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Altenburg: Neonazi-Vernetzung mit AfD-Beteiligung

Belltower.News


Im Kulturhof in Kosma, Altenburg, fand das Vernetzungstreffen statt.

(Quelle: Dominik Lenze)

Ein grauer Novembertag im thüringischen Kosma, einem Ortsteil von Altenburg mit etwas mehr als 300 Einwohner*innen. Zur Mittagszeit strömen Bewohner*innen des Dorfes aus der Kirche. Auf der gegenüberliegenden Seite des Feldes parken ungewöhnlich viele Autos, darunter zahlreiche mit auswärtigen Kennzeichen, ein ungewohntes Bild für die sonst ruhige Ortschaft.

Das rechtsextreme Magazin Aufgewacht! hatte zum „Netzwerktag“ in die Gastwirtschaft Kulturhof Kosma eingeladen. Das Magazin ist ein gemeinsames Projekt der Parteien NPD (heute Die Heimat) und Freie Sachsen. Über 100 Personen waren gekommen, wie sich anhand von Fotos des voll besetzten Saals abschätzen lässt.

Dass Die Heimat und Freie Sachsen zusammenarbeiten, ist keine Neuigkeit: Beispielsweise ist der Neonazi Stefan Trautmann für die Freien Sachsen Stadtrat in seiner Heimatstadt Döbeln und gleichzeitig Mitglied im Bundesvorstand von Die Heimat. „Aufgewacht!“ fusionierte erst kürzlich mit der einstigen NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“, herausgegeben wird es von der Chemnitzer Firma SVM Sächsische Versand und Medien UG.

Also, worum ging es bei diesem Netzwerktreffen? „Ja, wir warten auf den Führer, der soll heute hier her kommen“, sagt ein Besucher. Er sei in freudiger Erwartung. „Ich würde den mal fragen, was er davon hält, dass sie mich hier einfach fotografieren“, sagt er und fotografiert den Reporter.

“Der Führer” erschien an diesem Tag nicht, wohl aber führende Kader der deutschlandweiten Neonazi-Szene: Claus Cremer aus Bochum-Wattenscheid, aktuell Landesvorsitzender NRW von Die Heimat, kam häufig zum Rauchen heraus. Ebenso zeigte sich Freie-Sachsen-Funktionär Michael Brück, früher Die Rechte-Kader in Dortmund. Peter Schreiber, Bundesvorsitzender von Die Heimat, war vor Ort, ebenso wie die rechtsextreme Europapartei APF.

Der ehemalige sächsische Die Rechte-Vorsitzende Alexander Kurth erschien in Begleitung von Markus Beisicht („Aufbruch Leverkusen“). Kurth war 2003 an einem Raubüberfall auf „Prinzen“-Sänger Sebastian Krumbiegel beteiligt. Beisicht wurde 2025 vom Wahlausschuss der Stadt Leverkusen als Oberbürgermeister ausgeschlossen. Grundlage dafür war ein Bericht des NRW-Verfassungsschutzes.

Ebenso zugegen war Dirk Nahrath, langjähriger Aktivist der rechtsextremen Wiking-Jugend und Bruder des Szene-Anwalts Wolfram Nahrath. Dirk Nahrath war seit seiner Jugend bis zum Verbot 1994 in der Wiking-Jugend aktiv und war „Gauführer“ in Franken. Danach gehörte er der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) an, die 2009 verboten wurde.

Zur Corona-Zeit mischten er und seine Frau Ursula in der Verschwörungsszene in Miltenberg mit. Sein Bruder Wolfram Nahrath vertrat als Anwalt bereits Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck und NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben.

Laut einem Bericht der taz ist Dirk Nahrath auch Gründungsmitglied des Vereins „Filmkunstkollektiv“, ein Medienprojekt der Identitären Bewegung zur propagandistischen Unterstützung der AfD. In Kosma machte er Werbung für die Zeitschrift Not-Wende – Schrift für Volkstum, Kultur, Recht und Freiheit.

