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Studie: Wenn wir diese Kipppunkte erreichen, ist das Klima GERETTET!

Vor kurzem fand in Dubai die 28. Weltklimakonferenz statt. Der Beschlusstext fordert einen weltweiten Übergang weg von fossilen Energieträgern. Er sieht jedoch keine deutliche Verpflichtung zum kompletten Ausstieg vor und wird daher von vielen Umweltorganisationen als unzureichend kritisiert. Auch auf deutschlandweiter Ebene lassen die Klimaschutzmaßnahmen sehr viel zu Wünschen übrig. So viel sogar, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Klimaschutzpolitik der Ampelregierung als rechtswidrig verurteilt hat. Kippunkte werden stets als Bedrohung in der Klimawissenschaft wahrgenommen. Eine neue Studie zeigt aber, dass es auch Kipppunkte geben könnte, die wir erreichen wollen: Soziale Kipppunkte. Und 5 Wege, das zu erreichen.

Eins ist klar: es wird nicht genug fürs Klima getan. Mit den aktuellen Maßnahmen steuern wir als Weltgemeinschaft auf eine Erwärmung von 3,2 Grad Celsius im Jahr 2100 zu. Die Folgen für die Erde wären fatal. Doch es gibt Möglichkeiten, es ist noch nicht alles verloren. Eine Studie zeigt jetzt, wie wir als Gesellschaft jetzt Schwung in den Klimaschutz bringen können. Das Konzept dahinter: Soziale Kipppunkte. Kurz erklärt sind das Zukunftsszenarios, die von einer Minderheit in der Gesellschaft angestoßen werden und sich dann exponentiell ausbreiten. Einen positiven Klimakipppunkt könnten wir bereits erreicht haben. Vieles deutet darauf hin, dass fossile Energien im Durchschnitt gegen 2025 ihren gemeinsamen Höhepunkt erreichen und danach sinken.

der klimawandel existiert und hat drastische folgen

Die Klimakrise ist real und wir spüren ihre Auswirkungen, auch in Deutschland. Zu wenig Klimaschutz hat jetzt und wird in Zukunft dramatische Folgen haben. Wie extrem es jetzt schon ist, zeigt dir dieser Artikel:

Gleichzeitig geben Klimawandelleugner alles, um Desinformation zu verbreiten und in der Politik stehen Lobbyinteressen oder Ideologien häufig zügigerem Klimaschutz im Wege. Es ist daher einerseits nicht verwunderlich, dass viele Leute mittlerweile mit Deutschlands Klimapolitik frustriert sind und passiv werden. Das ist zwar verständlich aber andererseits fatal: jetzt ist der Moment, die Erderwärmung noch zu begrenzen! Es ist noch nicht alles verloren: Wenn wir jetzt als Zivilgemeinschaft zusammen für mehr Klimaschutz kämpfen, können wir etwas verändern. Gegen eben diese Klimaschutzresignation steuert nämlich das Konzept der sozialen Kipppunkte an: wenn wir an ein paar wichtigen Stellschrauben drehen, können wir tatsächlich Schwung in den Klimaschutz bringen.

Bekannt ist das Wort „Kipppunkt“ eher von den physischen Auswirkungen der globalen Erwärmung. Dort bezeichnet es etwa (irreversible) Veränderungen, die einen noch schnelleren Temperaturanstieg nach sich ziehen könnten. Oftmals werden in dem Kontext beispielsweise das Schmelzen des Eises in der Arktis oder die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes genannt. In diesem Artikel geht es jedoch um soziale Kipppunkte, also tatsächlich erstrebenswerte Entwicklungen, die von einer Minderheit in der Gesellschaft angestoßen werden und dann einen Multiplikatoreffekt nach sich ziehen können. Wir stellen dir fünf dieser Kipppunkte vor.

