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Das zum Axel-Springer-Verlag gehörende US-Magazin Politico hat am 8. Dezember US-Präsident Donald Trump interviewt. Bei dem Gespräch ging es unter anderem um die Zukunft der Ukraine und die Sicherheitspolitik in Europa. Einiges, was Trump sagte, war falsch.
In Deutschland veröffentlichten die Bild und Welt, die demselben Verlag angehören, das Interview ebenfalls in Artikeln und Videos, mit Überschriften wie „Trump rechnet in Bild mit unserer Migrationspolitik ab“. Einzelne Ausschnitte und Behauptungen daraus verbreiten sich auch in Sozialen Netzwerken ohne Einordnung weiter.
Im Interview wiederholte Trump altbekannte Desinformations-Narrative, wie zum Beispiel, dass die Präsidentschaftswahlen 2020 in den USA manipuliert gewesen seien. An anderen Stellen blieb Trump so vage, dass ein Faktencheck nicht möglich war. Ein Überblick über jene Behauptungen, die wir geprüft haben.
Trump übertreibt erneut bei Menge der US-Hilfsgelder für Ukraine
„Unser Land zahlt kein Geld mehr, seitdem Biden [der Ukraine] so dumm 350 Milliarden US-Dollar gegeben hat.“
„[Wolodymyr Selenskyj] hat den korrupten Joe Biden dazu gebracht, ihm 350 Milliarden US-Dollar zu geben.“
Bewertung: Größtenteils falsch
Als es um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ging, wiederholte Trump eine Behauptung, die er auch in der Vergangenheit so ähnlich schon mehrfach aufgestellt hat. Demnach habe der ehemalige US-Präsident Joe Biden der Ukraine „350 Milliarden US-Dollar“ gegeben.
Daten der zuständigen Generalinspekteure zeigen jedoch, dass der US-Kongress seit Beginn des Ukrainekriegs deutlich weniger Gelder bewilligt hat: insgesamt rund 187 Milliarden US-Dollar.
Die Gelder stehen der sogenannten „Operation Atlantic Resolve“ zur Verfügung. Das ist ein umfassendes Programm, das die USA ursprünglich 2014 einrichtete. Es soll der „Abschreckung gegen die russische Aggression gegen die NATO“ und der „Stärkung des Bündnisses“ dienen und beinhaltet auch die Unterstützung für die Ukraine. Von den bewilligten 187 Milliarden wurden bisher rund 94 Milliarden Dollar ausbezahlt (Stand: 30. Juni 2025).
Trumps Zahlen kommen auch dann nicht hin, wenn man sich den „Ukraine Support Tracker“ des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW) anschaut, dessen Angaben noch genauer sind.
Der Tracker erfasst militärische, finanzielle und humanitäre Hilfsgelder, die der Ukraine direkt zugewiesen oder als Zusage vorgemerkt sind. „Zugewiesen“ bedeutet, dass die Gelder bereits ausgezahlt wurden oder zur Auszahlung vorgesehen sind, zum Beispiel in Form von Beschaffungsverträgen. Nicht berücksichtigt werden aber zum Beispiel Gelder, die zur Wiederauffüllung von US-Waffenbeständen verwendet wurden. Demnach wurden von den USA bis Ende Oktober 2025 insgesamt rund 114,6 Milliarden Euro, also rund 134,2 Milliarden US-Dollar zugewiesen.

Daten des IfW zeigen auch, dass die Unterstützung durch die USA nach Trumps Antritt seiner zweiten Amtszeit 2025 komplett eingebrochen ist. Damit, dass die USA kein Geld mehr senden, hat Trump also vorerst größtenteils recht, allerdings könnte sich die Situation schon bald ändern.
Das US-Repräsentantenhaus hat am 11. Dezember 2025 einen Entwurf zur Verteidigungspolitik verabschiedet, der für die nächsten zwei Jahre jeweils 400 Millionen Dollar für die Herstellung von Waffen vorsieht, die an die Ukraine geliefert werden sollen. Wie die Tagesschau berichtet, erklärte der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, dass das Weiße Haus „starke Unterstützung“ für das Gesetz signalisiert habe. Der Entwurf muss jedoch noch vom Senat, der zweiten Parlamentskammer, bestätigt werden.

