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Legalisierung: Beim Dealer ist mehr Datenschutz

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

Ein absurd schlechter Schutz sensibler Daten von Konsumierenden wird die legale Abgabe von Cannabis torpedieren. Kiffer:innen müssen fürchten, dass ihre Daten vom legalen Kauf in den Händen von Polizei & Co. landen. So bleibt der Dealer attraktiv. Ein Kommentar.

Mensch mit Joint im Mund
Der Datenschutz für Kiffer im Gesetz ist so schlecht, dass die lieber weiter illegal kaufen werden. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Enters

Wer in Zukunft legal kiffen möchte, muss entweder selbst anbauen oder sein Bubatz bei einem Anbauverein beziehen. Während das Selbstanbauen recht unkompliziert und datensparsam geregelt ist, wird das legale Gras vom Verein – wie Recherchen von netzpolitik.org zeigen – zum absoluten Datenschutz-Horrortrip.

Wer in so einem Anbauverein ab und zu was zu Rauchen holen will, muss dort Mitglied werden. Als Mitglied landet man mit Name, Anschrift und Geburtsdatum in einer Mitgliederliste. Wird etwas zu Kiffen geholt, muss der Verein Name, Geburtsjahr und Abgabemenge in einer Liste vermerken. Es entsteht lokal beim Verein eine Datenbank von Kifferinnen und Kiffern – und ihren Konsumgewohnheiten. Die Vereine müssen diese Kiffer-Listen fünf Jahre aufbewahren.

Nun können solche hochsensiblen Datenbanken, die Menschen den Job und die Reputation kosten können, schon dem Verein durch Unachtsamkeit, Hacken und andere Lecks abhanden kommen. Doch zu dieser Gefahr gesellt sich noch eine andere: Der Staat darf die Datenbanken der Vereine mit seiner Aufsichtsbehörde jederzeit kopieren und bei sich für zwei Jahre abspeichern. Die vom jeweiligen Bundesland zu bestimmenden Aufsichtsbehörden sind verpflichtet, diese Kiffer-Daten anderen Behörden wie der Polizei schon bei Ordnungswidrigkeiten herauszugeben. Richtig gehört: Ordnungswidrigkeiten. Falschparken quasi. Es dürfen sogar Daten von potentiellen Zeug:innen herausgegeben werden. In anderen Worten: Mehr Spielraum zur Herausgabe geht kaum.

Datenschutzalbtraum Legalisierung

Mit den Daten Repression machen

Wenn man sich die Aussagen des bayerischen Landeshauptmanns Ministerpräsidenten Markus Söder anhört, dann kann man sich lebhaft ausmalen, wie genau dieser im Gesetz eingebaute Datenschutzalbtraum für die Repression gegen Kiffer:innen genutzt werden kann. Denkbar sind hier die Konstruktion von Verdachtsmomenten mit anschließenden Hausdurchsuchungen genauso wie die Weitergabe an Führerscheinstellen samt anschließender Gängelung mit Drogentests und ähnlichem. Statt mehr Freiheit könnte die Legalisierung mehr Verfolgungsdruck für die Konsument:innen bedeuten.

Was in jedem Fall klar ist: Der mangelnde Datenschutz wird dem eigentlichen Zweck des Gesetzes – nämlich den Schwarzmarkt auszutrocknen und Menschen vom Dealer weg hin zu legalen Strukturen zu bringen – vollkommen entgegenstehen. Jahre der Verfolgung haben bei Kiffer:innen Spuren hinterlassen, sie werden diesem Abgabe-System und der Datenerfassung nicht vertrauen. Zu Recht, denn dafür muss man nicht einmal paranoid sein. Kaum ein Gelegenheitskiffer wird sich auf so ein Risiko einlassen, bei dem man auch direkt an Staat und Polizei schreiben könnte: „Ich bin Kiffer, schaut doch mal bei mir vorbei und macht mir Stress mit dem Führerschein.“

Es ist absurd, aber der Dealer von nebenan oder das Gras-Taxi von Telegram bieten einfach ein Vielfaches mehr an Datenschutz und Privatsphäre als dieses Gesetz.


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Author: Markus Reuter

Spd landtagsabgeordnete lena teschlade. Rebuilding the kingdom : 2023 orlando magic. Dieses bild teilen :.