Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen

Videospielsterben: Wie sich Gamer für den Schutz des Kulturgutes Videospiel einsetzen

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

VideospielsterbenWie sich Gamer für den Schutz des Kulturgutes Videospiel einsetzen

Videospielhersteller löschen öfter Spiele aus ihren Bibliotheken und von ihren Servern, wenn diese in die Jahre kommen. Bei Gamer*innen stößt das zunehmend auf Kritik. Sie fordern mit einer internationalen Initiative einen gesetzlichen Rahmen, der das Kulturgut Computerspiel schützt.


Nora Nemitz – in Kultureine Ergänzung
Löschen von Videospielen schadet der Kultur – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Lorenzo Herrera

Anfang März hat die Spielefirma Ubisoft das Spiel „The Crew“ aus ihrer Spiele-Mediathek entfernt. Die „Game-Launcher“ genannten Mediatheken dienen dazu, Spiele zu verwalten. Das bekannteste Beispiel ist Steam, aber die meisten Spielefirmen besitzen oft einen eigenen. Die meisten Spiele existieren heute nur noch digital in den Game-Launchern, da selbst in den Spiele-DVD-Boxen nur noch ein Code für dieses digitale Angebot enthalten ist. Kauft man sich also ein Spiel, ist es als digitaler Wert im Game-Launcher. Oft ist es auch so, dass die Spiele eine Internetverbindung nötig ist, damit sie auf einem Server laufen.

Das führt zu Abhängigkeiten: Verliert der für den Launcher Verantwortliche die Lizenz eines Spiels oder nimmt er das Spiel heraus, hat niemand mehr Zugriff auf dieses Spiel.

Das passierte unlängst bei „The Crew“. Das Autorennspiel, das auf einem Server läuft, damit man mit anderen zusammen Rennen fahren kann, ist in die Jahre gekommen. Bei Ubisoft gibt es zwei Nachfolger für das Spiel und vermutlich sind die Umsätze nicht mehr groß genug, was den Hersteller offenbar veranlasste, nicht länger die Kosten für den Server zu tragen. Dadurch verschwand das Spiel aus den Spielbibliotheken der immerhin noch bis zu zwölf Millionen Spieler*innen und ist auch im Launcher nicht mehr zu finden. Laut den Nutzungsregeln des Ubisoft-Launchers ist das auch so erlaubt.

Ubisoft löst Proteste aus

Viele der noch aktiven „The Crew“-Spieler*innen  waren damit überhaupt nicht einverstanden, da ihnen nicht einmal eine Entscheidung zum Verlust des digitalen Werts angeboten wurde. Ubisoft weigerte sich bei „The Crew“ auch, Alternativen zum Weiterbetrieb anzubieten. Als Reaktion auf das plötzliche Ende von „The Crew“ gründete sich „StopKillingGames“.

Die internationale Initiative setzt sich unter anderem dafür ein, dass Videospiele wie auch Musik, Fotos oder Literatur nach Ablauf einer bestimmten Frist gemeinfrei werden oder dass die Unternehmen für Spiele, die sich wirtschaftlich nicht mehr rentieren, den Code zur Verfügung stellen. Dann könnten Menschen, die das Spiel immer noch spielen wollen, die Chance bekommen, selbst Gaming-Server zu hosten. Grundsätzlich verweist die Initiative auch auf ältere Spiele, wo die Multiplayer-Server nicht in der Hand des Herstellers lagen und damit unabhängig von diesem sind.

„StopKillingGames“ stellt jetzt Petitionen im Vereinigten Königreich, Kanada und Australien. Auch für die Europäische Union ist eine geplant. Im Europaparlament haben sich die Piraten zu der Sache geäußert: Patrick Breyer, Abgeordneter im Europaparlament, hat eine offizielle Anfrage an die Kommission der Europäischen Union gestellt, ob das Löschen von Spielern überhaupt dem EU-Recht entspricht und welche Grenzen dabei für Spielehersteller gelten. In Australien gibt es sogar schon eine Gesetzesinitiative. Die Petition im Vereinigten Königreich kann man mittlerweile auf der Parlamentsseite finden.

Schutz digitaler Kulturen in Zukunft

Unklar ist aber, ob und wann das Thema in den verschiedenen Parlamenten besprochen wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es noch eine Weile dauern. Weil Gaming nicht an Ländergrenzen gebunden ist, spricht sich Stopkillinggames nun im Namen von vielen Gamer*innen für eine global geltende Regelung aus. Wichtig sei dabei auch, dass es eine für Videospiele geltende Regelung gibt, die nicht zu allgemein gehalten wird. Sonst könnten die Spielehersteller Lücken ausnutzen.

StopkillingGames zieht beim Schutz des Kulturgutes Computerspiel den Vergleich zu anderen Kulturgütern:

Das Konzept, jede vorhandene Kopie eines Buches, eines Liedes, eines Films etc. zu zerstören, würde als kultureller Verlust für die Gesellschaft angesehen werden. Obwohl es sich um ein weniger anerkanntes Medium handelt, verdienen Videospiele grundlegende Schutzmaßnahmen gegen die vollständige und willentliche Zerstörung vieler ihrer Werke.

Die Gründung von Initiativen wie „StopKillingGames“ zeigt, dass das Bewusstsein für dieses Thema wächst und die Forderung nach Lösungen lauter wird. Wann es zu einer Lösung kommt, weiß niemand. Viele Spiele werden bis dahin verloren gegangen sein.

Zur Quelle wechseln
Zur CC-Lizenz für diesen Artikel

Author: Nora Nemitz