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Wahlkampf: In Bayern und Hessen spielt Netzpolitik kaum eine Rolle

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Im Wahlkampf in Bayern und Hessen kommen netzpolitische Themen kaum vor. Am ehesten lassen sich die Parteien noch bei ihrer Haltung zu staatlicher Überwachung und digitalen Ermittlungsbefugnissen unterscheiden. Insgesamt stehen die Zeichen auf „weiter so“.
Bald ist Wahl in Hessen und Bayern. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Bianca AckermannAm 8. Oktober sind Landtagswahlen in Hessen und Bayern. Während in Hessen derzeit die CDU gemeinsam mit den Grünen regiert, wird Bayern von einer Koalition aus CSU und Freien Wählern geführt. Beide Länder haben gemeinsam, dass digitalpolitische Themen eher wenig im Fokus des Wahlkampfs stehen.
Mehrere Organisationen aus Hessen, darunter lokale Ableger des Chaos Computer Clubs und die Free Software Foundation Europe, finden jedoch, es gäbe da viel Nachholbedarf. In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern sie etwa eine bessere Ausstattung des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Besonders im Bereich der Informationsfreiheit ist dieser bei seiner Personalstärke im Deutschlandvergleich weit abgeschlagen. Außerdem fordern die Organisationen ein besseres Informationsfreiheitsgesetz.
Schwarz-grün in Hessen auf Hardliner-Kurs
Die Parteien in Hessen positionieren sich in ihren Wahlprogrammen unter anderem zum Thema der staatlichen Überwachung. Für Streit hatte hier erst vor kurzem ein sogenanntes Sicherheitspaket gesorgt. Im Juni 2023 hatten dadurch Behörden mehr Befugnisse bekommen, etwa zur Videoüberwachung an öffentlichen Orten.
Unzufrieden war die Opposition unter anderem mit der Reform der gesetzlichen Regeln für polizeiliche Big-Data-Analysen. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht dem Land eine Frist zur Nachbesserung bei der „Hessendata“ genannten Analysesoftware gesetzt. Außerdem enthielt das sogenannte Sicherheitspaket von CDU und Grünen eine Ausweitung elektronischer Fußfesseln auf Fälle häuslicher Gewalt.
Die Grünen, die laut Umfragen als Juniorpartner der CDU weiterregieren können, wollen daran nicht grundsätzlich etwas ändern. Sie haben sich lediglich einen „Wirksamkeitscheck“ für „bestehende und neue Maßnahmen, die Bürgerrechte einschränken“, ins Wahlprogramm geschrieben.
Während die Linke laut ihrem Wahlprogramm Hessendata wieder abschaffen will, bleiben die Sozialdemokraten vage: Man brauche eine moderne Polizei, die „Digitalisierung, aber auch die künstliche Intelligenz zur effektiven Kriminalitätsbekämpfung nutzt“. Dabei will die SPD aber „heimische Anbieter“ nutzen, eine zumindest indirekte Kritik am umstrittenen Analysesystem Hessendata, das vom US-Anbieter Palantir stammt. Die hessische FDP will sogar eine jährliche Überwachungsgesamtrechnung für das Bundesland. Predictive-Policing-Technologie wollen die Liberalen „kritisch begleiten“, lehnen aber eine „Ausweitung der aktuell möglichen technischen Überwachung“ ab.
Die hessische CDU bleibt innenpolitisch auf Hardliner-Kurs CDU und will ansonsten vor allem mehr und schnellere Digitalisierung. Das will sie erreichen, indem sie das Digitalministerium zu einem Zukunftsministerium ausbaut, das „alle Themen der Digitalisierung sowie die Bereiche Forschung und Technologie bündelt“. Außerdem soll Hessen zum „Silicon Valley“ werden.
Bayern: Opposition gegen Polizeigesetz