1. wer klimaschutz sagt, muss weg von fossilen Energieträgern

Wir müssen raus aus der Förderung fossiler Energieträger, allen voran Kohle, Öl und Erdgas. Um das 1,5 -Grad-Ziel bis 2050 zu erreichen, brauchen wir einen Kohle-Komplettausstieg, die Ölnutzung muss um 60 Prozent zurückgehen und die von Erdgas um 45%. Leider scheint diese Info noch nicht bei allen Personen angekommen zu sein – noch erschreckender: noch nicht bei allen, die Entscheidungsträger sind. Bei der Weltklimakonferenz in Dubai stand der Präsident der Konferenz, Al-Jaber, schon seit längerem in der Kritik. Nicht nur ist er Vorstandschef der staatlichen Ölgesellschaft ADNOC der Vereinigten Arabischen Emirate – er behauptete sogar, es fehle die wissenschaftliche Grundlage für die Notwendigkeit eines Ausstiegs aus fossilen Energieträgern. Später versuchte er Schadensbegrenzung und gab vor, er sei missverstanden worden.

Seine Desinformationsverbreitung reiht sich jedoch wunderbar ein in die lange Geschichte der Ölindustrie, die seit Jahrzehnten zu perfiden Tricks greift, um ihrer Verantwortung in der Klimakrise zu entgehen. Nur zur Erinnerung: Von den gesamten industriellen CO²- Emissionen zwischen 1854 und 2010 und Methanemissionen von 1751 bis 2010 entfielen 63 % auf 83 der weltweit größten Kohle-, Erdöl- und Erdgasproduzenten sowie die sieben größten Zementhersteller. Das heißt, dass nur 90 Unternehmen die gesamte fossile Energie und den Zement produziert haben, die für 63 % der weltweiten industriellen CO²- und Methanemissionen verantwortlich sind.

was können wir Bürger:innen da tun?

Zunächst einmal: Es ist nicht deine Schuld, dass die Klimakrise immer dramatischer wird. Selbstverständlich ist es gut, wenn wir auf Fleisch und Fliegen verzichten und auch in anderer Hinsicht auf Klimafreundlichkeit achten. Jedoch wussten klimaschädliche Großkonzerne schon vor 50 Jahren Bescheid, was sie anrichten. Und passiert ist: Herzlich wenig.

Dennoch haben wir als Bürger:innen Einfluss. Ein Faktor liegt auf der Hand: Wir können mit unserer Stimme dazu beitragen, dass die Parteien in den Parlamenten etwas zu sagen haben, die für den Ausstieg aus fossilen Energieträgern kämpfen. Die Studie zu den sozialen Kipppunkten macht klar: Entscheidend in der Energiewende sind Subventionen von klimafreundlichen Energieträgern und das muss nun einmal der Gesetzgeber hinkriegen. Wer allerdings der Gesetzgeber ist, darauf hast du als Wähler:in Einfluss.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Nachfrage, zu sehen beim Beispiel Solarenergie. Je höher die Nachfrage nach Solarpanels ist, umso größer ist der Anreiz für Produzent:innen, sie herzustellen. Und desto eher müssen entsprechende Produzent:innen auf dem Markt miteinander konkurrieren. Das Panel zum besten Preis-Leistungs-Verhältnis wird gekauft – je mehr Produkte der gleichen Art es gibt, umso günstiger werden sie.

Eine Studie zeigt übrigens: Stromerzeugung durch Solarenergie wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten überall nicht nur als klimafreundliche, sondern auch kostengünstigste Methode durchsetzen. Du siehst: mit deiner Stimme und deinem Kaufverhalten hast du Einfluss darauf, wie schnell wir fossile Energien endgültig verabschieden.

2. CO²-neutrale städte für mehr klimaschutz

Direkte und indirekte Emissionen von Gebäuden machen fast 20 % aller CO²-Emissionen aus. Gleichzeitig wächst die städtische Bevölkerung weltweit um 1,3 Millionen. Städte spielen also eine zentrale Rolle im Klimaschutz. Kohlenstoffneutrale Städte könnten zu einem positiven Kipppunkt für mehr Klimaschutz führen. Schaffen es Länder, groß angelegte Demonstrationsprojekte von CO²-neutralen Städten umzusetzen, könnten diese als wichtige Ausgangspunkte dienen, um die breite Öffentlichkeit für das Thema zu interessieren. Das Interesse von Verbraucher:innen an Umwelttechnologien könnte so geweckt werden, was wiederum deren Verbreitung und Vermarktung beschleunigt.

