-Lizenz für diesen Artikel
Author: Sebastian Meineck