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Sachsen-Anhalt: Keine Lösung für Datenschutzkrise in Sicht

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Schon drei Mal ist die Wahl eines neuen Datenschutzbeauftragten in Sachsen-Anhalt krachend gescheitert. Nach dem jüngsten Wahldebakel setzen CDU, SPD und FDP nun auf Zweckoptimismus. Die Opposition ist skeptisch – und bietet erneut Hilfe an.
Seit Ende 2020 unbesetzt: der Stuhl des Datenschutzbeauftragten von Sachen-Anhalt (Symboldbild) – CC-BY-SA 2.0 ThomasEs ist Ende September 2023 und Sachsen-Anhalt hat immer noch keine:n Landesbeauftragte:n für Datenschutz. Seit bald drei Jahren ist die Stelle unbesetzt. Wir haben uns im Landtag umgehört: Eine Lösung der Krise scheint nicht in Sicht.
Auf den Tag drei Monate ist es heute her, dass die Regierungsparteien CDU, SPD und FDP trotz komfortabler Mehrheit im Landtag mit ihrem Kandidaten scheiterten. Inzwischen hat Daniel Neugebauer seine Kandidatur auch offiziell zurückgezogen. Der Jurist aus Halle war im Juni von der CDU als einziger Kandidat für das Amt vorgeschlagen worden und erhielt in drei Wahlgängen nicht die erforderliche Mehrheit.
Damit war nicht nur der dritte Versuch innerhalb von fast sechs Jahren gescheitert, einen neuen Landesdatenschutzbeauftragten für Sachsen-Anhalt zu wählen. Das Wahlchaos offenbarte auch tiefe Risse innerhalb des Regierungsbündnisses. Und, so interpretierten es viele, in der CDU Sachsen-Anhalt. Denn SPD und FDP versicherten, geschlossen für den gemeinsamen Kandidaten gestimmt zu haben. Abweichler in der CDU-Fraktion hatten schon die Besetzungsversuche in den Vorjahren torpediert.
Ein Abgeordneter der CDU-Fraktion rief auf Twitter gar nach Neuwahlen für das Land, die Opposition sprach von einer Regierungskrise. Dass Teile der CDU, die im Landtag mit Abstand die größte Fraktion stellt, offen für eine Zusammenarbeit mit der AfD sind, ist kein Geheimnis.
„Der Ball liegt bei der CDU“
„Es ist unser ausdrückliches Ziel, den Posten des Datenschutzbeauftragten so schnell wie möglich, noch in dieser Legislaturperiode, zu besetzen“, betont nun auf Anfrage SPD-Sprecher René Wöfler. Die Regierungsparteien würden seit 2018 über die Neubesetzung der Stelle reden. „Der Datenschutz verdient eine würdige Vertretung, das muss uns allen bewusst sein.“ Das Thema sei „eine von mehreren drängenden Fragen innerhalb der Koalition“. Allerdings liege das Vorschlagsrecht bei der CDU.
Auch Andreas Silbersack, Vorsitzender der FDP-Fraktion, betont: „Der Ball liegt bei der CDU-Fraktion“. Er sei zuversichtlich, „dass die Deutschlandkoalition in Sachsen-Anhalt auch in dieser Frage weiterhin vertrauensvoll zusammenarbeiten und zu einer guten Lösung für unser Land kommen wird“. Man müsse der CDU nach der Absage von Daniel Neugebauer „nun auch Zeit geben, um eine fachlich geeignete Person für dieses wichtige Amt ausfindig zu machen, um dann natürlich schnellstmöglich einen neuen Landesdatenschutzbeauftragten im Landtag zu wählen“.
Vom Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Landtag Guido Heuer heißt es: „Mit Bedauern haben wir den Rückzug von Herrn Dr. Daniel Neugebauer als Kandidaten für das Amt des Datenschutzbeauftragten des Landes Sachsen-Anhalt am Freitag zur Kenntnis genommen.“ Leider habe der Landtag diesem „ausgesprochen geeigneten Fachmann in einer geheimen Wahl die Zustimmung verweigert.“