Trumps will mehrere Kriege beendet haben, das stimmt aber nicht
„Ich habe acht Kriege beendet, und das hier wäre der neunte gewesen. […] Ich meine, ich habe einen Konflikt beigelegt, der 36 Jahre lang andauerte. Ich habe Pakistan und Indien befriedet.“
Bewertung: Falsch
Trump stellt sich immer wieder als „Dealmaker“ und Friedensbringer dar. Im Interview mit Politico behauptete er, er habe acht Kriege beendet und Pakistan und Indien „befriedet“. Falls es zu einem Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland komme, sei das Nummer Neun, behauptete er weiter. Doch obwohl Trump tatsächlich zur Beendigung einiger Konflikte und zu Waffenruhen beigetragen hat, ist diese Behauptung falsch.
Die Zahl der Kriege, die Trump beendet haben will, hat sich immer wieder verändert: Anfang August 2025 sprach er noch von fünf Kriegen, wenige Tage später von sechs Kriegen in sechs Monaten und einen Monat später bei einer Pressekonferenz von sieben Kriegen.
Im Interview mit Politico erläuterte Trump nicht, welche Kriege er genau meint. In einer Rede vor den Vereinten Nationen (UN) im September 2025 zählte er jedoch sieben auf: Kambodscha und Thailand, Kosovo und Serbien, Kongo und Ruanda, Pakistan und Indien, Israel und Iran, Ägypten und Äthiopien sowie Armenien und Aserbaidschan. Im Oktober nannte er den Krieg zwischen Israel und der Hamas als achten Krieg.
Der bewaffnete Grenzkonflikt zwischen Kambodscha und Thailand setzt sich laut Medienberichten im Dezember 2025 trotz eines Waffenruheabkommens weiter fort.
Zwischen Kosovo und Serbien gibt es seit Jahren Spannungen, aber keinen Krieg, wie etwa Militärhistorikerin Margaret MacMillan gegenüber der BBC erklärte. Schon im Juni behauptete Trump, er habe einen Krieg zwischen Kosovo und Serbien durch Androhung eines Handelsembargos verhindert. Richtig ist, dass die zwei Länder 2020 im Weißen Haus in Trumps Anwesenheit ein Wirtschaftsabkommen schlossen.
In Kongo und Ruanda gab es zwar im Juni 2025 ein Friedensabkommen, die Kämpfe mit der am Konflikt beteiligten Miliz gehen laut Medienberichten jedoch weiter.
Zwischen Indien und Pakistan gibt es seit Jahrzehnten Konflikte in der Grenzregion Kaschmir. Im Mai 2025 griff Indien Ziele in Pakistan an, nach eigenen Angaben als Reaktion auf einen Terrorangriff. Pakistan reagierte mit Gegenangriffen. Wenige Tage später schlossen die zwei Länder eine Waffenruhe. Darüber, wie viel die USA zu der Einigung beigetragen haben, herrscht jedoch Uneinigkeit: Pakistans Regierung dankte Trump für seine Hilfe und schlug ihn für einen Friedensnobelpreis vor, Indien erklärte dagegen, dass die Einigung ohne die USA zustande kam.
Seit langem anhaltende Feindseligkeiten zwischen Israel und Iran eskalierten im Juni 2025 zum sogenannten Zwölftagekrieg. Am 24. Juni einigten sich die beiden Länder nach Vermittlung der USA auf eine Waffenruhe – dem israelischen Militär zufolge setzt der Iran sein Atomprogramm jedoch fort und die Waffenruhe ist nach Einschätzung des Instituts der Europäischen Union für Sicherheitsstudien fragil.
Zwischen Ägypten und Äthiopien gibt es seit langem einen Konflikt über einen Nil-Staudamm, jedoch keinen Krieg und der Konflikt besteht bisher weiter.
Im August 2025 unterzeichneten Armenien und Aserbaidschan nach jahrzehntelangem Konflikt Friedensvereinbarungen im Beisein von Trump. Laut Fachleuten wie Marcel Röthig von der Friedrich-Ebert-Stiftung und Jakob Wöllenstein von der Konrad-Adenauer-Stiftung, steckt dahinter allerdings vor allem eine Absichtserklärung. Diese sieht unter anderem vor, den USA das Entwicklungsrecht für den Bau einer Transitroute durch Südarmenien einzuräumen. Der eigentliche Friedensvertrag, auf den sich die Staatschefs bereits im März 2025 einigten und den sie im Beisein von Trump paraphierten, ist bislang nicht unterzeichnet.
Seit dem 10. Oktober 2025 gibt es eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas. Basis ist ein 20-Punkte-Plan, den Trump Ende September veröffentlicht hat, der aber in einigen Punkten noch gar nicht vollständig definiert ist. Trotz er Waffenruhe kommt es weiter zu tödlicher Gewalt.
Einige der von Trump genannten Konflikte sind also nicht vollständig beendet, erzielte Abkommen sind teils fragil. Andere Fälle sind keine Kriege und teils ist die Beteiligung der USA am Friedensprozess nicht eindeutig messbar.
Deutschland war vor Merkel’s Flüchtlingspolitik nicht kriminalitätsfrei
Deutschland sei vor Angela Merkels Einwanderungs- und Energiepolitik „kriminalitätsfrei“ gewesen.
Bewertung: Falsch
Mit Verweis auf Kriminalität in Deutschland versuchte Trump – nicht zum ersten Mal – einen Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik von Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel zu konstruieren. Zuvor sei Deutschland kriminalitätsfrei gewesen, behauptete er. Doch das stimmt nicht.
Schaut man in der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts, wie sich die Kriminalität in Deutschland seit den Fluchtbewegungen 2015, auf die Trump wohl anspielt, entwickelt hat, zeigt sich: 2021 lag die Zahl der polizeilich erfassten Straftaten in Deutschland so niedrig wie seit 1991 nicht mehr. Seit Mitte der 90er- Jahre liegt diese Zahl zudem konstant zwischen 5 und 6,7 Millionen pro Jahr. „Kriminalitätsfrei“ war Deutschland also nie, daran haben auch die Amtszeiten von Merkel oder ihre Flüchtlingspolitik nichts geändert.

Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt ein detaillierteres Bild: Zwischen 2014, also dem Jahr, bevor 2015 besonders viele Menschen nach Deutschland flohen und 2024 sind die erfassten Straftaten je 100.000 Einwohner im Schnitt von 7.530 auf 6.995 gesunken. In 13 der 16 Bundesländer lag die Zahl 2024 niedriger als 2014, wie dem Gemeinsamen Statistikportal des Bundes und der Länder zu entnehmen ist.
Wie sich einzelne Kriminalitätsbereiche im Kontext mit Zuwanderung entwickelt haben und welche Falschbehauptungen dazu noch kursieren, haben wir hier detailliert recherchiert.
Redigatur: Kimberly Nicolaus, Gabriele Scherndl
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Author: Max Bernhard