Auch in Bayern stehen digitale Grundrechte nicht im Wahlkampffokus – so wie Sachthemen insgesamt. Das gab sogar Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach zu, als sie sich dankbar über eine Diskussionsrunde des Digitalverbands Bitkom zeigte, „weil sich der Wahlkampf gerade ja nicht wirklich mit Sachthemen beschäftigt“.
Grundsätzliche Einigkeit zwischen der Landesregierung und den wichtigsten Oppositionsparteien herrscht offenbar bei den Themen digitale Infrastruktur und Digitalisierung der Verwaltung. Laut Wahl-O-Mat wollen alle relevanten Parteien das 5G-Netz in Bayern zügig ausbauen. Auch bei der Digitalisierung der Verwaltung halten sich die Kontroversen in Grenzen, die großen Parteien wollen möglichst schnell digitale Behördengänge ermöglichen.
Anders sieht es beim PAG aus, dem bayerischen Polizei-Aufgabengesetz. Vor der letzten Landtagswahl 2018 hatte die CSU eine PAG-Novelle beschlossen, gegen massiven Widerstand der Zivilgesellschaft. Das PAG wurde mittlerweile zweimal verändert, die Kritik daran bleibt bis heute. Nach wie vor sind etwa Beschwerden von SPD und Grünen beim Bundesverfassungsgericht und dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof anhängig.
Die Grünen lehnen es laut Wahlprogramm „entschieden ab, die Eingriffsschwellen in Grund- und Bürgerrechte abzusenken und Menschen bis zu zwei Monate in Präventivhaft zu stecken“, heißt es dort. Zudem sprechen sie sich klar gegen Predictive Policing und den Einsatz automatisierter Software ohne Rechtsgrundlage aus. Die SPD kritisiert vor allem den Begriff der drohenden Gefahr im PAG sowie „die vollkommen unbestimmte Zuverlässigkeitsüberprüfung“, die es der bayerischen Polizei ermögliche, Besucher*innen von Großveranstaltungen zu überprüfen.
Die Liberalen wollen das PAG erneut reformieren und die Befugnisse auf „Notwendigkeit, sinnhafte Ausgestaltung und Angemessenheit“ prüfen. Die FDP lehne „verfassungswidrige Verfahren zur anlasslosen Überwachung“ ab und nennt dabei explizit die Vorratsdatenspeicherung.
Die CSU hingegen möchte der Polizei weitere technische Mittel an die Hand geben. So will die Partei laut Wahlprogramm „die Spielräume des Datenschutzes nutzen und KI in der Polizeiarbeit sinnvoll einsetzen“.
Söder will weiter so
Dass die SPD, laut Umfragen in Bayern derzeit bei neun Prozent, nach der Wahl mit am Kabinettstisch sitzen wird, ist aktuell unwahrscheinlich. Gleiches gilt für die Grünen, die immerhin bei etwa 15 Prozent stehen. Doch Markus Söder bemüht sich, in Interviews Schwarz-Grün auszuschließen. „Die Grünen haben kein Bayern-Gen“, sagte er etwa in einem Streitgespräch im Münchner Merkur.
Stattdessen favorisiert Söder, in Umfragen derzeit bei 36 Prozent, erneut das Bündnis mit den Freien Wählern. Diese sind trotz – oder gerade wegen – des Skandals um deren Vorsitzenden Hubert Aiwanger im Aufwind, derzeit kämen sie laut Umfragen auf 17 Prozent.
Doch auch die Wunschkoalitionäre haben mitunter andere politische Vorstellungen: So wollen die Freien Wähler ein Transparenzgesetz für Bayern. Bayern hängt wegen einer Blockade-Haltung der CSU bei diesem Thema schon immer hinterher: Bis auf Bayern und Niedersachsen haben mittlerweile alle Bundesländer ein Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz.
Auch die FDP, vermutlich Söders zweitliebster Koalitionspartner, fordert ein Informationsfreiheitsgesetz in ihrem Wahlprogramm. Nach aktuellen Umfragen fliegen die Freien Demokraten aber am 8. Oktober aus dem Bayerischen Landtag.

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Author: Leonhard Pitz

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