Was genau im Juni eigentlich schiefgelaufen ist, dazu äußert sich Heuer nicht. „Die Vermutungen zu den Gründen sind reine Spekulation.“ Die CDU-Landtagsfraktion werde zum gegebenen Zeitpunkt einen neuen Kandidaten präsentieren, so der Fraktionsvorsitzende.
„Die CDU hat sich und den Datenschutz aufgegeben“
Nach besonderer Eile klingt das alles nicht. Deutlich skeptischer äußert sich deshalb die Opposition. „Die ganze Führungslosigkeit der CDU Sachsen-Anhalt zeigt sich in ihrer Unfähigkeit, erfolgreich Mehrheiten für einen Datenschutzbeauftragten zu organisieren“, schreibt uns der Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel. Er habe wenig Hoffnung, dass sich in dieser Wahlperiode daran etwas ändere. „Die CDU hat sich und das Thema Datenschutz aufgegeben.“
Auch Henriette Quade von der Linkspartei spart nicht mit Kritik. „Das Verhalten der Regierungskoalition ist schlichtweg verantwortungslos“, so die Innenpolitikerin. „Diese in Zeiten zunehmender Digitalisierung und Cyberkriminalität immer wichtiger werdende Stelle über Jahre hinweg unbesetzt zu lassen und innerhalb der Koalition vereinbarte Wahlen aus parteipolitischem Kalkül zu torpedieren, zeigt, dass es um den Datenschutz in Sachsen-Anhalt nicht gut bestellt ist.“
Sie könne nicht erkennen, dass sich seit dem Wahldebakel etwas an der Lage geändert habe. Dabei wäre die Lösung eigentlich einfach, so Quade weiter: „Die Koalition wählt den von ihr selbst vorgeschlagenen Bewerber.“ Durch das „unwürdige Gebaren“ werde es jedoch immer schwieriger, geeignete Kandidat:innen zu finden.
Bislang keine Lösung in Sicht
Direkt nach der gescheiterten Wahl Neugebauers hatten die Grünen öffentlich angeboten, der Koalition aus der Patsche zu helfen und gemeinsam einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu finden.
Auch Henriette Quade von der Linkspartei betont nun auf Anfrage: „Wir verschließen uns keinem Gesprächsangebot.“ Es wäre an den Koalitionsfraktionen, auf die demokratischen Oppositionsfraktionen zuzugehen, einen neuen Vorschlag zu machen und um Mehrheiten zu werben. Dabei dürfe es jedoch nicht nur um die Besetzung der Stelle gehen, sondern brauche „dringend eine Stärkung der Behörde insgesamt, zum Beispiel durch mehr Personal, um die immer komplexer werdenden Aufgaben erfüllen zu können“.
Bisher scheint es jedoch keine Bewegung in diese Richtung zu geben. Wir haben CDU-Fraktionschef Heuer gefragt, ob er auf das Angebot der Opposition eingehen wolle. Darauf erhielten wir keine Antwort. Auch Andreas Silbersack von der FDP gibt sich bei dem Thema schmallippig. „Die Äußerungen der Grünen haben wir zur Kenntnis genommen.“ Es brauche jedoch erst einen neuen Personalvorschlag der CDU, dann könnte man Gespräche mit den anderen Fraktionen führen.
Offener für die Idee zeigt sich die SPD. Es sei vollkommen klar, dass die Wahl des Datenschutzbeauftragten eine breite parlamentarische Mehrheit brauche, so Parteisprecher René Wölfer. „Gespräche mit anderen demokratischen Fraktionen können dazu beitragen, diese zu erreichen.“
Die nächsten Landtagswahlen finden voraussichtlich im Frühjahr 2026 statt. Das sind noch zweieinhalb Jahre. Vorausgesetzt, dass die Koalition bis dahin hält.

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Author: Ingo Dachwitz

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