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Kritik an den Plänen zur Ost-West-Achse und Mahnung an Rat und Verwaltung die Größe des Projektes nicht außer Acht zu lassen

Report-K

U-Bahn-Haltestelle Heumarkt

Köln | In dieser Woche will der Kölner Rat über die Ausgestaltung der Ost-West-Achse beraten und dann abstimmen. Vorgelagert im Verkehrsausschuss und dann am Donnerstag im Rat. Es gibt zwei kommunalpolitische Lager, die sich bildeten und von denen keines eine echte Mehrheit im Vorfeld nachweisen kann. In der Stadtgesellschaft gibt es viel Kritik und nicht wenige stellen sich die Frage, was die Ratspolitiker:innen da entscheiden und ob es aktuell nichts wichtigeres gebe. Nun gibt es unter anderem zwei mahnende Stimmen, die an das Gewissen der Ratsmitglieder appellieren vor der Größe es Projektes.

Wer mit Kölner Bürger:innen spricht hört derzeit besonders oft einen Satz: Haben die nicht gerade Besseres zu tun im Kölner Rat vor den ganzen Kürzungen im kulturellen und sozialen Bereich oder dem Fertigbauen der offenen Baustellen, als jetzt ein weiteres gigantisches Projekt oben aufzusatteln. Eine weitere Frage, die die Kölner:innen beschäftigt ist, ob es bei der Frage nach der Entscheidung für oder gegen ein so gigantisches Projekt nicht einer breiten Mehrheit im Rat bedürfe, an dem sich die aktuell stärkste Fraktion – also ausgestattet mit deutlichsten Wähler:innenauftrag – beteiligt. Oder wie etwa die Tunnelbefürworter schelmisch sagen eine einfache Mehrheit reiche doch aus und das Projekt käme ja erst in Jahren. Sei so eine Art Zukunftsprojekt.

Der Rechtsanwalt Dr. Burkhardt Krems schrieb einen offenen Brief an Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und die Ratsfraktionen. Er mahnt an, die Entscheidung und die Vorlagen zu prüfen bevor abgestimmt werde. So schätzt Krems die vorgesehene Variantenauswahl zur Ost-West-Achse als unzulässig ein und geht sogar einen Schritt weiter, wenn er behauptet eine Entscheidung für die Tunnelvariante könnte den Vorwurf der Untreue erfüllen.

Er wirft der Stadt und den Ratsherr:innen vor, die Nutzen-Kosten-Untersuchung auf deren Ergebnis die Vorlage beruhe, nicht überprüft zu haben. Aber eine Überprüfung sei bei einem Vorhaben dieser Bedeutung und Größenordnung unverzichtbar. Kritisch sieht Krems zudem, dass das Gutachten des Sachverständigen Vieregg, das das Bündnis Verkehrswende beauftragte ignoriert werde. Krems wendet ein, dass die Stadt bei einem so großen Vorhaben in der Pflicht sei, plausibel vorgetragenen Zweifeln nachzugehen. Kritisch sieht Krems zudem das Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen. Vor diesen offenen Fragen sieht Krems die Fassung von Beschlüssen, die Kosten auslösten, als mögliche Verletzung der Verpflichtung auf Wirtschaftlichkeit in der Gemeindeordnung.

So verpflichtet die Gemeindeordnung NRW (GO NRW) in Paragraf 75 den Rat und die Stadtverwaltung: „Die Haushaltswirtschaft ist wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. Dabei ist den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen. (2) Der Haushalt muss in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein.“ Krems zieht zudem in Zweifel, ob der von der Stadt vorgetragene volkswirtschaftliche Nutzen mit 800 Millionen Euro richtig errechnet sei, wenn eine Stadtbahn von Brück zum Neumarkt statt 21 Minuten mit Tunnel nur 19 Minuten benötige. Krems: „Und solche minimalen Zeitvorteile stiften einen so immensen volkswirtschaftlichen Nutzen? Unwahrscheinlich.“

Mehr Kritik

Der Experte Michael Neumann, der auf der Veranstaltung des Bündnis Verkehrswende im Hotel Maritim sprach, fürchtet, dass der Antrag von SPD, CDU und FDP die Stadt baulich und finanziell ruiniere. Deren Pläne seien völlig losgelöst von jeglicher Machbarkeit und Finanzierung. Zudem seien sie weder seriös geplant und kalkuliert. Er fürchtet, dass der unter dem Rhein geplante Tunnel zusätzliche 3 bis 4 Milliarden Euro kosten könnte. Zwar nimmt Neumann fälschlicherweise an, dass in Deutz eine weitere Haltestelle geplant sei, was nicht der Fall ist, da die Haltestelle Deutzer Freiheit entfallen soll nach den Plänen von SPD, CDU und FDP, wie Ralph Sterck in die Debatte einwirft. Aber dass ein Tunnel unter dem Rhein und ein längerer Tunnel nicht zur Verbilligung des Gesamtprojektes beitragen wird, ist auch mit gesundem Menschenverstand plausibel. Neumann schätzt zudem die angegebenen Bauzeiten als unrealistisch ein. Neumann geht davon aus, dass selbst bei der aktuellen kurzen Tunnelplanung ohne Unterquerung des Rheins ein Zeitrahmen bis 2050 nicht einzuhalten wäre. Neumann rechnet vor: „Die neue bauliche Planung (HOAI Leistungsphase 1 und 2) ist unter 4-5 Jahren kaum realistisch umsetzbar. Weitere 5 Jahre für Ausschreibung und Detailplanung. Ab 2035 würde die Stadt für 40-50 Jahre Bauzeit in jeder Hinsicht lahmgelegt und im Chaos ersticken.“

Zum Vergleich ist es ganz gut sich einmal anzusehen wie alt denn die 1964er-Boomer, also der geburtenstärkste Jahrgang der Neuzeit ever, in 2050 ist: Diese Kölner:innen werden im Jahr 2050 alle 86 Jahre alt, sofern sie dann noch am Leben wären. Neumann beschäftigte sich auch mit dem Bevölkerungswachstum Kölns und kommt zu folgendem Schluss: „Angeblich ist die Erhöhung der ÖPNV-Kapazität erforderlich, weil Kölns Bevölkerung stetig wächst. Laut offiziellen Zahlen der Stadt Köln ist die Bevölkerung in 6 Jahren von 2018 bis 2023 gerade mal um 0,507 % gewachsen, von 1.089.984 auf 1.095.520 Menschen. Der größte Anteil davon durch Flüchtlinge. Da Köln aber durch steigende Gebühren, schlechten ÖPNV und unbezahlbare Mieten immer unattraktiver wird, ziehen immer mehr Menschen ins Umland und pendeln täglich mit PKWs in die Stadt. Folge: weniger Steuereinnahmen, mehr Verkehr, mehr Staus, mehr CO2-Ausstoß.“ Daher plädiert Neumann für die oberirdische Variante, weil diese zeitlich und finanziell angemessen umsetzbar wäre.

Am Donnerstag wissen die Kölner:innen ob und wie ihre gewählten Vertreter:innen über dieses gigantische Projekt abgestimmt haben werden. Report-K berichtet aus der Ratssitzung mit einem Liveblog.

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