Du siehst: wenn wir als Bürger:innen Interesse an, zum Beispiel, kohlenstoffneutralen Städten zeigen, diejenigen Politiker:innen wählen, mit denen solche Projekte umgesetzt werden können und gleichzeitig politischen Druck aufbauen, können wir zu mehr Klimaschutz aktiv beitragen. Der Kipppunkt wäre den Autor:innen zufolge dann erreicht, wenn beim Städtebau diejenigen Baustoffe und Technologien bevorzugt werden, die nicht auf fossilen Energiequellen basieren.

Bei Punkt 5 werden wir übrigens noch einmal auf die Rolle von mehr Engagement für Klimaschutz zurückkommen – es lohnt sich, weiterzulesen!

3. keine investitionen in fossile energie

Eng verknüpft mit Punkt 1: Wir müssen raus aus fossilen Energieträgern, das heißt, auch die Investitionen in fossile Energie müssen stattdessen in Erneuerbare Energie fließen. Laut der Studienautor:innen könnte es für einen Kipppunkt sogar ausreichen, wenn neun Prozent der Investor:innen ihr Vermögen von fossilen Energien abziehen. Andere würden dadurch zügig folgen. Manche Expert:innen sehen sogar schon die ersten Anzeichen eines Kipppunkts im Investitionsbereich. Immer weniger Kohle-Projekte werden mittlerweile unterstützt.

Doch was kann jeder Einzelne da tun? Zunächst: Du kannst bei deiner Bank bezüglich Investitionen in fossile Energien nachhaken. Wenn das mehrere Kund:innen machen, erzeugt das schon mal Druck. Als nächsten Schritt kannst du dir überlegen, dein eigenes Geld – falls angelegt-, so anzulegen, dass damit keine fossilen Projekte unterstützt werden.

„Wenn jemand wirklich sagt, ich habe eine begrenzte Menge an Zeit und möchte mich um das Thema Geld und Klima kümmern, frag mal bei deiner Bank nach oder bei deinem Versicherer oder bei deiner Krankenkasse, wie die Geld anlegen. Weil: Damit hat man den viel größeren Effekt, als jetzt Stunden und Tage drauf zu verwenden zu gucken: Wo ist mein eigenes Geld.“

Kirsten Krüger von Fossile Free Berlin

Natürlich kannst du dich auch in Protestbewegungen engagieren, die für mehr Klimaschutz im Investitionsbereich kämpfen. Initiativen der Devestment-Bewegung beispielsweise protestieren für einen Abzug von mehr Kapital aus fossilen Projekten und für mehr Investitionen nach ökologisch-sozialen Standards.

4. klimaschutz in unserem wertesystem verankern

Klimaschutz muss als etwas Erstrebenswertes in unserem gesellschaftlichen Wertesystem ankommen. Fachleuten zufolge ist ein Kipppunkt erreicht, wenn ein Großteil der Gesellschaft die ethischen Implikationen von fossilen Energien anerkennt und innerhalb ihrer Netzwerke Druck erzeugt. Veränderungen können wir heute schon sehen, nämlich in Bewegungen wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion.

Als Beispiel für einen historischen Wandel in unserem gesellschaftlichen Wertesystem wird häufig der Sklavenhandel herangezogen. Kurzer historischer Recap: Über 350-400 Jahre erstreckte sich der transatlantische Sklavenhandel, in dem im Zuge der Kolonialisierung der beiden Amerikas circa 40 Millionen Afrikaner:innen verschleppt und versklavt wurden. Die menschenunwürdige Behandlung der Sklaven wurde von einem ethischen Standpunkt aus lange nicht hinterfragt. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts schafften viele ehemalige Kolonialmächte die Sklaverei offiziell ab. Aber wie kam es dazu? Es vollzog sich, grob zusammengefasst und vereinfacht, ein Wandel in der ethischen Wahrnehmung der Sklavenarbeit, der zu dieser Zeit bewusst von einer kleinen Gruppe von Intellektuellen angestoßen und schlussendlich zu einer Abschaffung des transatlantischen Sklavenhandels führte.