AfD-Besuch bei Neonazi-Treffen

Ein weiterer Besucher des Netzwerktreffens mit Verbindungen in völkische Jugendgruppen war Andreas Kalbitz. Der ehemalige AfD-Chef von Brandenburg war wegen seiner Mitgliedschaft in der HDJ 2020 aus der AfD ausgeschlossen worden. Seitdem tritt der Rechtsextreme  häufiger im Umfeld der Freien Sachsen auf, sei es bei einer vermeintlichen „Bauerndemo“ der rechtsextremen Kleinstpartei in Dresden oder bei einer Neonazi-Faschingsfeier in Ronneburg Anfang 2024.

Stephan Pfau, AfD, beim Vernetzungstreffen (Quelle: Dominik Lenze)

In Kosma erschien Kalbitz in AfD-Begleitung: Er fuhr im selben Auto wie Stephan Pfau, ehemaliger stellvertretender Landesvorsitzender der JA Brandenburg, Kandidat der AfD im Oder-Spree-Kreis und Mitglied im Ortsverband Storkow (Brandenburg). Schon zu Kalbitz’ Zeit in der AfD gehörte Pfau offensichtlich zu seiner Entourage; Fotos zeigen ihn bei Besuchen Kalbitz’ bei AfD-Ortsgruppen. Außerdem erschien ein Mitglied der AfD-Thüringen, wie durch Fotos vor Ort dokumentiert wurde.

Keine Berührungsängste

Unter der Oberfläche besteht schon längst keine Berührungsangst mehr zwischen AfD und klassischer Neonazi-Szene, wie sie beispielsweise von Die Heimat repräsentiert wird. Beim Sommerfest des zwischenzeitlich verbotenen Compact-Magazins im August in Stößen (Sachsen-Anhalt) regelten Neonazis von Die Heimat den Einlass, während AfD-Politiker Reden hielten, darunter der Brandenburger Fraktionschef Hans-Christoph Berndt.

Der Bundesvorstand der AfD hat die Freien Sachsen auf die Unvereinbarkeitsliste der Partei gesetzt, ebenso wie Die Heimat. Doch nach den sächsischen Kommunalwahlen am 9. Juni 2024 bildeten AfD und Freie Sachsen im Stadtrat von Eilenburg gemeinsam eine Fraktion.

Sogenannte Neue und Alte Rechte nähern sich in jüngerer Zeit offener an: Ein Beispiel hierfür war zuletzt die Buchmesse „Seitenwechsel“ in Halle an der Saale. AfD-nahe Verlage und Medien wie Sezession oder Compact teilten sich die Messehalle mit dem Verlag des Aufgewacht!-Magazins. In derselben Halle, in der der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland an einer Podiumsdebatte teilnahm, wurde am Stand von Aufgewacht! für das Neonazi-Netzwerktreffen bei Altenburg geworben.

AfD-Nähe am Revers

Martin Kohlmann, Chef der Freien Sachsen, erschien in Kosma mit einem Anstecker des AfD-nahen Deutschlandkurier am Revers. Den habe er bei der Buchmesse in Halle geschenkt bekommen, erzählte er einem Reporter und lobte die Buchmesse als wichtiges Vernetzungstreffen.

Über die Inhalte des Treffens in der thüringischen Gaststätte drang bislang nur wenig nach draußen. Fotos, die Die Heimat und Freie Sachsen auf Telegram veröffentlicht haben, zeigen zumindest einen voll besetzten Saal. „Eine spannende Veranstaltung mit breitem Querschnitt durch das patriotische Lager!“, schreiben die Freien Sachsen. Die AfD‑Vertreter, die dem rechtsextremen Netzwerktreffen beiwohnten, sind auf den von den Neonazi-Parteien veröffentlichten Bildern nicht auszumachen.

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