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Der gestrige Kompromissvorschlag geht der Bundesregierung offenbar nicht weit genug. Sie fordert, dass die umstrittenen Teile wie die Chatkontrolle erst einmal aus der Verordnung herausgenommen werden.
Mit der Chatkontrolle würde eine neue Form der anlasslosen Massenüberwachung eingeführt. (Symbolbild) – CC-BY-SA 4.0 Jakob Rieger/Digitale FreiheitIn einem Positionspapier vom gestrigen Donnerstag hat die deutsche Bundesregierung vorgeschlagen, die EU-Verordnung zur Bekämpfung von sexuellen Kindesmissbrauch im Internet „aufzuspalten“. Wie Euractiv berichtet, solle das Dossier in zwei Teile aufgeteilt werden, in „allgemein akzeptable Bestimmungen“, die im Kompromisstext verbleiben, und in „umstrittene Bestimmungen“, die gestrichen werden. Zu den umstrittenen Bestimmungen gehört laut dem Papier die Chatkontrolle, also das anlasslose Durchsuchen von Dateien auf Smartphones und anderen Endgeräten vor deren Verschlüsselung. Die gestrichenen Teile sollen später in einen neuen Verordnungsentwurf aufgenommen und neu verhandelt werden.
Das Positionspapier ist als Reaktion auf den Pseudo-Kompromiss vom 10. Oktober zu werten, der ebenfalls gestern öffentlich wurde. Dieses Papier enthält weiterhin die umstrittene Chatkontrolle.
Im Rat der Europäischen Union gibt es Widerstand gegen die Verordnung. Eine Sperrminorität aus mindestens vier Ländern, die 35 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, ist möglich. Die Ampel-Regierung vertritt nach langem Zwist die Position, dass verschlüsselte Kommunikation etwa bei WhatsApp oder Signal ausgenommen sein soll. Österreich, Schweden, die Niederlande und Polen sehen die Verordnung mindestens kritisch. Am heutigen Freitag tagen die ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER II). Sie sollen signalisieren, ob ihre Staaten dem Kompromiss zustimmen würden. Inwieweit das neue deutsche Positionspapier in dieses Treffen einfließt, ist derzeit unbekannt.
Alte Regelung verlängern, Chatkontrolle später verhandeln
Laut Euractiv schlägt die Bundesregierung zudem vor, dass die bisherige Regelung zur freiwilligen Detektion von Missbrauchsbildern verlängert wird. So bliebe Zeit dafür, die umstrittenen Teile der Verordnung zu diskutieren. Internet-Dienste und Plattformen könnten dann mit der freiwilligen Aufdeckung von Missbrauchsmaterial (CSAM) in dem Maße fortfahren, wie es die bestehende Übergangsverordnung erlaubt.
Laut Euractiv ist die Bundesregierung der Ansicht, dass auch die verbleibenden Teile der Verordnung „einen erheblichen Mehrwert gegenüber dem derzeitigen rechtlichen Status quo“ bieten würden und dass die Einigung auf „diese erstmals auf EU-Ebene geschaffenen Rechtsgrundlagen“ den Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern befördern würde. So würden unter anderem die Behörden dahingehend gestärkt, dass sie handeln und gegen diese Art von Material vorgehen können.
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Author: Markus Reuter