Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.
Zwischenbericht zu Doppelausbau: Marktmacht der Telekom spielt eine Rolle
Ein Zwischenbericht der Bundesnetzagentur soll Klarheit darüber schaffen, ob die Telekom Deutschland ihre Marktmacht missbraucht und strategisch die Glasfasernetze ihrer Konkurrenz überbaut. Eine belastbare wettbewerbliche Bewertung liefert die Bestandsaufnahme aber ausdrücklich nicht.
Verhindern wirklich schmutzige Tricks den raschen Ausbau von Glasfasernetzen? Darüber streitet die Branche schon seit Jahren. Der Vorwurf, den vor allem kleinere Netzbetreiber vorbringen: Die Marktführerin Telekom Deutschland solle ihren Glasfaserausbau besonders in Regionen vorantreiben oder ihn dort ankündigen, wo bereits ihre Wettbewerber tätig sind. Dieser „strategische Überbau“ soll systematisch die Geschäftsmodelle der Konkurrenz angreifen, sie vom Markt verdrängen und insgesamt den Wettbewerb beschädigen.
Seit Sommer vergangenen Jahres untersucht die Bundesnetzagentur, ob da wirklich etwas dran ist. Nun hat die Regulierungsbehörde einen lange überfälligen Zwischenbericht vorgelegt, der einen ersten Überblick verschaffen soll. Einen abschließenden Bericht will sie erst „zu gegebener Zeit in geeigneter Form veröffentlichen“, heißt es in dem Papier. Auch betont der Zwischenbericht, dass sich daraus noch keine belastbaren Rückschlüsse ziehen lassen.
Dennoch liege „erstmals eine umfassende Bestandsaufnahme mit Doppelausbaufällen aus der Praxis“ vor, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, in einer Pressemitteilung. Der Bericht zeige insbesondere zwei Punkte auf: „Einerseits sind parallele Ausbauvorhaben grundsätzlich über den gesamten Markt und in unterschiedlichen wettbewerblichen Konstellationen zu beobachten“, sagt Müller.
Zugleich stellt der Regulierer fest: „Andererseits deuten die Ergebnisse auf die grundsätzliche Relevanz der Marktposition des doppelt ausbauenden Unternehmens hin.“ Soll heißen: Die Marktmacht der Telekom Deutschland scheint eine Rolle zu spielen. Aber trotzdem gelte laut Müller: „Eine belastbare wettbewerbliche Bewertung ist auf Basis der Meldungen jedoch noch nicht möglich.“
Telekom springt häufiger auf bestehende Netze auf
Insgesamt habe die Monitoringstelle für Glasfaser-Doppelausbau 427 Fälle untersuchen können. Gemeldet haben das die Betreiber selbst, aber auch Kommunen oder sonstige Gebietskörperschaften. Es handle sich indes weder „um eine Vollerhebung noch um eine repräsentative Stichprobe“. In rund der Hälfte der Fälle ist die Telekom Deutschland als später ausbauendes Unternehmen aufgetreten. Die Zahlen halten sich also grob die Waage, wobei die Telekom Medienberichten zufolge (€) offenbar eine Nachfrist für ihre Meldungen erhalten hatte.
Dabei habe sich jedoch gezeigt, dass im Vergleich zu ihren Wettbewerbern die Telekom „häufiger kurzfristig auf den Vertriebsstart eines zuerst aktiven Wettbewerbers reagiert oder nur lukrative Kerngebiete erschließt.“ Die genauen Gründe dafür bleiben allerdings unklar, entsprechend lässt sich dies noch nicht bewerten, wie der Zwischenbericht unermüdlich betont.
Keine Anhaltspunkte sollen bislang für den Vorwurf gefunden worden sein, dass ein Ausbau angekündigt, anschließend aber nicht weiterverfolgt wurde. Bei rund einem Fünftel der „Telekom-Fälle“ soll es hingegen Indikationen für einen (Teil-)Rückzug des erstausbauenden Wettbewerbers gegeben haben, umgekehrt jedoch nicht.
Streit um Interpretation
Trotz der offenbar weiterhin unklaren Lage tobt nun ein Kampf um die Interpretation des Berichts. „Die Überbau-Vorwürfe fallen zusammen wie ein Kartenhaus“, sagt etwa eine Telekom-Sprecherin zu netzpolitik.org. Erstens seien die Fallzahlen angesichts von 11.000 Kommunen in Deutschland niedrig. Zweitens werde in der Hälfte der Fälle die Telekom überbaut, so die Sprecherin. „Es findet kein strategischer Überbau durch die Deutsche Telekom statt.“
Gegenteilig sehen dies die Wettbewerber. „Die Bundesnetzagentur stellt der Telekom ein verheerendes Zeugnis aus“, heißt es in einem gemeinsamen Pressestatement des Bundesverbands Breitbandkommunikation (BREKO) und des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). Anstatt die richtigen Schlüsse aus den Zahlen zu ziehen, übe „sich die Behörde – wie offenbar von der Bundesregierung gewünscht – in Zurückhaltung und spielt weiter auf Zeit.“
Diese Verzögerungstaktik sende ein fatales Signal an den Telekommunikationsmarkt und an die Unternehmen, die in Glasfasernetze investieren wollen, so die Stellungnahme. In diese Richtung stößt auch der Breitbandverband ANGA, dessen Geschäftsführerin Andrea Huber „sofortige Maßnahmen“ fordert.
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Author: Tomas Rudl