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Medienfreiheitsgesetz: Rat und Parlament streiten, wann der Staat Journalist:innen hacken darf

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.Der Autor ist…
Mit dem Medienfreiheitsgesetz will die EU die Pressefreiheit schützen und die Überwachung von Journalist:innen verbieten. Doch in Brüssel liegen die Vorstellungen weit auseinander, wie stark dieses Verbot ausfallen soll.
Manche EU-Länder haben in den vergangenen Jahren massiv die Pressefreiheit eingeschränkt. Im Bild eine Demonstration in Ungarn gegen ein umstrittenes Mediengesetz – aus dem Jahr 2011. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Attila VolgyiDas EU-Parlament möchte Journalist:innen und ihre Quellen besser vor Überwachung schützen, doch die EU-Länder im Ministerrat drücken auf die Bremse. Sie fordern weitreichende Ausnahmen für die „nationale Sicherheit“. Eskalieren dürfte dieser Konflikt nun in den bevorstehenden Verhandlungen rund um das Europäische Medienfreiheitsgesetz (European Media Freedom Act).
Den Vorschlag für die neue Verordnung hatte die EU-Kommission im Vorjahr auf den Weg gebracht. Sie reagiert damit auch auf die Entwicklungen in Polen und Ungarn, wo Medien zunehmend ihre Unabhängigkeit verlieren und politisch instrumentalisiert werden. Eine Rolle gespielt haben auch die Enthüllungen über den Staatstrojaner Pegasus. Damit wurden in mehreren EU-Staaten auch Journalist:innen und Oppositionspolitiker:innen in Visier genommen. Wenn Regierungen selbst Journalist:innen hacken und aushorchen, dann stehen freie Berichterstattung und der Schutz von Quellen auf dem Spiel.
„Wir mussten in den vergangenen Jahren in mehreren Ländern der EU immer wieder beobachten, dass heftig in die Pressefreiheit eingegriffen wurde“, schreibt der deutsche EU-Abgeordnete Daniel Freund (Grüne) an netzpolitik.org. „Unter fadenscheinigen Vorwänden wurden Journalisten einfach abgehört. Das müssen wir verhindern.“ So brauche die EU deutlich strengere Regeln für Spionagesoftware. Einsicht in verschlüsselte Daten journalistischer Arbeit gehört verboten, fordert Freund.
EU-Staaten wollen Lücke ins Gesetz reißen
Zumindest das EU-Parlament kommt diesem Ziel ein wenig näher. Vergangene Woche haben sich die federführenden Ausschüsse auf eine gemeinsame Position zu dem geplanten Regelwerk verständigt. Darin setzen sie der Überwachung von Journalist:innen, ihres Umfelds und ihrer Quellen enge Grenzen. Anfang Oktober soll dann das Plenum des Parlaments über diese Position abstimmen. Dabei kann sich etwas ändern: Obwohl die Position im hauptverantwortlichen Ausschuss für Kultur und Bildung (CULT) mit einer breiten Mehrheit angenommen wurde, könnten sich noch Änderungen ergeben. Danach ist der Weg frei für die sogenannten Trilog-Verhandlungen über das finale Gesetz, dafür kommen Parlament, Ministerrat und EU-Kommission zusammen.
Wie sich die EU-Staaten zum Vorschlag der Kommission verhalten, steht bereits fest. Auf Drängen von Frankreich, Deutschland und weiteren Staaten pochen sie auf einen Blanko-Scheck für Überwachungsmaßnahmen, sofern die „nationale Sicherheit“ berührt wird. Freilich hebelt das die guten Absichten des Gesetzes aus, schließlich führen betroffene Staaten längst „nationale Sicherheitsinteressen“ für den Einsatz von Pegasus an – und verweigerten mit der gleichen Begründung die Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments.
Dabei gibt es überwältigende Hinweise darauf, dass die Spionage in vielen Fällen reichlich wenig mit nationaler Sicherheit zu tun hatte. Erst letzte Woche kam eine von der Opposition kontrollierte Sonderkommission des polnisches Senats zu dem Schluss, der Einsatz von Pegasus sei illegal gewesen und habe die vergangene Parlamentswahl manipuliert.
Sippel pocht auf „unerlässliche Eckpunkte“
Ähnliche Vorfälle will das EU-Parlament eigentlich mit dem neuen Gesetz verhindern. Manchen grünen, linken und sozialdemokratischen Abgeordneten fällt der vorgesehene Schutz allerdings nicht stark genug aus. Denn auch der Kompromisstext des Parlaments enthält Ausnahmen: Beim Verdacht auf schwere Straftaten, etwa Terrorismus oder Mord, könnten in Einzelfällen und nach einer richterlichen Genehmigung die Geräte von Journalist:innen dennoch abgehört oder beschlagnahmt werden. Das geht aus der konsolidierten, nicht-offiziellen Fassung der Parlamentsposition hervor. Sie folgt dem Vorschlag des LIBE (Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres), der für die entsprechenden Passage zuständig ist.
Es ist möglich, dass zur kommenden Abstimmung im EU-Parlament noch Änderungsanträge eingereicht werden, die das Überwachungsverbot für Journalist:innen nachschärfen. Einigermaßen fest steht für das Parlament jedoch, dass es keine breiten Ausnahmen für die Überwachung von Journalist:innen geben soll, wie sie der EU-Rat fordert.
Nur dann könnte das Gesetz ein „Meilenstein in der Gesetzgebung zum Schutz der Medienfreiheit und des Medienpluralismus“ werden, mahnt die deutsche EU-Abgeordnete Birgit Sippel (SPD) . „Das Verbot des Einsatzes von Spähsoftware und der Schutz journalistischer Quellen und verschlüsselter Kommunikation sind unerlässliche Eckpunkte, die es in den Verhandlungen mit dem Rat unermüdlich zu verteidigen gilt“, schreibt Sippel.

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Author: Tomas Rudl

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