Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen

Staatstrojaner: Wie Deutsche an der Spionagesoftware Predator mitverdienen

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.Der Autor ist…
Eine internationale Recherche zeigt das Millionengeschäft mit Spionagesoftware aus Europa. Der Firmenverbund Intellexa Alliance soll unter anderem Ägypten und Libyen mit Werkzeugen versorgt haben, um Smartphones zu hacken. Auf der Kundenliste soll auch die deutsche Hackerbehörde Zitis stehen.
Thanasis Koukakis, griechischer Journalist, der Opfer der Spionagesoftware Predator geworden ist, spricht vor den Mitgliedern des PEGA-Untersuchungsausschusses. – Alle Rechte vorbehalten Europäisches ParlamentVor etwas mehr als einem Jahr hatte ein Programm namens Predator seinen Auftritt in der internationalen Öffentlichkeit. Die Rede war von „Griechenlands Watergate“: ein Journalist, ein Oppositionsführer und mehrere weitere Personen waren über ihre Handys gehackt und ausgespäht worden.
Der Firmenverbund hinter Predator, Intellexa, wurde maßgeblich auch aus Deutschland finanziert. Das deckt nun eine internationale Recherche auf, an der auch der Spiegel beteiligt war. Dem Bericht zufolge soll das Geld für die Entwicklung der Software unter anderem von einem Risikogeldgeber mit Sitz in der Kleinstadt Zossen südlich von Berlin gekommen sein. Auch der Berliner Kulturinvestor Yoram Roth soll 1,5 Millionen Euro in eines der Unternehmen im Konsortium investiert haben.
Intellexa war bereits nach dem Skandal in Griechenland in den Blick geraten. Es kann als einziges europäisches Unternehmen mit dem Marktführer NSO Group und seinem Staatstrojaner Pegasus mithalten. Ein Untersuchungsausschuss im EU-Parlament hatte sich mit Predator beschäftigt.
Deutsche Hackerbehörde auch Intellexa-Kunde
Laut dem Bericht hatte auch die deutsche Regierung wenig Hemmungen, Geschäfte mit Intellexa zu machen – obwohl zu dem Zeitpunkt schon bekannt war, dass das Konsortium auch autoritäre Staaten wie Ägypten mit Überwachungswerkzeugen beliefert hatte. Laut internen Dokumenten eines Tochterunternehmens soll etwa die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (Zitis) bereits seit 2019 Kunde sein. Die Behörde mit Sitz in München soll zwei „Überwachungsinstrumente“ für rund eine Million Euro gekauft haben. Das zuständige Bundesinnenministerium wollte sich dem Spiegel gegenüber nicht dazu äußern.
Bisher hatte die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage nur erklärt, Zitis stehe seit 2021 „mit Vertretern des Unternehmens ›Intellexa‹ beziehungsweise dessen Tochterunternehmen Cytrox in Kontakt, um im Rahmen einer Marktsichtung Informationen über das Portfolio des Unternehmens zu erhalten“.
Exportverbote umgangen mit Beratung aus Hamburg
Anhand von internen Chats und Telefonaten konnte das Rechercheteam außerdem nachweisen, wie Intellexa Exportkontrollen und Verbote bei der Ausfuhr der staatlichen Spionagesoftware mit Tricks umgangen hat. Dabei soll auch ein Hamburger Anwalt beraten haben.
Das Telefonat wurde bekannt, weil französische Ermittlungsbehörden zu dem Zeitpunkt bereits das Telefon des französischen Unternehmers Stéphane Salies abhörten. Gegen ihn wurde ermittelt, weil er illegal Überwachungssoftware nach Ägypten und an dem damaligen libyschen Diktator Gaddafi geliefert haben soll. Sein Unternehmen Nexa gehört ebenfalls zu Intellexa.
Über Nexa soll auch die Hamburger Plath Group in dem Firmennetzwerk mit verstrickt sein. Das Unternehmen, zu dessen Kunden auch die Bundeswehr gehört, soll sich bereits 2014 mit Firmenbeteiligungen in Stéphane Salies Firma eingekauft haben, die später Teil von Intellexa wurde.
Überwachung ohne Kontrolle
Predator ist ein so genannter Staatstrojaner: ein Überwachungswerkzeug, das speziell für Militär, Geheimdienste und Ermittlungsbehörden gemacht ist. Angreifer können das Programm unbemerkt aus der Ferne auf einem Mobiltelefon installieren. Dort schneidet es Anrufe, Videos, den Standort mit, auch verschlüsselte Nachrichten in Messengern wie Signal oder WhatsApp noch bevor diese verschickt werden.
Staaten pochen darauf, ihre Ermittlungsbehörden bräuchten solche Werkzeuge, um gegen Terror und schwere Kriminalität zu ermitteln. Zahllose Skandale und ein Untersuchungsausschuss im EU-Parlament, der den Missbrauch von Pegasus, Predator und weiteren Trojanern untersucht hat, zeigen jedoch, wie sehr die Software zum Missbrauch einlädt. In Ungarn, Polen und Griechenland sind damit kritische Journalist:innen und Oppositionsmitglieder abgehört worden. In Spanien traf es die katalanische Separatistenbewegung. In seinem Abschlussbericht hatte der Ausschuss kritisiert, dass in vielen Staaten der EU keine wirksame Kontrolle möglich ist.

Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen. Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.
Zur Quelle wechseln
Zur CC-Lizenz für diesen Artikel

Author: Chris Köver

Dieses bild teilen :. Ils peuvent nous aider à mieux comprendre nos relations, nos finances, nos carrières et nos objectifs de vie.