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Marktmacht missbraucht: Apple handelt sich Milliardenbuße ein

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

Apple hat seine Marktmacht missbraucht und gegen EU-Kartellrecht verstoßen, gab heute die EU-Kommission bekannt. Weil das Unternehmen seine Konkurrenz auf dem Markt von Musikstreaming-Apps jahrelang benachteiligt hat, soll es 1,8 Milliarden Euro Geldbuße zahlen. Apple wird dagegen Berufung einlegen.

Beschädigtes iPhone
Apples Geschäftspraktiken haben einen empfindlichen Schaden abbekommen. (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / NurPhoto

Der Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung kommt den IT-Konzern Apple teuer zu stehen. Nach einer jahrelangen Untersuchung der EU-Kommission muss das kalifornische Unternehmen 1,8 Milliarden Euro Geldbuße wegen Verstößen gegen das EU-Kartellrecht bezahlen, gab heute die Kommission bekannt.

Konkret geht es um die Zugangsbedingungen für Anbieter in den App Store des Smartphone-Herstellers. Bislang war der App Store für Drittanbieter die einzige Möglichkeit, ihre Angebote auch iOS-Nutzer:innen fernab von schlichten Websites zu unterbreiten. Apple knüpft den kostenpflichtigen und exklusiven Zugang an weitere Bedingungen. So dürfen App-Entwickler:innen ihre Nutzer:innen etwa nicht in einer App über günstigere Musikabonnements informieren, die sich gegebenenfalls außerhalb der App beziehen lassen.

Ursprünglich hatte unter anderem der Musik-Streaming-Riese Spotify die Beschwerde bei der Kommission eingelegt. Der schwedische Anbieter hatte sich auf Apples Distributionsplattform diskriminiert gefühlt: Auf jedes Abo, das über Apples In-App-Käufe und damit über den App Store abgeschlossen wurde, wurde 30 Prozent Provision an Apple fällig. Dass es das Abo womöglich billiger direkt beim Anbieter gab, durfte aber in der App nicht erwähnt werden. Zusätzlich pikant ist, dass Apple mit Apple Music einen Spotify-Konkurrenten auf dem Markt hat, für den die Regeln nicht in der gleichen Form gelten – und der beim gleichen Abopreis mehr einnimmt als die Konkurrenz.

Ein Jahrzehnt Rechtsbruch

„Apple hat ein Jahrzehnt lang seine beherrschende Stellung auf dem Markt für den Vertrieb von Musikstreaming-Apps über seinen App Store missbraucht“, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Insbesondere habe die Kommission festgestellt, dass Apple App-Entwickler:innen Beschränkungen auferlegte, die sie daran hinderten, iOS-Nutzer:innen über alternative und billigere Musikabonnements zu informieren, die außerhalb der App zur Verfügung stehen. Dies bedeute, dass viele iOS-Nutzer:innen erheblich höhere Preise für Musikstreaming-Abonnements gezahlt haben könnten.

Zudem sei Nutzer:innen auch ein nicht-monetärer Schaden entstanden, führt die Pressemitteilung der Kommission aus: iOS-Nutzer:innen hätten entweder eine aufwändige Suche auf sich nehmen müssen, um zu einschlägigen Angeboten außerhalb der App zu gelangen, oder sie hätten nie ein Abo abgeschlossen, da sie ohne Hinweise nicht das richtige finden konnten.

Insgesamt seien die Regeln von Apple „weder notwendig noch angemessen“ und würden „unlautere Handelsbedingungen“ darstellen, schreibt die Kommission. Sie hätten sich nachteilig für die iOS-Nutzer:innen ausgewirkt, weil sie fundierte und effiziente Entscheidungen von Verbraucher:innen verhindert hätten.

Hohe Strafe soll abschrecken

Die saftige Geldbuße begründet die Kommission auch mit „Abschreckungszwecken“. Sie soll Apple und andere Unternehmen vergleichbarer Größe und mit vergleichbaren Ressourcen davon abhalten, erneut gegen das Kartellrecht zu verstoßen. In die Höhe der Buße eingeflossen sind zudem die Dauer und Schwere der Zuwiderhandlung sowie der Gesamtumsatz und der Börsenwert des Konzerns. Außerdem soll Apple im Rahmen des Verfahrens Falschangaben gemacht haben, so die Kommission weiter.

Spotify begrüßte die Entscheidung, die eine „mächtige Nachricht“ schicken würde: „Kein Unternehmen, nicht einmal ein Monopolist wie Apple, kann seine Macht missbräuchlich ausüben, um zu kontrollieren, wie andere Unternehmen mit ihren Kunden interagieren“, heißt es in einem Blogbeitrag des Streaming-Anbieters.

Apple wiederum bestreitet die Vorwürfe und kündigte an, in Berufung gehen zu wollen. Es sei der Kommission nicht gelungen, schreibt das Unternehmen, „glaubwürdige Beweise für eine Schädigung von Verbraucher:innen zu finden, und sie ignoriert die Realitäten eines Marktes, der floriert, wettbewerbsfähig ist und schnell wächst“.

Geschlossenes System unter Druck

Der abgeschottete App Store von Apple und seine restriktiven Zugangsbedingungen stehen schon lange in der Kritik, dagegen wettern neben Streaming-Anbietern auch Hörbuch-Produzent:innen, Dating-Apps-Anbieter:innen oder Spiele-Hersteller:innen. Aufgrund des zunehmenden Drucks von Entwickler:innen sowie Nutzer:innen hat der Konzern seine Regeln angepasst, in bestimmten Fällen werden inzwischen weniger als 30 Prozent an Provision fällig.

Die grundsätzlichen Probleme der insularen Natur der Software-Vertriebsplattform lösen solche marginalen, freiwilligen Änderungen jedoch nicht. Seine Zähne könnte hingegen das am 7. März vollständig in Kraft tretende EU-Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) zeigen. Das Gesetz richtet sich insbesondere gegen marktdominante Online-Dienste, zu denen laut EU-Kommission auch Apple beziehungsweise einige seiner Dienste zählen, darunter der App Store.

Die neuen EU-Regeln werfen Apples bisheriges System künftig über Bord. Unter anderem wird es möglich sein, Apps am offiziellen App Store vorbei zu installieren, Zahlungsdienstleister erhalten leichteren Zugang und Anbieter:innen können auf ihre eigenen Websites mit ihren eigenen Angeboten verlinken. Allerdings gibt sich Apple größte Mühe, seine neuen Regeln möglichst unfreundlich zu gestalten – so hatte das Unternehmen etwa angekündigt, selbst für App-Installation aus anderen App Stores eine Provision verlangen zu wollen.

Zudem wehrt sich Apple gegen die Einstufung seines App Stores als sogenannter Gatekeeper-Dienst. Dem Unternehmen zufolge betreibe es nicht einen, sondern fünf App Stores, somit falle es nicht unter die Regeln. Mit einer ähnlichen Argumentation hatte Apple jüngst Erfolg: Seinen Messaging-Dienst iMessage muss der Konzern überraschenderweise nun doch nicht für andere Messenger öffnen.


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Author: Tomas Rudl

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