Die Stadt stand monatelang unter Schock: Ein Mann aus der Nachbarschaft hatte seine eigene Volksschule überfallen. Er zerstörte nicht nur Menschenleben, sondern auch die scheinbar heile Welt eines neuen Vororts Köln, der für Familien gebaut worden war. Der Fall gilt als der erste „Amoklauf“ in der Geschichte der Bundesrepublik. Ein Satz des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Theo Burauen beschreibt gut die Stimmung und das Entsetzen in Köln: „Das Herz der Stadt stand still.“

Erinnerung im Kölnischen Stadtmuseum: Neben der Tatwaffe – einer zum Flammenwerfer umgebauten Unkrautspritze – liegen die Sandalen der getöteten Lehrerin Ursula Kuhr
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„True Crime Köln“ hat sich mit zwei Überlebenden des Anschlags getroffen, die erstmals öffentlich über das sprechen, was sie als Kinder erlebt haben und bis heute ihr Leben stark beeinflusst. Ruth Pisa und Ursula Smiatek-Höffken können sich noch genau an den Moment erinnern, als sie der Attentäter in ihrem Klassenraum angriff. Zuvor hatte der Mann bereits eine Klasse, die Sportunterricht hatte, überfallen. Weil sie davon nichts mitbekommen hatten, seien sie völlig überrascht gewesen, als plötzlich die Fensterscheibe des Klassenzimmers zu Bruch ging und Flammen in den Raum schlugen. „Das Feuer ging direkt über mich hinweg. Ich hatte riesiges Glück, weil ich danach nicht in Richtung Tür gerannt bin“, erinnert sich Ruth Pisa. Wer zur Tür des Klassenraums floh, wurde vom Feuer erwischt. Ihre Lehrerin habe sie aus einem Fenster gehoben.

Die ehemaligen Schülerinnen Ruth Pisa (r.) und Ursula Smiatek-Höffken vor dem ehemaligen Schulgebäude in Volkhoven, dem Ort des Attentats im Jahr 1964
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Ursula Smiatek-Höffken versteckte sich auf der Schultoilette. Verletzte Kinder hätten sich dort in die großen Waschbecken geworfen, um Verbrennungen zu kühlen. Noch dramatischer wurde die Flucht für Ruth Pisa. Sie hielt den Mann mit dem Flammenwerfer für einen Retter und rannte geradewegs auf ihn zu. „Es sah so aus, als hätte er einen Feuerlöscher in der Hand.“ Sie erinnert sich an den Schock, als sie bemerkte, dass sie sich täuschte.
Über das furchtbare Attentat wurde damals weltweit berichtet. Nicht selten nannte man den Täter den „zweiten Hitler von Köln“, ein Zitat, das man fälschlicherweise dem Attentäter zuschrieb. Weil der Fall für die Kölner Stadtgeschichte so bedeutsam ist, widmet ihm „True Crime Köln“ zwei Folgen. Die zweite Episode erscheint am Samstag, 13. September.

True Crime
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Die neue Folge von „True Crime Köln“ kann man überall streamen, wo es Podcasts gibt. Außerdem ist sie bei Youtube und über die Seiten des „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Internet zu hören.