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Onlinezugangsgesetz 2.0: Sachverständige fordern umfassende Anpassungen

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.Der Autor ist…
Der Bund muss bei der neuen Version des Onlinezugangsgesetzes grundlegend nachbessern. So lautet die Einschätzung von 14 Sachverständigen im Deutschen Bundestag. Unisono kritisierten die Expert:innen im Innenausschuss die schleppende Verwaltungsdigitalisierung.
Sachverständige mahnen Verbesserungen beim neuen Onlinezugangsgesetz an. (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten Mappenstapel: Unsplash/Sear Greyson; Hände: Unsplash/Mil Weiler/Marek Studzinski/Serge Kutuzov; Montage: netzpolitik.orgDie Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung hat mit zahlreichen Baustellen zu kämpfen, während die Behörden von zwei Seiten unter wachsendem Druck stehen. Auf der einen Seite fragen Bürger:innen, Unternehmen und Organisationen ungeduldig danach, wann sie endlich Anträge für Verwaltungsleistungen online abwickeln können. Auf der anderen Seite wünschen sich Verwaltungsmitarbeiter:innen einen raschen technologischen Wandel, da sie noch immer Anträge häufig zunächst ausdrucken, um sie nach der Bearbeitung zu den papiernen Akten zu legen.
Der Bund wollte hier schon längst weiter sein. Die Frist des Onlinezugangsgesetzes (OZG) lief Ende 2022 ab. Bis dahin hätten Bund, Länder und Kommunen 575 Verwaltungsleistungen online verfügbar machen sollen. Von diesem Ziel ist die Verwaltung derzeit noch weit entfernt. Mit dem OZG-Änderungsgesetz (OZG 2.0) will der Bund nun einen Neustart wagen und wieder Schwung in die Sache bringen.
Das dazugehörige Gesetzgebungsverfahren ging gestern mit der öffentlichen Anhörung im Innenausschuss in die nächste Runde. 14 Sachverständige aus Forschung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft sowie Vertreter:innen der Kommunalen Spitzenverbände kamen im Deutschen Bundestag zu Wort. Das Urteil von Malte Spitz vom Nationalen Normenkontrollrat (NKR) fasste ihre Kritik zusammen: Die Änderungen des OZG werden keine Trendumkehr in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung einleiten.
Für eine solche Trendumkehr, da zeigten sich alle Expert:innen einig, müsse der Gesetzgeber beim OZG 2.0 nachbessern. Die großen Forderungen liegen bereits seit langem auf dem Tisch: Es braucht (offene) Standards und Schnittstellen, ein transparentes Monitoring und klare Zielvorgaben.
Drei grundlegende Anliegen
Konkret forderte Gudrun Aschenbrenner von der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung Bayern (AKDB) „IT-Standards, die für alle beteiligten Stellen und Leistungen gleichermaßen gelten“. Damit adressierte sie das Problem, dass Bund, Länder und Kommunen bisher jeweils eigene Lösungen digitaler Verwaltungsleistungen entwickeln, die häufig miteinander inkompatibel sind. Das führe zu Kosten und einem hohen Aufwand.
Dass ein transparentes Monitoring fehle, bemängelten mehrere Sachverständige, unter ihnen Malte Spitz und Bianca Kastl vom Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit. Auch brauche es ein OZG-Dashboard, das die „Digitalisierungsfortschritte“ auf allen Ebenen abbildet. Zum einen erhielten Bürger:innen damit Einblicke in den Stand der Verwaltungsdigitalisierung, zum anderen würde ein sorgfältiges Monitoring den Behörden dazu dienen, den Fortschritt bei der Verwaltungsdigitalisierung ermessen zu können.
Ein solcher Fortschritt lasse sich jedoch erst dann bestimmen, wenn es klare Zielvorgaben gibt, ergänzte Ammar Alkassar, der im Vorstand des neu eröffneten GovTech Campus Baden-Württemberg sitzt.
Die Nutzer:innenperspektive einbeziehen
Während die meisten Sachverständigen die Perspektive der Verwaltung und Wirtschaft einnahmen, etwa Ariane Berger vom Deutschen Landkreistag oder Inga Karrer von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), machte Kastl sich für die Standpunkte der Zivilgesellschaft stark.
Aus ihrer Sicht greife das OZG 2.0 nur unzureichend die Nutzer:innenperspektive auf, so Kastl. Für Bürger:innen sei es zum Beispiel nicht nachvollziehbar, was langfristig die Ziele der Verwaltung sind oder worauf sich Bürger:innen langfristig einstellen müssen. Es brauche daher gemeinsame Zielbilder, die nutzer:innenzentriert formuliert und für Bürger:innen transparent sind, so Kastl.
Sie betonte zudem, wie wichtig offene Standards für die Digitalisierung der Verwaltung seien, die für alle beteiligten Stellen verbindlich sind. Diese trügen erheblich dazu bei, Kosten und Aufwand bei Digitalisierungsprojekten einzusparen.
Frist oder nicht Frist
Dass das neue OZG keine Fristen vorsieht, bis zu welchen die Digitalisierungsprojekte umgesetzt sind, kritisierte unter anderem Jonas Botta vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer. Er plädierte dafür, Nachfristen für einzelne Digitalisierungsprojekte einzuführen, die „nach Prioritäten gestaffelt“ sind. Botta forderte zudem, einen Rechtsanspruch für Bürger:innen auf digitale Verwaltungsleistungen vorzusehen. Hier sei ebenfalls eine Staffelung denkbar.
Gegen einen solchen Rechtsanspruch sprach sich neben Alexander Handschuh vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) auch Jörg Kremer von der Föderalen IT Kooperation (FITKO) aus. Wie die Sachverständige Annette Guckelberger, Professorin für Öffentliches Recht in Saarbrücken, begründete Kremer dies damit, dass die Digitalisierung noch nicht weit genug fortgeschritten sei, um einen Rechtsanspruch zu formulieren und einlösen zu können. Auch gebe es „keine OZG-Polizei“, die dieses Recht bei Versäumnissen durchsetzt, so Kremer.

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Author: Esther Menhard

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