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Von Grenzen des Sagbaren, politischer Korrektheit und Tabus – Ich habe einen Fehler gemacht

In Diskussionen über den Zustand unserer Debattenkultur wird mitunter heftig gestritten. Während von der einen Seite dabei eine Verengung von Diskursräumen und Bedrohung der Meinungsfreiheit beklagt wird, warnt die andere Seite vor einer Verschiebung der Grenzen des Sagbaren und Verrohung des Diskurses. Es entsteht ein Metadiskurs über Debatten, der deutlich macht: Sprache ist nicht nur ein Medium für Politik, sie ist auch Gegenstand von Politik.

„Sprache ist insofern politisch, als es eigentlich keine objektive Sprache gibt, die nur Sachverhalte widerspiegelt. Sobald es um komplexe Dinge geht, drücken wir mit Sprache immer auch unsere eigene Perspektive aus”, sagt Prof. Dr. Thomas Niehr, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sprache in der Politik e.V. und Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der RWTH Aachen. „Sprecher*innen nehmen zwar gerne für sich in Anspruch, nur ganz objektiv und ideologiefrei zu sprechen, aber das ist faktisch gar nicht möglich.”

„Man kann mit Sprache zum Beispiel Gewalt ausüben, indem man Minderheiten in einer bestimmten Weise ideologisch bezeichnet, sie diskriminiert. Andererseits kann Sprache auch Macht ausüben.“

Prof. Dr. Thomas Nier, RWTH Aachen

Darüber hinaus ist Sprache auch eng mit Macht verknüpft. Einzelne können mittels Sprache Macht ausüben; gleichzeitig übt Sprache mittels ihrer Strukturen Macht auf ihre Sprecher*innen aus. „Man kann mit Sprache zum Beispiel Gewalt ausüben, indem man Minderheiten in einer bestimmten Weise ideologisch bezeichnet, sie diskriminiert. Andererseits kann Sprache auch Macht ausüben. Wenn sich bestimmte Sprachgebräuche in Diskursen eingeschliffen haben – man spricht dann vom herrschenden Sprachgebrauch – üben diese Diskurse Macht aus, indem sie uns den Rahmen vorgeben, in dem wir uns sprachlich bewegen können”, sagt Niehr.

Sprache ist also durch Strukturen und Konventionen reguliert, die von den Mitgliedern der Sprachgemeinschaft diskursiv ausgehandelt werden. „Auch die in Diskussionen über den Zustand unserer Debattenkultur oft zitierten, sogenannten Grenzen des Sagbaren, beruhen auf Konventionen, die in Diskursen ausgehandelt werden. Sie haben gesellschaftliche Funktionen und dienen beispielsweise dem Schutz vor Diskriminierung”, so Niehr.

Dr. Melani Schröter, Associate Professor am Department of Languages and Cultures der University of Reading, betont, dass Grenzen des Sagbaren nicht physisch existieren: „Grenzen des Sagbaren sind Konstrukte und müssen ausgehandelt werden. In erster Linie sind sie eine Frage der Wahrnehmung: Sie werden bei Kritik an den eigenen Äußerungen, bei Gegenrede und Protest, oder wenn andere sich in Folge bestimmter Aussagen distanzieren, wahrgenommen. In Debatten über Grenzen des Sagbaren werden diese also aus Kritik, Gegenrede, Protest oder Distanzierung konstruiert.”

„Was eigentlich eine normale demokratische Diskussion mit unterschiedlichen Meinungen ist, wird häufig in den Zusammenhang von Tabus und von zum Schweigen bringen gebracht.“

Dr. Melani Schröter, University of Reading

Neben den auf Konventionen beziehungsweise Wahrnehmung beruhenden Grenzen des Sagbaren, gibt es rechtlich festgelegte Grenzen dessen, was gesagt werden darf. In Deutschland wird die Meinungsfreiheit durch Artikel 5 des Grundgesetzes als Grundrecht gewährleistet. In Artikel 5 Absatz 2 heißt es: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“ Eine solche Schranke stellt beispielsweise die Beleidigung dar.  „Diese rechtlichen Grenzen sind in Debatten über die Grenzen des Sagbaren aber meist nicht gemeint”, sagt Niehr. „Hier geht es eher um scheinbare Redeverbote und eine angebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit. Es wird beklagt, dass man über bestimmte Themen – insbesondere Migration, Vergangenheitsbewältigung und Gender-Themen – gar nicht oder zumindest nicht frei sprechen dürfe.”

 „Wenn man Tabus ständig bricht, sind es natürlich irgendwann keine Tabus mehr. Und wo Grenzen des Sagbaren verschoben werden, fällt der Schutz von Minderheiten vor sprachlicher Gewalt weg.“

Prof. Dr. Thomas Niehr, RWTH Aachen

Ich habe ein solches Tabu gebrochen, in einer Diskussion auf Twitter habe ich eine ehem. Bundestagsabgeordnete der Linken persönlich hart und unverhältnismäßig angegriffen. Auch wenn ich ihre Positionen im Angesichts des Krieges in der Ukraine als zu tiefst menschenverachtend, misogyn, unsozial und unethisch empfinde, gibt mir das nicht das Recht, diese Dame als “Rubelnutte” zu bezeichnen. Nur weil man strickt auf Putinkurs ist, während die deutschen Steuerzahler einem ein sehr auskömmliches Leben ermöglichen, bedeutet dies ja nicht, das man auch Geld aus Russland bekommt.

Als Kommunalpolitiker muss ich mir selbser immer wieder anhören, wie ich mir doch die Taschen voll amchen würde und korrupt wäre, wenn ich am Wahlkampfstand stehe. Uninformierte Bürger:innen beschweren sich über Themen, die die Kommunalpoltik überhaupt nicht zu verantworten hat oder beleidigen pauschal, weil man zur SPD gehört.

Das MIR jetzt genau das gleiche passiert ist, ist ein Fehler. Dies hätte ich nicht machen dürfen dies darf mir auch nie wieder passieren.

Im sorry!

 

 

 

 

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