Einen ähnlichen Wandel bräuchten wir auf weltweiter Ebene beim Klimaschutz. Wenn die meisten Menschen Klimaschutz als moralisch erstrebenswert halten, wäre dies das Ergebnis dieses vierten sozialen Kipppunkts. Dieser kann, wie bei der Abschaffung des Sklavenhandels, durch eine kleine Gruppe in der Gesellschaft angestoßen werden und in Folge eines Multiplikatoreffekts die große Mehrheit der Bevölkerung beeinflussen, wenn genug Druck in den sozialen Netzwerken ausgeübt wird. Das Wertesystem einer Gesellschaft zu verändern, ist jedoch der soziale Kipppunkt, der am längsten Zeit in Anspruch nehmen wird.

5. Klimabildung und engagement stärken

Bisher muss Klimawandel kein zentrales Thema im Unterricht sein, oftmals fehlen koordinierte Lehransätze. Kein Wunder also, dass Klimabildung an Schulen oftmals eher mangelhaft ist. Fest steht: wir brauchen mehr Aufklärung über die Ursachen und Folgen des Klimawandels an den Schulen. Gleichzeitig ist es eine Aufgabe der Gesellschaft, junge Menschen nicht nur zu bilden und aufzuklären, sondern zu erreichen, dass sie von selbst den Wert einer klimafreundlichen Lebensweise erkennen. Fridays for Future ist zum Beispiel eine Bewegung, bei der Klimabildung und Klimaengagement Hand in Hand geht.

Das aktuelle Urteil des Berliner Gerichts, das die Bundesregierung zu mehr Klimaschutz anhält, ist unter anderem das Ergebnis einer aktiven ökologischen Zivilgesellschaft, die Druck auf die Öffentlichkeit ausgeübt hat. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Umweltverband BUND. Es ist das beste Beispiel dafür, dass Klimaschutzengagement Wirkung zeigt und Bürger:innen Einfluss auf die Klimapolitik haben können.

veränderung durch das zusammenspiel von wirtschaft, politik und gesellschaft

Du siehst bei all den sozialen Kipppunkten: echten und nachhaltigen Klimaschutz kriegen wir nur hin, wenn Gesellschaft, Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen. Deine Entscheidungen als Individuum für mehr Klimaschutz können aber mehr Einfluss haben, als du denkst. Lässt du zum Beispiel häufiger dein Auto stehen und fährst mit dem Rad, sehen das deine Freund:innen, Nachbarn und so weiter und denken so vielleicht über ihr eigenes Verhalten nach. Oder du baust dir Solarzellen auf dein Dach und dein soziales Umfeld macht es dir nach, wie wir oben gesehen haben.

Gleichzeitig müssen die richtigen Weichenstellungen natürlich von der Politik kommen. Denken wir doch zum Beispiel an den Abschied vom Verbrennerauto: der kann erleichert werden, wenn beispielsweise die Infrastruktur für E-Autos schneller und besser ausgebaut wird. Oder sie kann Flüge auf kürzeren Strecken überflüssig machen, indem sie das Netz für Fernzüge ausbaut. Diese politischen Rahmenbedingungen für mehr Klimaschutz müssen jedoch auch auf fruchtbaren Boden in der Zivilgesellschaft fallen, um erfolgreich zu sein. Und darauf haben wir als Bürger:innen Einfluss.

Fazit: Für mehr Klimaschutz brauchen wir die Zivilgesellschaft – gleichzeitig brauchen wir eine Politik, die zügig und im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens handelt und eine Wirtschaft, die von fossilen Energien wegkommt. Die sozialen Kipppunkte sind ein paar wichtige Tools, mit denen wir in der Klimawandeldebatte nicht resignieren müssen, sondern im Gegenteil unseren Teil für mehr Klimaschutz beitragen können.

Artikelbild: canva.com

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